Er liefert die Statistiken, die die Bundesagentur für Arbeit nicht ausspuckt, obwohl sie alle Daten dazu hat: Paul M. Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ). Meist schnappt er sich die Datenbanken der BA, wenn wieder mal medial eine Debatte völlig entgleist und platte Kommentare nur lauter Vorurteile schüren, egal, ob gegen Arbeitslose oder Ausländer. Oder Flüchtlinge wie in diesem Fall. Denn die Großsprecher der diversen Lobbyverbände behaupten ja nur zu gern, die Geflüchteten aus den Bürgerkriegsländern ließen sich nur schwer in Arbeit bringen.
Diesmal hat er sich richtig viel Arbeit gemacht und nicht nur die Zahlen für die ganze Bundesrepublik übersichtlich zusammengestellt, er hat auch Statistiken zu jedem Bundesland einzeln erstellt.
Was die gesamte Republik betrifft, fasst er das Ergebnis so zusammen: „In der Bundesrepublik Deutschland (Arbeitsort) waren Ende Juni 2019 von den insgesamt 33,407 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 4,1 Prozent (1,353 Millionen) Auszubildende. Von den 324.030 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den acht nichteuropäischen ,Asylherkunftsländern‘ Ende Juni 2019 waren 12,5 Prozent (40.383) Auszubildende.“
Die entsprechenden Herkunftsländer sind Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.
„Ende Juni 2019 hatten von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt (einschließlich Auszubildende) 0,97 Prozent die Staatsangehörigkeit eines der acht nichteuropäischen Asylherkunftsländer (und keine deutsche Staatsangehörigkeit)“, stellt Schröder fest. Von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne Auszubildende waren es 0,88 Prozent und von den sozialversicherungspflichtigen Auszubildenden 2,98 Prozent.
Wobei auch die Entwicklung interessant ist, denn hier zeigen die Zahlen, dass die deutsche Wirtschaft tatsächlich in der Lage ist, Menschen aus diesen Ländern in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen.
Seit Januar 2014 erhöhte sich die Zahl der Menschen aus den genannten Ländern in sozialversicherungspflichtiger Arbeit von 63.150 auf 89.067 im Januar 2016. Da waren zwar schon nennenswerte Flüchtlingszahlen registriert worden aus diesen Ländern. Aber die Betroffenen waren noch nicht wirklich im deutschen Arbeitsmarkt angekommen. Das passierte erst in den Folgejahren, sodass die Zahl im Januar 2017 auf 131.050 stieg, ein Jahr später waren es schon 210.680 und im Januar 2019 dann 297.581. Bis Juni 2019 stieg die Zahl weiter auf 324.030, wovon über 40.000 Azubis waren.
Und da lohnt natürlich auch der Blick nach Sachsen, wo ja zur Landtagswahl 2019 eine Partei 27 Prozent der Stimmen abfasste, die mit diesen geflüchteten Menschen aus Ländern, in denen zu Teil der Bürgerkrieg tobt, so überhaupt nichts anfangen kann und will, sogar regelmäßig Stimmung macht, obwohl auch hunderte sächsischer Unternehmen froh sind, dass sie so überhaupt noch zu Arbeitskräften kommen.
Auch Sachsen ist ein Land, das dringend auf Zuwanderung angewiesen ist. Und nicht nur die Zuwanderung von Hochqualifizierten.
Im Januar 2014 spielten Menschen aus den acht Ländern auf dem sächsischen Arbeitsmarkt so gut wie noch keine Rolle. Obwohl die Fluchtbewegungen längst im Gang war. Nur wollten das viele konservative Provinzbewohner auch damals nicht wahr haben und agierten auch damals schon nach dem unsinnigen Motto, die Ausländer mögen draußen bleiben. Vielleicht in der Türkei oder in Griechenland. In Lagern, wo die Bedingungen bis heute miserabel sind und an eine Heimkehr in die kriegszerstörte Heimat gar nicht zu denken ist.
Nach dem medial völlig überdrehten Jahr 2015 lag die Zahl der sv-pflichtig Beschäftigten aus den acht Ländern in Sachsen dann schon bei 1.785 (Januar 2016) und stieg in den Folgejahren deutlich an – auf 2.713 im Januar 2017 und 4.934 im Januar 2018. Im Januar 2019 wurde dann deutlich, dass viele ihre Sprach- und Qualifikationskurse absolviert hatten, jetzt waren schon 7.541 Menschen aus den acht Ländern sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Im Juni 2019 wurde dann die Zahl 8.595 erreicht, darunter fast genau 1.000 Auszubildende. Was eben auch heißt, dass viele Betriebe ihre Aufgabe tatsächlich ernst nehmen und die jungen Leute selbst ausbilden.
Und sozialversicherungspflichtig heißt nun einmal, dass diese Beschäftigten auch Krankenkassen- und Rentenbeiträge zahlen und – bei entsprechender Lohnhöhe – auch die entsprechenden Einkommenssteuern.
Und das sind nur die Menschen aus den Ländern, in die eine Rückkehr ohne Lebensgefahr kaum möglich ist, obwohl Sachsens Innenminister nur zu gern dorthin abschieben würde, wenn er kann.
Die Zahlen sind durchaus bedeutsam, denn damit wird zumindest ein kleiner Teil der sächsischen Personalprobleme aufgefangen.
Insgesamt machen freilich die Beschäftigten aus diesen acht Länder nur einen kleinen Teil der in Sachsen sv-pflichtig Beschäftigten aus: 0,53 % von insgesamt 1.617.162. Aber dabei muss man auch berücksichtigen, dass weitere rund 500.000 Sachsen einer Beschäftigung nachgehen, die nicht-sv-pflichtig ist. Dazu zählen zum Beispiel die marginal Beschäftigten und die Selbstständigen. Doch welchen Anteil die Menschen aus den acht Ländern dort haben, verrät die Statistik der Bundesagentur nicht.
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