Ein bisschen dauert es immer, bis das sächsische Finanzministerium die Ergebnisse der Steuerschätzung im Bund für Sachsen heruntergerechnet hat. Am Dienstag, 28. November, hat nun Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland die Auswirkungen der neuen Steuerschätzung auf Sachsen vorgestellt. Er nutzte den Termin auch gleich mal wieder für eine politische Kraftmeierei.

„Der Zuwachs basiert vor allem auf der guten Konjunkturlage. Die deutsche Wirtschaft steht in vielen Bereichen unter Volldampf“, sagte Georg Unland. „Dies zeigen nicht nur die Stimmungsindikatoren aus den Unternehmen, sondern auch die Daten des Statistischen Bundesamtes. Der Aufschwung wird dennoch nicht ewig weitergehen. Treffen die momentanen Einnahmeprognosen so in etwa ein, können wir seit 2010 getrost von einer ‚Goldenen Dekade‘ für die öffentlichen Haushalte in Deutschland sprechen.“

Abzuwarten bleibe, welche steuerpolitischen Änderungen von einer neuen Bundesregierung beschlossen werden.

Und dann setzte er eine Forderung nach, mit der er sich als Parteipolitiker zu profilieren versucht: „Beim Einkommensteuertarif sollten kleine und mittlere Einkommen entlastet werden.“

Was er gleich mal wegließ war die Tatsache, dass „kleine Einkommen“ in Sachsen überhaupt keine Steuern zahlen und die Einkommen, die die Steuersenker der Bundesrepublik gern „mittlere“ nennen, in Sachsen tatsächlich hohe Einkommen sind.

Das Problem der Sachsen sind nicht die hohen Einkommenssteuern, sondern die niedrigen Einkommen. Viele Sachsen sind in der „Goldenen Dekade“ überhaupt erst einmal in den Verdienstbereich gekommen, in dem Einkommenssteuern fällig werden.

Aber nicht nur mit dieser ganz unministeriellen Forderung fällt Unland auf. Er lässt in seiner Meldung wieder mal die Hälfte weg.

Denn statt die gesamte Jahresentwicklung zu beleuchten, meldet sein Ministerium nur: Im sächsischen Staatshaushalt sind dadurch für 2017 Steuereinnahmen von rund 14,23 Milliarden Euro zu erwarten. Damit wird die Prognose vom Mai 2017 um 237 Millionen Euro übertroffen.

Eine Zahl, die eigentlich keinen Sinn macht, denn der Freistaat arbeitet ja nicht mit Prognosen, sondern mit belastbaren Finanzplanungen.

Im Frühjahr hatte das Ministerium schon ausgerechnet: „Die neue Prognose lässt für den Haushalt des Freistaates im laufenden Jahr Steuereinnahmen von rund 13,99 Milliarden Euro erwarten. Das sind 214 Millionen Euro mehr als noch zur Steuerschätzung im November 2016 angenommen.“

Aber auch die 13,99 Milliarden Euro waren nicht die ursprüngliche Einnahmenplanung. Das Haushaltsjahr 2017 hatte die Staatsregierung ursprünglich nämlich mit 13,575 Milliarden Euro geplant.

Das heißt: Schon jetzt ist absehbar, dass die Einnahmen am Jahresende um 655 Millionen Euro über den Planungen liegen werden und damit in einer ganz ähnlichen Dimension wie in den Vorjahren.

Hauptgrund für den Anstieg der Steuereinnahmen auch aus Sicht des Ministeriums: Durch den Zuwachs bei der Beschäftigung, den Lohnanstieg und die Steuerprogression bewegen sich die Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer auf Rekordniveau.

Und für 2018 wird es nach den jetzigen Prognosen zur Produktivitätsentwicklung so weitergehen: 2018 werden im Vergleich zur vorangegangenen Schätzung voraussichtlich um 113 Millionen Euro höhere Steuereinnahmen zur Verfügung stehen. Plus die 199 Millionen aus der Mai-Schätzung. Plus die 84 Millionen aus der Steuerschätzung vom November 2016. Macht (mindestens) 396 Millionen Euro mehr als geplant. Und geplant hatte Sachsen 2018 mit 13,914 Milliarden Euro.

Und es wird – wenn nicht eine große Krise die Stabilisierung der sächsischen Wirtschaft verhagelt – so weitergehen: Auch für den nächsten Doppelhaushalt sind die Aussichten aktuell positiv, so das Finanzministerium. 2019 wird die bisherige Schätzung vom Mai um 324 Millionen Euro, im Jahr 2020 um 347 Millionen Euro übertroffen.

Prof. Georg Unland: „Die positive Entwicklung des bundesweiten Steueraufkommens spiegelt sich auch in der Kasse des Freistaates wider. Wichtige Steuerarten verzeichnen deutliche Zuwächse, darunter im laufenden Jahr vor allem die Körperschaftsteuer. Bei den Ländersteuern haben sich die Einnahmeerwartungen für die Grunderwerbsteuer und die Erbschaftsteuer verbessert.“

Die November-Steuerschätzung bringe auch für die sächsischen Gemeinden erfreuliche Ergebnisse, fügt das Ministerium noch hinzu. Wesentlicher Treiber bleibe hier die Gewerbesteuer, die sich im laufenden Jahr stark entwickelt. „Stark“ aus Perspektive eines Finanzministeriums, das bis heute glaubt, den Kommunen in Sachsen ginge es gut.

Den neuen Prognosen zufolge werden die Steuereinnahmen der Kommunen in 2017 um 36 Millionen Euro und in 2018 um 56 Millionen Euro höher ausfallen. Für die Jahre 2019 und 2020 ergeben sich aus der neuen Schätzung gegenüber Mai um 68 Millionen Euro bzw. 58 Millionen Euro verbesserte Einnahmeerwartungen. Finanzminister Prof. Unland hierzu: „Wie das Land bei der Körperschaftsteuer profitieren auch viele Gemeinden bei der Gewerbesteuer von der momentan guten Ertragslage der meisten Unternehmen in Sachsen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung.“

Es ist eher eine bedrückende Entwicklung. Denn all das sind – bei einem Milliardenstau an Investitionen nicht nur in den Großstädten – eher Kleckerbeträge, die sich schon beim kleinsten Reparaturauftrag wieder in Luft auflösen. Ein Mega-Thema der sächsischen Politik muss 2018 die Kommunalfinanzierung sein. Die ersten Bürgermeister haben sich schon zu Wort gemeldet und Stanislaw Tillich hat erlebt, wie grimmig Landräte in seinem Büro werden können. Wenn es da nicht eine deutliche Veränderung gibt, wird der nächste Ministerpräsident eine Menge Ärger bekommen – und zwar gerade von seinen eigenen Parteifreunden im Land.

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