Einmal im Jahr fragt Susanne Schaper als sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion bei der Landesregierung nach, wie viel Geld die sächsischen Landkreise und Kreisfreien Städte eigentlich für Sozialausgaben hinblättern müssen. Denn je mehr Geld die Kommunen für soziale Zwecke binden müssen, umso weniger steht für alle anderen Ausgaben, etwa für Investitionen und Personal, zur Verfügung.
Und natürlich erzählen die Sozialausgaben in Teilen auch von der hohen (oder niedrigen) sozialen Bedürftigkeit in der Stadt. Und gerade in den Vorjahren seit 2005 war aus der Statistik deutlich ablesbar, wie sich die Einkommensprobleme der Sachsen in der Ausgabenstatistik der Kreise spiegeln. Es ist eigentlich bis heute so. Noch immer gibt es Landkreise wie Görlitz, Meißen oder den Landkreis Leipzig, wo mehr als die Hälfte der jährlichen Ausgaben für soziale Belange anfallen.
Dieser Anteil sinkt übrigens. Aus zwei Gründen: Einerseits haben die Landkreise durch die relativ stabile Konjunktur der letzten Jahre auch gestiegene Einnahmen, also auch mehr Geld zur Verfügung, zum anderen entlastet die sinkende Arbeitslosigkeit die Etats. Was nur auf den ersten Blick beruhigt.
2017 zum Beispiel gehörte auch der Erzgebirgskreis noch zu den Landkreisen, die mehr als 50 Prozent ihres Haushalts für soziale Belange ausgeben mussten: 210 Millionen Euro waren das, immerhin 51,75 Prozent vom Gesamthaushalt. Dieser Wert sank 2018 auf 194 Millionen Euro, was 48,78 Prozent entsprach.
Natürlich sank auch die Arbeitslosigkeit weiter, gleichzeitig ging aber auch die Bevölkerungszahl zurück. Und zwar nicht nur, weil mehr Menschen starben als geboren wurden, sondern weil auch weiterhin junge Leute abwanderten – vor allem in die Großstädte. Auch nach Leipzig, wo Pkw mit dem Kennzeichen ERZ zum Straßenbild gehören. Das heißt: Leipzig mit seinem wachsenden Arbeitsplatzangebot entlastet auch die Landkreise, die aber mit ihrem hinschwindenden jungen Nachwuchs in ein gewaltiges Problem hineinrauschen, das nicht nur mit dem Wort „Fachkräftemangel“ beschrieben werden kann.
Und das betrifft nicht nur den Erzgebirgskreis. In praktisch allen Landkreisen sanken 2018 die Sozialausgaben spürbar. Im Landkreis Leipzig zum Beispiel von 201 auf 191 Millionen Euro, in Nordsachsen von 101 auf knapp 100 Millionen Euro.
Dafür stiegen in den Großstädten Leipzig und Chemnitz die Summen weiter an, die diese beiden Städte fürs Soziale aufbringen mussten. In Chemnitz von 147 Millionen auf 151 Millionen und in Leipzig von 403 auf 418 Millionen.,
Nur in Dresden ging der Betrag weiter zurück von 280 auf 275 Millionen.
In den Etats der drei Großstädte nimmt der Sozialetat freilich nicht den breiten Raum ein, den er in den Haushalten der Landkreise einnimmt, wo 2018 zwischen 33 und 51 Prozent der Kreishaushalte fürs Soziale gebunden waren. In Dresden sank der Anteil sogar von 20 auf 19 Prozent, in Chemnitz von knapp über 23 auf knapp unter 23 Prozent.
Leipzig hat unter den Großstädten nach wie vor die höchste Belastung, auch wenn sie 2018 ebenfalls leicht sank von 26,9 auf 26,6 Prozent. Man kann es aktuell als nach wie vor vergleichsweise hohe Belastung mit arbeitslosen oder in Bedarfsgemeinschaften lebenden Menschen erklären. Aber das ist nun einmal kein neuer Befund, sondern nach der radikalen Deindustrialisierung Leipzigs in den 1990er Jahren ein Dauerbefund.
Und eben auch ein Zeichen dafür, dass sich Bedürftigkeit vererbt von den Eltern auf die Kinder, wenn nicht wirklich aktiv gegengesteuert wird mit Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für die Eltern, die oft jahrelang in prekären Verhältnissen leben. So richtig hat das auch mit dem viel gepriesenen „Hartz IV“-System eben nicht geklappt, dem wohl bürokratischsten Menschenverwaltungsmoloch, den je eine Bundesregierung ersonnen hat. Und mit einer organisierten Chancengleichheit für die Kinder aus diesen Familien zum Beispiel im Bildungsbereich hapert es ebenso.
Was wieder dafür sorgen wird, dass sich „bildungsferne“ und prekäre Lebensschicksale vererben.
Da wären eigentlich so langsam ein paar Ideen angebracht, wie dieser Teufelskreis durchbrochen werden kann. Die kleinen Sonderprogrämmchen der Jobcenter sind dafür eindeutig zu wenig.
Sozialausgaben fressen die Investitionsspielräume der sächsischen Großstädte auf
Sozialausgaben fressen die Investitionsspielräume der sächsischen Großstädte auf
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