Das Bauen war in aller Stille eigentlich der Star im neuen Quartalsbericht. Denn wenn Leipzig wachsen will, muss gebaut werden. Der Wohnungsbestand muss eigentlich parallel zum Bevölkerungswachstum wachsen. Was er aber nicht tut. 900 bis 1.000 neue Wohnungen pro Jahr sind zu wenig bei Bevölkerungszuwächsen von derzeit wenigstens 10.000 pro Jahr. Es ist natürlich schön, wenn eine Stadt wie Leipzig wächst. Aber das zwingt zu Investitionen.

Und da wird das Leipziger Wachstum für die Stadt selbst zur Klemme. Eine Klemme, die in ganz Sachsen schon spürbar ist. Denn über zehn Jahre lang haben die Baufirmen in Sachsen Personal abgebaut. Sie haben damit auf Stagnation und Investitionszurückhaltung reagiert.

Das Ergebnis ist aber: Jetzt haben die Bauunternehmen nicht nur volle Auftragsbücher, sie suchen auch händeringend nach Personal. Die Kapazitäten sind so ausgereizt, dass sich auf manche Bau-Ausschreibung der Stadt Leipzig nicht einmal mehr Bewerber finden.

Und ein enger Markt sorgt natürlich dafür, dass die Baupreise steigen – seit 2010 um satte 24,6 Prozent, wie es als Kurznotiz im Quartalsbericht nachzulesen ist. Allein im letzten Jahr zogen die Baupreise im Schnitt um 3,6 Prozent an. Und dabei hat Leipzig noch nicht einmal die Bautätigkeit, die diese Stadt eigentlich braucht. Bei Schulen ist sie genauso zu niedrig wie im Wohnungsbau.

Sorry: Mietwohnungsbau.

Denn während Deutschlands große Leitmedien wieder das altbekannte Werbelied für das Wohneigentum singen (wer bezahlt die eigentlich dafür?), zeigen die simplen Fakten, dass die meisten Leipziger sich Bildung von Wohneigentum überhaupt nicht leisten können. 60 Prozent der Leipziger Haushalte bekommen überhaupt nicht das notwendige Eigenkapital zusammen, um den Kauf von Wohneigentum ins Auge zu fassen. Sie sind verdammt dazu, als Mieter durchzuhalten.

Die dazugehörige Studie, die der Quartalsbericht zitiert, stammt aus dem DIW Berlin. Wo man mit dieser Einkommenserhebung auch einmal belegt hat, warum die Eigentumsquote in Deutschland seit Jahren so stabil ist – oder aus Sicht der Immobilienvermarkter: stagniert.

Die meisten Deutschen bekommen einfach nicht so viel Geld, dass sie überhaupt an den Kauf von Wohnraum denken können. Und der Spaß dabei, so die Statistiker: „Obwohl die Berechnungen zeigen, dass die Anschaffung von Wohneigentum unter dem Strich günstiger ist, als ein Leben lang zur Miete zu wohnen, ist Deutschland ein Land der Mieterinnen und Mieter.“

Ein Grund dafür, dass das so bleibt: „Das mittlere Finanzvermögen (also alle liquiden Vermögenswerte der Haushalte wie Bargeld, Festgeld oder Aktien) sind dagegen in den Jahren 2010 bis 2014 von gut 17.000 auf 16.600 gesunken.“

Gleichzeitig sind in Leipzig die Kaufnebenkosten von 15.960 Euro (2010) auf 27.664 Euro (2016) gestiegen. Immer weniger Leipziger können also allein die Kaufnebenkosten aufbringen. Und da die niedrigen Einkommen besonders den jungen Leuten angedient wurden (die so nebenbei auch noch Familie und Kinder haben wollen), wird der Erwerb von Wohneigentum für (junge) Leipziger fast zum Ding der Unmöglichkeit. Die Leipziger bleiben also weiter Mieter – und leiden entsprechend darunter, wenn Mietwohnungen immer öfter zu einem Mietpreis angeboten werden, der mit ihrer Einkommenssituation nicht kompatibel ist.

Noch profitieren die Bauunternehmen davon. Sie haben binnen eines Jahres ihren Gesamtumsatz um über 25 Prozent (oder über 100 Millionen Euro) gesteigert. Was nicht nur gesteigerte Baupreise bedeutet, sondern – nach Jahren des Personalabbaus – eben auch wieder neu eingestelltes Personal. Von 3.474 Beschäftigten im Herbst 2016 im Bauhauptgewerbe wuchs die Zahl auf 3.668 ein Jahr später. Und das sind nur die Leipziger Baubetriebe. Die wachsende Stadt gibt Baubetrieben weit über die Region hinaus Aufträge.

Das Wachstum schafft also selbst wieder Arbeitsplätze, die ihrerseits Menschen zum Umzug nach Leipzig locken, weil es hier Arbeitsplätze gibt. Junge Leute zumeist. Was dann ein weiteres Wachstum befeuert, denn dann werden noch mehr Kinder geboren. Was das Wachstumstempo Leipzigs weiter vorantreibt.

Auch dazu gibt es einen Text im neuen Quartalsbericht.

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