Statistiker sind ja unverbesserliche Optimisten. Am Freitag wurde der neue Quartalsbericht für die Stadt Leipzig veröffentlicht, der erste für das Jahr 2020. Und darin diskutiert das Amt für Statistik und Wahlen auch die Bevölkerungsentwicklung für das erste Halbjahr. Und die Statistiker sehen hier einen massiven Einfluss durch die Corona-Ausnahmesituation.

„Was sagen uns aktuelle Einwohnerzahlen?“, fragt Andrea Schulz in ihrem kleinen Beitrag zu diesen durchaus besonderen sechs Monaten, in denen Leipzig erstmals seit 20 Jahren sogar einen leichten Rückgang in der Bevölkerungszahl verzeichnete.

„Leipzig nahm in den letzten Jahren eine sehr dynamische demografische Entwicklung“, betont sie. „Zuletzt stieg die Einwohnerzahl jedoch weniger stark. Aktuelle Daten des Melderegisters zeigen, dass die Stadt in den ersten sechs Monaten des aktuellen Jahres keine Einwohnergewinne verbucht hat, sondern sogar um 585 Personen geschrumpft ist. Zum Vergleich: 2019 wuchs die Stadt in den ersten sechs Monaten noch um + 976 Personen (2018: + 1.349). Aber ist dieser Rückgang wirklich Ausdruck einer stagnierenden Bevölkerungsentwicklung?“

Natürlich ist die Sache komplexer, wie schon die Grafik zu den Geburten und Sterbefällen zeigt. Ohne stetige Zuwanderung hätte Leipzig bis 2013 immer weiter an Bevölkerung verloren – und das trotz seit 1995 stetig steigender Geburtenzahl. Aber erst 2014 übertraf die Zahl der Lebendgeburten die Zahl der Sterbefälle, trug also der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ebenfalls zum Bevölkerungswachstum bei.

Aber Andrea Schultz verweist auf den wichtigsten Motor des Leipziger Bevölkerungswachstums, der im Corona-Shutdown fast völlig ausfiel: „Die aktuellen Meldedaten spiegeln eben keine demografischen Entwicklungen wider, sondern sind vor allem eine Folge des Lockdowns aufgrund der COVID-19-Pandemie. Während von Januar bis März noch jeweils mehr als 2.000 Zuzüge registriert wurden, brachen die Neuanmeldungen im April auf 1.405 ein, im Mai waren es 1.490, im Juni wieder 1.725.

Bei den Wegzügen, die von den Behörden der aufnehmenden Gemeinde gemeldet werden, waren bereits im März ungewöhnlich niedrige Zahlen zu verzeichnen. Während im Januar und Februar über 2.000 Personen aus Leipzig fortzogen, fanden im März 1.664 Abmeldungen und im April 1.066 Abmeldungen statt. Im Mai gingen dann wieder etwas mehr Wegzugsmeldungen ein und im Juni wurde schließlich wieder ein Niveau von über 2.000 erreicht. Daher warten wir mit Spannung auf die nächsten Monats- und Quartalszahlen, um mögliche Nachregistrierungen zu erkennen.“

In den ersten drei Monaten (Januar bis März) hatte Leipzig also genauso wie im Vorjahr ein Wanderungsplus von 871. Das Minus von über 1.300 entstand also erst in den Monaten April bis Juni.

Man darf aber auch nicht ausblenden, dass parallel die beiden angrenzenden Landkreise in den ersten sechs Monaten Bevölkerungszuwächse verzeichneten: Der Landkreis Nordsachsen gewann insgesamt 105 Einwohner/-innen hinzu, der Landkreis Leipzig sogar 186. Das heißt: Der Zuzug nach Leipzig verläuft dennoch gebremst, während augenscheinlich viele Menschen, die in Leipzig Arbeit finden, verstärkt nach bezahlbarem Wohnraum im Leipziger Umland suchen.

Was logischerweise die Berechnungen zum künftigen Bevölkerungswachstum schwieriger macht. Das wird im neuen Quartalsbericht von Andrea Schultz noch ausführlicher diskutiert.

Dazu kommen wir noch in Kürze an dieser Stelle.

Corona-Effekt: Leipzig verlor im zweiten Quartal über 600 Einwohner/-innen + Update

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