Am 3. Januar freute sich mal wieder der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, Steffen Leonhard. Da konnte er die jüngsten Arbeitslosenzahlen für Dezember verkünden: „Der Dezember 2019 war für den Leipziger Arbeitsmarkt erneut ein guter Monat. So war in der Stadt im November und Dezember mit 5,9 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1991 zu verzeichnen. Der leichte Anstieg der Arbeitslosigkeit im Dezember um 230 Personen ist saisonbedingt und war zu gering, um die Arbeitslosenquote zu erhöhen.“ Man merkt schon: Die Floskeln sitzen.
Aber beschreiben sie wirklich das, was auf dem Leipziger Arbeitsmarkt passiert? Tatsächlich wächst die Beschäftigung im Raum Leipzig weiter. Die Leipziger Zahlen allein zeigen nicht den ganzen Prozess.
Steffen Leonhardi: „Im zurückliegenden Jahr erlebten wir auch einen neuen Höchststand der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Der Prognose des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zufolge setzt sich dieser Trend sinkender Arbeitslosigkeit und wachsender Beschäftigung auch im Jahr 2020 fort. Es bleibt für alle Akteure am Leipziger Arbeitsmarkt noch einiges zu tun, aber die Richtung stimmt und die Entwicklung verstetigt sich.“
Die jüngsten Beschägftigtenzahlen liegen jetzt für den Juni 2019 vor.
Im Juni 2019, dem letzten statistischen Stichtag, der nun aktuell veröffentlicht wurde, lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Arbeitsort in Leipzig bei 272.873 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Gegenüber dem Vorjahresquartal war das eine Zunahme um 3.864 Beschäftigte oder 1,4 Prozentpunkte. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze war in Leipzig seit den 1990er Jahren noch niemals so hoch.
„Im Jahr 2004 lag die Beschäftigtenzahl in Leipzig noch bei 191.170. Damit stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten innerhalb von 15 Jahren um fast 82.000. Das ist eine überaus erfreuliche Entwicklung“, erklärte Steffen Leonhardi. „Und auch die Prognose für das Jahr 2020 ist sehr positiv. In Leipzig erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in den nächsten zwölf Monaten einen weiteren Zuwachs an Arbeitsplätzen.“
Warum ist dann aber die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen von Dezember 2018 zu Dezember 2019 nur so wenig gefallen, dass es fast wie eine Stagnation aussieht?
Immerhin meldete die Arbeitsagentur ja: Im Dezember nahm die Zahl der arbeitslosen Menschen in Leipzig saisonbedingt zu. Nachdem in den letzten Monaten die Arbeitslosigkeit immer weiter zurückging, ist diese im Dezember leicht um 230 Personen gestiegen. Insgesamt waren im Dezember 2019 18.637 (Vormonat 18.867) Männer und Frauen arbeitslos gemeldet. Gegenüber Dezember 2018 ging die Arbeitslosigkeit um 185 Personen oder 1,0 Prozentpunkte zurück.
Das sind sehr kleine Zahlen – verglichen mit 2016 und 2017. Da ging die Zahl der offiziell gezählten Arbeitslosen übers Jahr um rund 2.000 zurück.
Dafür gibt es zwei Gründe. Der eine ist die Wohnungspolitik in Leipzig, der andere die Integration der Flüchtlinge.
Denn auch 2019 wechselten viele Asylberechtigte, deren Aufenthaltsstatus geklärt ist, aus dem Versorgungsbereich der Asylgesetzgebung und wurden nunmehr im Jobcenter im Bereich ALG II registriert. Aber nicht nur dort sind sie zu finden, denn viele von ihnen haben in der Zwischenzeit auch sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen bekommen, landen aber ebenso wie viele einheimische Arbeiter auch in befristeten oder auf die Saison beschränkten Arbeitsverhältnissen.
Mit dem Ergebnis, dass sie sowohl im SGB II als auch im SGB III auftauchen.
Das war auch 2019 keine unerhebliche Zahl: Die Zahl der als arbeitslos gezählten Ausländer stieg 2019 um 417 auf 4.060, davon 3.116 im SGB II und 944 im SGB III. Leipzig hat also durchaus auch schon viele Flüchtlinge in Arbeit gebracht. Aber sie landen eben ziemlich oft in jenen prekären Arbeitsbereichen, aus denen die bislang Betroffenen so langsam verschwinden.
