Die Veröffentlichung des Quartalsberichts Nr. 3/2018 nutzte Andreas Martin auch zu einem eher seltenen Beitrag in Leipziger Quartalsberichten: Er beschäftigte sich mit dem „Supersommer 2018 in Leipzig“, ein Sommer, der so war, wie früher eher selten einer war. Er übertraf auch noch den bisherigen „Rekordsommer“ 2003. Und das gleich mehrfach.
Und damit gab er tatsächlich einen Vorgeschmack dessen, was auf dieses Fleckchen in Mitteleuropa zukommt, wenn die Erderwärmung weiter zunimmt. Denn dann ändern sich auch Großwetterlagen, kommt es – wie 2018 – zu einem über Monate stabilen Hochdruckgebiet, das wie eine Sperre wirkte gegen die regenreichen Wolken vom Atlantik.
Auf den ersten Blick etwas Wunderbares: Ein Sommer von April bis September, genauso wie in dem Gassenhauer von Rudi Carrell von 1974. Was schon damals ein Unikum war, denn gerade steckte ganz Europa in der Ölkrise, weil die ölexportierenden Staaten die Erdölpreise drastisch erhöht hatten.
Es gab die ersten autofreien Sonntage. Zum ersten Mal erlebte das Erdölzeitalter eine Krise, auch wenn das damals noch kaum jemand mit der drohenden Erderwärmung in Verbindung brachte (die sich schon andeutete). Im Gegenteil: Das Schreckgespenst hieß damals noch „atomarer Winter“.
Kaum jemand nahm die Warnungen des „Club of Rome“ aus der 1972 veröffentlichten Studie „Die Grenzen des Wachstums“ ernst. Eine vernünftige Menschheit hätte damals schon die Weichen gestellt, die Entwicklung frühzeitig zu bremsen.
Ist die Menschheit vernünftig? Augenscheinlich nicht. Sie hat genau das Gegenteil getan, den Ressourcenverbrauch noch drastisch erhöht, den Energieverbrauch und die Verbrennung fossiler Rohstoffe erst recht.
Und wenn in Europa heute jemand glaubt, man sei ja hier besonders umweltschonend geworden, der lügt sich in die eigene Tasche. Und das betrifft nicht nur den nach wie vor irrsinnig hohen Einsatz fossiler Bennstoffe in Deutschland, der seit 1998 quasi stagniert.
Denn einen Großteil der besonders energieintensiven Industrie haben auch die Europäer ja ausgelagert. Die Fabriken stehen heute in Asien – und werden dort in der Regel mit fossilen Energien betrieben, die China und Indien heute zu den größten CO2-Emittenten machen.
Das heißt: Wir haben unseren fossilen Energieverbrauch weiter gesteigert – und sehen ihn nur nicht, weil das ganze Zeug heute in China hergestellt wird. Übrigens auch dort mit verheerenden Umweltfolgen.
Was eben auch für Leipzig heißt: Es ist keine Insel. Wer glaubt, sich wegducken zu können und hoffen zu dürfen, dass unsere weltzerstörerische Art des Wirtschaftens Sachsen verschonen wird in den Folgen, der irrt.
So ein Supersommer wie 2018 könnte künftig der Regelsommer werden.
Mit 1.595,3 Sonnenstunden vom 1. April bis zum 30. September wurde das seit 1999 gemessene Mittel um über 300 Stunden übertroffen. Und die meisten Jahre seit 1999 waren sowieso schon Jahre mit überdurchschnittlicher Sonneneinstrahlung.
Die 1.600 Sonnenstunden waren im 20. Jahrhundert der normale Ganzjahreswert für Leipzig.
Und dass die Sonne so ungehindert auf die Erde schien, hat ja mit den fehlenden Wolken zu tun. Wenn die so dringend notwendigen Regenwolken aber vom Atlantik nicht nach Mitteleuropa kommen, sinkt logischerweise die Niederschlagsmenge drastisch. Mit gerade einmal 179,5 Millimeter Niederschlag von April bis September war sie gegenüber dem jüngeren Jahresmittel regelrecht halbiert.
„Lediglich an 50 der 183 Tage wurde Niederschlag gemessen, darunter nur an 39 Tagen mindestens 1 Liter je Quadratmeter und nur an 5 Tagen mehr als 10 Liter. Für die hiesige Flora war das viel zu wenig. Im Vorjahr gab es im gleichen Zeitraum 88 Regentage, darunter 54 mit mindestens 1 Liter und 8 mit über 10 Litern“, schreibt Andreas Martin in seinem Beitrag.
