Viele Diskussionen zu Asylsuchenden in Deutschland laufen derzeit in die Irre, angeheizt von Leuten, die mit Vorurteilen Stimmung machen. Und die Behörden steuern auch nicht mit eigenen Zahlen gegen. Das müssen dann Leute machen wie Paul M. Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ), der die Zahlen der Bundesarbeitsagentur immer wieder anders auswertet als die üblichen „Arbeitsmarktberichte“. Das macht Dinge erst sichtbar.
In den Medien dominieren immer wieder Schlagzeilen, die infrage stellen, dass Asylsuchende in Deutschland überhaupt in Arbeit kommen. Da wird mit fehlenden Qualifikationen argumentiert und selbst Wirtschaftskammern müssen sich von Kommentatoren erklären lassen, dass die Asylsuchenden überhaupt nicht dazu beitragen, den Fachkräftemangel in Deutschland irgendwie zu lindern.
Aber die Statistiken der Bundesagentur erzählen etwas anderes. Und man staunt eher, dass die Bundespolitik mit diesen Zahlen nicht arbeitet, sondern sich von bayerischen Wahlkämpfern ins Bockshorn jagen lässt.
Selbst in Bayern tragen die Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, zur Linderung des wachsenden Arbeitskräftebedarfs bei.
Paul M. Schröder hat zwar nicht alle Nationalitäten ausgewählt, sondern sich auf acht Herkunftsländer beschränkt, die die Debatte der letzten drei Jahre bestimmten – nämlich Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.
Und auf den ersten Blick sieht das nach nicht viel aus: 0,62 Prozent der 30,18 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Oktober 2017 in der Bundesrepublik Deutschland kamen aus diesen acht nichteuropäischen „Asylherkunftsländern“. Aber schon diese Zahl lässt aufmerken: Es waren genau 202.714.
Wenn man bedenkt, dass das BAMF im Jahr 2015 insgesamt 890.000 Asylsuchende registrierte, 2016 280.000 und 2017 187.000, dann ist das schon eine Größenordnung, dann waren von diesen 1,35 Millionen Menschen schon 15 Prozent in einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit. Wenn man bedenkt, dass sie meist erst die ganzen Antragsprozeduren und die nötigen Deutschkurse hinter sich bringen mussten, war das schon eine erstaunliche Zahl. Und selbst Bayern braucht diese Menschen, um den eigenen Fachkräftebedarf zu decken, auch wenn der Heimathorst etwas anderes erzählt.
Die Zahl der Menschen aus den von Schröder ausgewählten acht Herkunftsländern, die in Bayern sv-pflichtig in Arbeit kamen, stieg von 18.191 im Oktober 2015 auf 26.648 im Oktober 2016 und auf 38.519 im Oktober 2017.
Und in Sachsen, das sich ja so gern hinter der bayerischen Lederhose versteckt, sieht das Bild ganz genauso aus. Hier ist zwar der Anteil der Personen aus diesen acht Ländern an der Gesamtzahl der sv-pflichtig Beschäftigten mit 0,3 Prozent noch deutlich geringer als in Bayern, wo es 0,69 Prozent sind.
Aber man darf auch nicht vergessen, dass auch die Gesamtzahl der sv-pflichtig Beschäftigten in Sachsen wuchs: von 1,554 Millionen im Jahr 2015 auf 1,609 Millionen im Oktober 2017.
Im selben Zeitraum wuchs die Zahl der sv-pflichtig Beschäftigten aus den acht ausgewählten Herkunftsländern in Sachsen von 1.577 auf 4.893. Über 3.000 Menschen aus diesen Ländern fanden also binnen zweier Jahre Arbeit auf dem sächsischen Arbeitsmarkt.
Die Integration funktioniert also, auch in Sachsen. Und kluge Politik würde sich genau darauf konzentrieren.
Und noch etwas verrät die Statistik: Immer mehr junge Asylsuchende bekommen auch eine Lehrstelle. Denn der Bedarf der Wirtschaft an Lehrlingen ist ja genauso gestiegen. Und da ist die Steigerung noch deutlicher. Wurden in Sachsen im Oktober 2018 gerade einmal 85 Auszubildende aus den acht ausgewählten Herkunftsländern gezählt, waren es ein Jahr später schon 161 und im Oktober 2017 dann 600.
Die Zahlen sprechen für sich. Und sie sprechen auch für die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft.
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