Und noch ein Faktor macht sich bemerkbar. Aber den sieht man nur, wenn man auch die Entwicklungen in den Landkreisen betrachtet. Denn viele junge Arbeitsuchende finden in Leipzig zwar einen Arbeitsplatz – aber keine bezahlbare Wohnung. Sie weichen mit ihrem Wohnort also in die angrenzenden Landkreise aus, was 2019 dazu führte, dass die offiziellen Arbeislosenzahlen in Nordsachsen und dem Landkreis Leipzig deutlich stärker sanken als in Leipzig selbst.
Während die Zahl der Leipziger Arbeitslosen übers Jahr nur um 187 fiel, betrug die Zahl in Nordsachsen 824 und im Landkreis Leipzig 408. Und das bei dort recht stabilen Einwohnerzahlen, womit sich die beiden Landkreise auch deutlich unterscheiden von Landkreisen im Erzgebirge oder in der Lausitz, wo zwar die Arbeitslosenzahlen ähnlich stark fielen, die Bevölkerungszahlen aber ebenso.
Die Wanderungsbewegung in Sachsen geht also weiter, der Beschäftigungsaufbau in den Großstädten ebenso. Und zumindest im Gebiet um die Großstädte profitieren davon auch die Landkreiskommunen.
18.000 Erwerbslose in Leipzig
Natürlich sind über 18.000 Erwerbslose für eine Stadt wie Leipzig nach wie vor zu hoch. Und es betrifft eben meist Menschen, denen die nötigen Qualifikationen für die angebotenen Tätigkeiten fehlen.
Weshalb Leonhardi betont: „Um die Arbeitslosigkeit weiter zu reduzieren, bleibt ein wichtiges Anliegen der Agentur für Arbeit wie auch des Jobcenters Leipzig die Investition in die berufliche Qualifizierung von arbeitslosen Menschen. Gleichzeitig wollen wir auch Beschäftigte dabei unterstützen, eine höhere Qualifikation zu erlangen. Mit dem dafür vorhandenen Förderprogramm wollen wir einen Beitrag zur Fachkräftesicherung für beschäftigte Menschen wie für Unternehmen in der Region leisten.“
Denn nach wie vor sind über 8.000 Stellen unbesetzt. Einige Unternehmen und Behörden suchen händeringend nach Fachkräften.
„Unsere täglichen Kontakte zu den Unternehmen zeigen uns weiterhin einen hohen Bedarf an Arbeits- und insbesondere Fachkräften an. Die Unternehmen, aber auch der öffentliche Sektor in unserer wachsenden Stadt, blicken optimistisch in die Zukunft und wir wollen das Wachstum mit ganzer Kraft unterstützen. Gerade auch für langzeitarbeitslose Menschen bieten sich unter diesen Bedingungen gute Perspektiven. Wir fördern die Beschäftigungsaufnahme und beraten dazu gerne“, sagt Steffen Leonhardi.
Zahlen zum Leipziger Arbeitsmarkt im Überblick
Bei den unter 25-Jährigen nahm die Arbeitslosigkeit um 34 zu. In der Altersgruppe der 50-Jährigen und Älteren betrug der Anstieg zum Vormonat 144 Personen.
So zählte die Statistik im Dezember 1.612 Jugendliche unter 25 Jahren, das waren 83 Personen weniger als im Dezember 2018. Die Zahl der älteren Arbeitslosen ab 50 Jahren lag im Dezember bei 5.386 Personen. Das waren 17 mehr als vor einem Jahr.
Beim Zugang an offenen Arbeitsstellen verzeichnete der gemeinsame Arbeitsgeberservice von Arbeitsagentur und Jobcenter Leipzig im Dezember einen Rückgang gegenüber dem Vormonat. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 1.596 freie Stellen zur Besetzung angeboten. Das waren 164 Stellen weniger als im davorliegenden Monat November, aber 35 Stellen mehr als vor einem Jahr.
Im Dezember waren 6.266 Menschen in der Arbeitsagentur Leipzig arbeitslos gemeldet. Das waren 129 Personen mehr als im Vormonat. Beim Jobcenter Leipzig waren 12.371 Menschen arbeitslos registriert. Das waren 101 Personen mehr als im November.
In Leipzig gab es im Dezember 31.811 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 170 Bedarfsgemeinschaften weniger als im Vormonat und 2.640 weniger als im Dezember 2018.
Aktuell betreut das Jobcenter Leipzig 40.320 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat blieb deren Zahl mit 5 nahezu unverändert, aber im Vergleich zum Vorjahr war ein deutlicher Rückgang um 3.158 Personen zu verzeichnen. Das waren 7,3 Prozentpunkte innerhalb eines Jahres.
Beschäftigungsaufbau in Leipzig geht weiter, Arbeitslosenzahl sinkt langsamer
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