Am 11. Mai veröffentlichte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) die Ergebnisse einer Umfrage, die deutlich zeigte, dass die meisten Bundesbürger auch in der Coronakrise nicht vergessen haben, dass eine viel gravierendere Krise überhaupt nicht aufgehört hat, auch wenn mal kurz die Straßen leer waren, die Smogwolken verschwanden und das Vogelzwitschern wieder zu hören war. Die Klimakrise hat den Planeten noch genauso fest im Griff.
Und viele Bundesbürger teilen innerlich die Ansicht des Kabarettisten Georg Schramm: In Sachen Klima ist es nicht Fünf vor Zwölf. Das haben wir uns seit 30 Jahren eingeredet. Es ist Fünf nach Zwölf. Und die Kinder und Enkel werden mit voller Wucht erleben, was das heißt, wenn das Klima völlig aus den Fugen gerät und eine Wetterkatastrophe der nächsten folgt.
Die Mehrheit der Deutschen jedenfalls ist sich sicher, dass die langfristigen Auswirkungen der Klimakrise gravierender sind als die der Coronakrise. Das ist eines der Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der forsa Politik- und Sozialforschung (Berlin).
Bürger halten Klimakrise langfristig für gravierender als Coronakrise
Fast drei Fünftel aller Bundesbürger sind sich sicher, dass die langfristigen Auswirkungen der Klimakrise gravierender sind als die der Coronakrise. Sie wünschen sich, dass wissenschaftliche Erkenntnisse stärker für politische Entscheidungen herangezogen werden. Sie schätzen einen Staat wert, der mit Krisen fertig wird und haben im Licht von COVID-19 nicht nur gelernt, wie ihnen Freunde, Familie und Mobilität gefehlt haben, sondern auch, was ihnen Natur und regionale Produkte bedeuten.
Das sind einige Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der forsa Politik- und Sozialforschung (Berlin) unter 1.029 Bundesbürgern ab 14 Jahren. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hatte den DBU-Umweltmonitor Corona-Folgen in Auftrag gegeben, um mit Blick auf ihre Förderarbeit mehr über die Sichtweisen und Bewertungen der Bundesbürger zu den Folgen der Coronakrise für die Umwelt zu erfahren.
93 Prozent für stärkeren Einfluss der Wissenschaft auf Politik
59 Prozent der Bürger glauben, dass die Klimakrise langfristig gesehen größere Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben wird als die Coronakrise. 23 Prozent schätzen die langfristigen Folgen beider Krisen gleich hoch ein. 17 Prozent meinen, die Auswirkungen der Coronakrise würden langfristig größer sein.
DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: „Die Menschen haben ein gutes Gespür dafür, dass konsequentes Engagement für den Klimaschutz keinen Aufschub duldet. Die Dimension des Problems sehen sie auch angesichts aktueller Krisen als gewaltig an. Zugleich ist das auch ein dringender Appell, Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften zusammenzudenken.“ Wenn zukünftig etwa zu Fragen des Klimaschutzes – ähnlich wie bei der Coronakrise – in den politischen Entscheidungsprozess die Meinungen und Analysen der Wissenschaft stärker einbezogen würden als bisher, fänden das 93 Prozent gut oder sogar sehr gut.
Investitionsprogramme sollen regionalen Mittelstand und Gesundheitssystem stärken
Was erwarten die Bundesbürger von den staatlichen Investitionsprogrammen im Zusammenhang mit der Coronakrise? 94 Prozent halten es für wichtig und sehr wichtig, die regionale Wirtschaft und den Mittelstand (92 Prozent) zu stärken. Aber mindestens gleich wichtig ist es ihnen, das Gesundheitssystem gestärkt zu sehen (94 Prozent), aber – mit Abstufungen – auch die soziale Gerechtigkeit (89 Prozent), den Umwelt- und Klimaschutz (86 Prozent) und das Artensterben (82 Prozent) nicht aus den Augen zu verlieren. Dass mit Hilfe der geplanten großen staatlichen Investitionsprogramme Innovationen gefördert werden, ist für 83 Prozent sehr wichtig und wichtig. Die unter 30-Jährigen halten es seltener als Ältere für sehr wichtig, dass bei den Investitionsprogrammen die regionale Wirtschaft gestärkt und die soziale Gerechtigkeit gefördert werden.
Produkte regionaler Firmen und Aufenthalt im Grünen hoch im Kurs
Und welche Lehren hat Deutschland aus der Corona-Pandemie gezogen? Sieben von zehn Bürgern haben vor allem persönliche Treffen mit Freunden und Familie gefehlt, 59 Prozent vermissten ihre uneingeschränkte Mobilität. Aber 49 Prozent lernten auch Informationen von unabhängigen Wissenschaftlern zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen schätzen. Für 46 Prozent mehr als „vor Corona“ stehen jetzt Bewegung und Sport im Freien höher im Kurs als vorher, für je 44 Prozent Produkte regionaler Firmen zu kaufen oder Grünanlagen, Parks und Kleingärten nutzen zu können.
Homeoffice etabliert – Geschäftsreisen bald Auslaufmodell?
Doch nicht nur die Lebens-, auch die Arbeitsbedingungen werden sich nach dem DBU-Umweltmonitor Corona-Folgen ändern. So meinen fast drei Viertel der Bürger (73 Prozent), dass das in der Krise verstärkt genutzte Homeoffice, das Arbeiten von zu Hause aus, zukünftig einen festen Platz in der Arbeitswelt haben sollte.
Die unter 30-Jährigen, die die Digitalisierung eher als Chance sehen, meinen das noch eher als die digitalisierungskritischeren Älteren. Geschäftsreisen sind nach den forsa-DBU-Zahlen sogar bald komplett ein Auslaufmodell. Besprechungen und Konferenzen sollten nach Auffassung von 86 Prozent auch nach der Coronakrise verstärkt per Video oder Telefon fest in die Arbeitswelt integriert werden.
Ausbau Erneuerbarer Energien verstärkt vorantreiben
Die Energie, die wir für unser privates und berufliches Leben benötigen, sollte dabei verstärkt aus erneuerbaren Quellen stammen, auch um weniger Öl und Gas aus anderen Ländern einführen zu müssen und so in jeder Situation auch unabhängig zu bleiben. Jedenfalls fände es eine große Mehrheit von 78 Prozent wichtig, wenn in Deutschland der Ausbau der Erneuerbaren Energien jetzt verstärkt vorangetrieben würde.
Den DBU-Umweltmonitor Corona-Folgen findet man hier.
Bildung und Aufklärung über die Klimakrise muss Staatsaufgabe sein, auch in Sachsen, Herr Kretschmer!
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