Wir leben zumindest in einer seltsamen Republik, in der, wenn es um Konzerninteressen geht, die Milliarden gleich mit der Schaufel ausgeteilt werden, wenn es aber um eine menschliche Lösung für die Einkommen der Menschen geht, die mit miesen Löhnen die ganzen Maloche-Arbeiten machen, dann fängt bei den diversen Lobbygruppen der Reichen das Geschrei an: Dafür ist gar nicht genug Geld da! – Also werden lauter Artikel ins Gesetz eingebaut, die dafür sorgen, dass auch die geplante Grundrente möglichst wenigen dieser Malocher zugute kommt.
Das Ergebnis ist jetzt ein zweiter Gesetzesentwurf für die Grundrente, der wieder mit so vielen bürokratischen Bedingungen gespickt ist, dass er in der Realität nicht funktionieren wird.
Nach der Anhörung im Bundesarbeitsministerium kann der Bundesverband der Rentenberater e. V. nur konstatieren: „In der vorliegenden Fassung wird die Grundrente ihrem Anspruch, wichtiges Instrument zur Sicherung des auskömmlichen Lebens im Alter zu sein, nicht ausreichend gerecht.“ Der Entwurf steckt voller handwerklicher Fehler und Änderungen seien „wegen der Kürze der Zeit“ bis zur Abstimmung im Parlament nicht mehr vorgesehen.
Das, was die SPD mit ihrer „Respektrente“ eigentlich erreichen wollte – mindestens 1,5 Millionen deutsche Rentnerinnen und Rentner aus der entwürdigenden Grundsicherung zu holen – wird so nicht gelingen.
Während die Ergebnisse dessen, was die diversen „Arbeitsmarktreformen“ der vergangenen 30 Jahre angerichtet haben, immer sichtbarer werden. Denn mit jedem Jahrgang gehen immer mehr Billiglöhner in den Ruhestand, die ihr Leben lang gearbeitet haben, am Ende aber trotzdem einen Rentenbescheid bekommen, der ihnen nur noch den Weg in die Grundsicherung lässt. Oder sie dazu zwingt, wenn sie diesen Bettelgang nicht antreten wollen, weiter zu arbeiten. Und die sächsische Statistik dazu ist eindeutig.
Regelmäßig fragt die Linksfraktion im Landtag dazu die aktuellen Zahlen ab.
Ende 2018 waren in Sachsen 13.773 Rentnerinnen und Rentner sozialversicherungspflichtig beschäftigt, über 51.725 geringfügig. So ergab es die jüngste Landtagsanfrage (Drucksache 7/795) der sozialpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Susanne Schaper.
„Seit 2008 hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Rentnerinnen und Rentner mehr als verdreifacht, die der geringfügig beschäftigten hat sich fast verdoppelt. Ein Teil arbeitet sicher freiwillig oder aus Pflichtbewusstsein, um den Arbeitgeber nicht im Stich zu lassen“, stellt Susanne Schaper fest.
„Ein erheblicher Teil aber schuftet, weil die Rente nicht reicht – etwa wegen horrender Beiträge zur Privaten Krankenversicherung. Erhielten Bestandsrentnerinnen und Rentner in Sachsen 2018 im Durchschnitt noch 1.075,80 Euro, erhielten neue Rentnerinnen und Rentner nur noch 1.012,38 Euro.“
So aktuell nachlesbar im Statistikband „Rente 2018“. Auch hier macht sich die jahrelange Niedriglohnpolitik gerade im Sachsen bemerkbar. Denn wer stets für Niedriglohn gearbeitet hat, konnte auch keine Rentenpunkte sammeln. Dazu kommen nun auch noch Erwerbsminderungen, Mutterschutzzeiten und Zeiten der Arbeitslosigkeit, für die die Betroffenen ja ebenfalls dadurch bestraft werden, dass ihnen Rentenpunkte fehlen.
Das Solidarprinzip funktioniert schon lange nicht mehr.
„Niemand sollte im Rentenalter arbeiten müssen!“, findet Susanne Schaper. „Deshalb wollen wir die gesetzliche Rentenversicherung stärken. Auch die Staatsregierung sollte in Berlin für ein höheres Rentenniveau streiten und dafür, dass die gesetzliche Rentenversicherungspflicht auf Beamte, Selbständige und Freiberufler wie Politikerinnen und Politiker ausgedehnt wird. Die Beitragsbemessungsgrenzen müssen weg, damit Großverdiener pflichtgemäß zur Solidargemeinschaft beitragen.“
Immer mehr verschuldete Rentnerinnen und Rentner suchen Hilfe in der sächsischen Schuldnerberatung
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