Seit einigen Jahren nervt der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Enrico Stange, die Staatsregierung mit Anfragen zu den beschlossenen oder eben nicht beschlossenen Haushalten der Kreise und Gemeinden. Und jedes Mal wird die Liste der Kommunen, die ihren Haushalt nicht mehr zum Beschluss kriegen, länger. Da überrascht es schon, wenn man merkt: Die Staatsregierung weiß das eigentlich schon lange.
Denn sie hat auf ihrem digitalen Geoportal auch eine Karte zur Kommunalen Haushaltslage eingerichtet – bunt eingefärbt, sodass auch kritische (hellrot) und instabile (rot) Haushaltslagen sichtbar werden. Gelb zeigt hinreichende Leistungsfähigkeit und grün einen stabilen Haushalt. Und der Blick auf die Karte genügt: reihenweise sind die Gemeinden rot und rosa eingefärbt – besonders in Westsachsen und Südsachsen.
Es lohnt sich auch, die Einzeldaten aufzurufen, dann ändert sich das Bild.
Dann erscheint das tiefrote Rackwitz nördlich von Leipzig mit einem Haushaltsfehlbetrag von 1,38 Millionen Euro als regelrecht kritisch, das benachbarte Leipzig ist rosa eingefärbt, weist aber in dieser Darstellung für 2017 ein Defizit von 40,2 Millionen Euro auf. Mittlerweile wissen wir, dass Leipzig die letzten Jahre alle mit einem Plus in der Bilanz abgeschlossen hat – auch das Jahr 2017, bei dem am Ende wohl 57 Millionen Euro unterm Strich als Plus stehen werden.
Ganz virtuell, wie der Finanzbürgermeister betont.
Und da wird es interessant. Denn ein Plus in der Haushaltsführung am Jahresende bedeutet ja nicht unbedingt, dass die Kommune mehr Geld eingenommen hat. Es kann auch – wie in Leipzig – bedeuten, dass man deutlich weniger Geld ausgegeben hat als geplant. In diesem Fall für Personal und Investitionen und auch für die Unterbringung von Asylsuchenden.
Gleichzeitig bedeutet aber jede nicht besetzte Personalstelle, dass dringend zu erledigende Arbeit liegenbleibt. Und von den Bearbeitungszeiten in der Verwaltung können Leipzigs Ratsfraktionen mittlerweile ein Lied singen. Längere Bearbeitungszeiten bedeuten aber auch, dass wichtige Beschlüsse und Konzepte nicht umgesetzt werden oder mit Jahren Verspätung. Und bei Investitionen bedeutet es, dass sich der Investitionsstau noch weiter erhöht. Jede nicht angefangene Schule, jede vertagte Kindertagesstätte, jede nicht geförderte Brücke bedeuten, dass sich die Probleme in der Stadt punktuell immer weiter verschärfen.
Und da würde Leipzig zwar in dieser digitalen Sachsenkarte wohl ins Gelbe (wie Dresden) oder gar Grüne springen, wenn die Bewertung so gelten würde. Aber jeder Leipziger wüsste, dass sich damit an der prekären Haushaltslage gar nichts geändert hat.
Und es liegt nahe zu vermuten, dass es allen anderen Gemeinden in der Karte genauso geht. Die Bürgermeister können zwar so rigoros aufs Nicht-Geldausgeben achten, dass am Ende kein Minus in der Kasse ist. Was aus Sicht der Regierung gut ist.
Und gleichzeitig bleiben marode Brücken unsaniert, Straßen werden nur notdürftig geflickt, Schulsanierungen werden vertagt usw.
Das heißt: Die tatsächliche Unterfinanzierung der Kommunen wird nur versteckt, hinter einer heilen Etat-Welt verborgen, die suggeriert, dass es den Kommunen in Sachsen doch so halb und halb gutgeht, während sie eigentlich überhaupt keine Spielräume haben, den dringendsten Sanierungsstau abzuarbeiten oder gar alle notwendigen Stellen zu besetzen.
Da verblüfft es eher, dass diese Warnkarte zur kommunalen Haushaltslage tatsächlich so viel Rot aufweist, also durchaus davor warnt, dass reihenweise Kommunen dauerhaft in die Finanznot rutschen. Denn die meisten rot eingemalten Kommunen werden ganz und gar nicht so wie Leipzig wundersam aus einem dicken Minus ein fettes Plus gemacht haben. Mit einigem Recht drängen einige Landtagsfraktionen darauf, die Kommunalfinanzierung dauerhaft zu verbessern und den Kommunen wieder Freiräume zur eigenen Entscheidung zu geben. Die Debatten um den neuen sächsischen Doppelhaushalt 2019/2020 laufen ja gerade.
Und gerade bei Investitionsmitteln fällt es den Kommunen immer schwerer, die Eigenmittel aufzubringen. Leipzig wurden 2017 sogar fehlende 10 Millionen Euro für die nötigen Investitionen attestiert.
Und wenn dann die Prüfer der Fördergeldanträge auf solche Zahlen sehen, ist die mindeste Folge, dass sich die Genehmigung der Anträge verzögert. Natürlich, weil Eigenmittel fehlen. Obwohl selbst die Staatsregierung weiß, dass die Kommunen ihre Investitionen vor allem aus den kommunalen Finanzausgleichsmitteln bestreiten. Doch wenn die schon zu knapp sind, vererbt sich die eher verborgene Finanznot in den Kommunen von Jahr zu Jahr und die Liste der noch nicht abgearbeiteten Projekte wird immer länger. Und die Liste der Kommunen ohne beschlussfähigen Haushalt auch.
Leipzig steht mit seinen Investitions-Problemen überhaupt nicht allein da
Leipzig steht mit seinen Investitions-Problemen überhaupt nicht allein da
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