Die Dürrefolgen spüren die Bauern bis heute. Ein Drittel der üblichen Erntemenge blieb aus. Erstmals meldeten die Wissenschaftler massive Baumschädigungen auch aus dem Auenwald durch Wassermangel. Und Leipzigs Amt für Stadtgrün und Gewässer stellt sich mittlerweile die durchaus berechtigte Frage: Wo soll man künftig das nötige Wasser für die Straßenbäume hernehmen?
Denn die mussten schon 2018 massiv gewässert werden. Selbst die Feuerwehr war im Baumbewässerungseinsatz, sonst hätte Leipzig wohl einige hundert Straßenbäume durch Vertrocknen verloren.
Und das in einer Stadt, die den Schatten und die Luftreinigungsarbeit der Bäume künftig noch viel dringender braucht, wenn solche dauerheißen Sommer die Regel werden. Denn dann müssen die Großstädter auch mit dauerhaft höheren Temperaturen auskommen.
„Auch anhand der 2018 gezählten Sommer- und heißen Tage bestätigt sich, dass dieses Jahr ein klimatologisches Rekordjahr war bzw. ist. 83 Tage, in denen das Thermometer die 25 °C-Marke überschritt, und 28 Tage mit über 30 °C wurden bisher noch in keiner Jahresstatistik festgehalten. Als ‚Supersommer‘ der jüngeren Leipziger Wettergeschichte galt zuletzt jener aus dem Jahr 2003“, schreibt Andreas Martin. „Damals gab es im Zeitraum 01.04. bis 30.09. 65 Sommertage und 21 heiße Tage. Er fällt nun weit hinter den 2018er Sommer zurück.“
Das sind also Rekorde, auf die wir nicht wirklich stolz und über die wir nicht wirklich froh sein können.
Und die die Stadtplaner vor wirklich ernsthafte Herausforderungen stellen, bei denen man nicht wirklich das Gefühl hat, dass die Tragweite der Entwicklung wirklich schon begriffen ist. Man denke nur an das Studienprojekt mit dem Deutschen Wetterdienst vor drei Jahren, bei dem auch die Temperaturentwicklung und der Luftaustausch an heißen Sommertagen im Stadtgebiet gemessen wurden.
Das Ergebnis war eigentlich alarmierend: Außer über zwei schmale Luftschneisen gibt es vom Auenwald her kaum einen stärkeren Luftaustausch mit dem Innenstadtgebiet. Das heißt: Die heiße Luft steht regelrecht in den dichten Innenstadtquartieren und die Straßen kühlen sich auch nachts kaum ab.
Wenn dann auch noch so gut wie kein Regen fällt, bringt es Folgeprobleme mit sich. Und da machte sich 2018 besonders bemerkbar, dass Ostdeutschland noch viel weiter vom Atlantik entfernt liegt als Westdeutschland: Da die wenigen Starkregenfälle nur Bayern und das Rheinland erreichten, hatte Leipzig mitsamt dem ganzen Osten deutlich weniger Niederschlag als westdeutsche Regionen. Die Bauern hatten entsprechend höhere Ernteausfälle.
Und wenn man dann schaut, wo der Freistaat Sachsen mit seiner Klimaanpassungsstrategie steht, darf einem schon angst und bange werden. Der Groschen ist noch lange nicht gefallen, vom 10-Cent-Stück ganz zu schweigen.
Es gibt 2 Kommentare
Leider auch hier wieder der “übliche” Fehler. Verglichen wird EIN Jahr (2018) mit dem “langjährigen Mittel” also mit dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre, der aus “Wetter” “Klima” macht? Nein, Mit dem Zeitraum von 1961 bis 1990. Eine relativ kalte Periode. Davor und danach war es wärmer. Das schmälert die Glaubwürdigkeit der Untersuchung, denn das Argument warum so ein willkürlich gewählter, lange zurückliegender Zeitraum, warum nicht 1870 bis 1899 ist nur schwer zu entkräften. “Sauberer” wäre kein Vergleich von Wetter (2018) mit Klima dazumal (1961-1990), sondern von Kima jetzt (1989-2018) mit Klima davor (1961-1990). Der fehlt.
Wenn man ihnen sagt: “Eines Tages wird in den Geschichtsbüchern stehen, daß ihr diejenigen wart, die unsere Welt kaputt gemacht haben.”, dann schauen sie nur dumm aus der Wäsche.