Am Freitag, 9. Mai, veröffentlichte der Arbeitskreis Steuerschätzungen seine neuen Prognosen fürs laufende Jahr und die nächsten vier Jahre. Es war – fast – wie immer: Die Lobbyvereine der Superreichen preschten vor und jammerten nach Steuersenkungen. Dafür unterließ Sachsens Finanzminister diesmal das Bangemachen und blieb lieber still. Denn auch Sachsen wird wieder ein bisschen was haben von dem Steuerplus.

Das zentrale Ergebnis für 2018: „Verglichen mit der Steuerschätzung vom November 2017 werden die Steuereinnahmen insgesamt im Jahr 2018 um 7,8 Milliarden Euro höher ausfallen. Für den Bund ergeben sich dabei Mehreinnahmen von 5,5 Milliarden Euro und für die Länder von 3,5 Milliarden Euro. Die Einnahmeerwartungen für die Gemeinden erhöhen sich um 0,6 Milliarden Euro.“

Der Bund profitiert also am stärksten von der weiter auf Volldampf laufenden Konjunktur.

Für Sachsen wesentlich sind die steigenden Steuereinnahmen für die Länder. Noch haben die Dresdener Experten nicht selbst nachgerechnet, aber Sachsen wird von den steuerinduzierten Mehreinnahmen irgendwo im Bereich 4 bis 5 Prozent partizipieren – was ungefähr 170 Millionen Euro zusätzlich bedeutet.

Und zwar gegenüber der Steuerschätzung vom November 2017. Die hatte – wie seit 2010 ungefähr immer wieder – ebenfalls ein Einnahmeplus für Sachsen ergeben: „In 2018 werden im Vergleich zur vorangegangenen Schätzung voraussichtlich um 113 Mio. Euro höhere Steuereinnahmen zur Verfügung stehen“, hatte damals noch Finanzminister Georg Unland vermeldet.

Und endlich etwas zugegeben, was er in all den Jahren zuvor niemals gesagt hätte: „Der Aufschwung wird dennoch nicht ewig weitergehen. Treffen die momentanen Einnahmeprognosen so in etwa ein, können wir seit 2010 getrost von einer ‚Goldenen Dekade‘ für die öffentlichen Haushalte in Deutschland sprechen.“

Nur mit dieser stabil laufenden Wirtschaft und den erwirtschafteten Steuern konnte im Bund die sogenannte „Schwarze Null“ gesichert werden: Ein Haushalt ohne neue Schuldenaufnahme.

Dass gleichzeitig notwendige Investitionen in Milliardenhöhe unterlassen wurden, ist die Kehrseite der „Schwarzen Null“. Was auch auf Sachsen zutrifft, das sich ja selbst ein Neuverschuldungsverbot verordnet hat. Gleichzeitig aber spart der Freistaat gigantische Summen in Fonds an. Und gerade erst wurde das Abenteuer der Sachsen LB beendet, das am Ende über 1,8 Milliarden Euro gekostet haben wird, wenn endabgerechnet ist. 1,8 Milliarden Euro, die bei Schulen, Kitas, Straßen, Wohnungen usw. fehlen.

Sachsen ist unterfinanziert. Die Verteilstrukturen stimmen nicht mehr. Und die Forderung der Landtagsopposition ist nur zu berechtigt: Die Kommunen müssen endlich besser finanziert werden und wieder freier atmen können.

Und der Umgang mit den Steuermehreinnahmen muss sich ändern. Es kann nicht sein, dass dann – um die Gemüter zu besänftigen – schnell mal 147 Millionen an die Gemeinden ausgekehrt werden, wie es am Freitag, 9. Mai, beschlossen wurde. Das sind lächerliche 70.000 Euro pro Gemeinde.

Für ein Dorf, das damit die Dorfbeleuchtung wieder in Schuss bringt oder den Dorfanger reparieren lässt, ist das viel Geld. Für Städte wie Leipzig, die auf einem Investitionsstau von über 2 Milliarden Euro hocken, ist das ein Witz. Die Mehreinnahmen gehören in die Haushaltsplanung.

Womit hat Sachsens Finanzminister 2018 eigentlich geplant?

Im März hat Finanzminister Dr. Matthias Haß die aktuelle Finanzplanung vorgelegt. Da stehen auch diese Zahlen drin.

Geplant hat Sachsens Regierung das Haushaltsjahr 2018 mit Steuereinnahmen in Höhe von 14,11 Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Bis zur Finanzkrise 2007 hat Sachsen mühsam um das Erreichen der 10-Milliarden-Euro-Marke gekämpft. Die Finanzkrise hieb noch einmal richtig ins Kontor. Als die Wirtschaft ab 2010 wieder Tritt fasste, startete Sachsen mit 9,7 Milliarden Euro. Und seitdem wachsen die Steuereinnahmen kontinuierlich – nicht nur durch Unternehmenssteuern, sondern auch durch Umsatz- und Einkommenssteuern. Ein Effekt, der direkt mit dem rapiden Abbau der Arbeitslosigkeit, der Schaffung neuer Arbeitsplätze und der Einführung des Mindestlohns zu tun hat.

Mit der Novemberschätzung würde Sachsen 2018 auf Steuereinnahmen von 14,489 Milliarden Euro kommen. Da die Mai-Schätzung jetzt aber wieder eine höhere Einnahme bedeutet, werden es am Jahresende eher 14,66 Milliarden sein. Wenn nicht mehr.

Was auch in diesem Jahr wieder heißt, dass am Jahresende eine runde halbe Milliarde Euro mehr eingenommen wurde als ursprünglich geplant. Sachsen kann also alle seine Rechnungen bezahlen und alle Leute einstellen, die es braucht.

Sachsens Finanzpolitik muss endlich wieder ehrlich werden

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