Nicht nur im Saarland oder in Bremen schaut man in den letzten Monaten recht besorgt auf die Arbeitslosenquoten. Mitten durch die Bundesrepublik scheint ein Riss zu gehen. Das zeigten am Mittwoch, 30. November, die neuesten Arbeitslosenzahlen für die Republik. Während sie im Westen kaum zurückgehen oder sogar steigen, hält seit einem Jahr im Osten ein enormer Arbeitslosenrückgang an.

Zumindest, was die Zahlen betrifft. Paul M. Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) in Bremen findet schon bemerkenswert festzustellen, wenn in den westlichen Bundesländern die Arbeitslosenzahlen seit November 2015 zwischen 0,1 (Baden-Württemberg) und 5,2 Prozent (Schleswig-Holstein) sanken, in Rheinland-Pfalz sogar um 0,9 Prozent stiegen.

Im Osten Deutschlands aber sanken die Arbeitslosenzahlen sogar zwischen 6,4 Prozent (Berlin) und 10,4 Prozent (Sachsen-Anhalt).

Auch in Sachsen gingen die Zahlen übers Jahr deutlich zurück: von 158.548 auf 143.293, um immerhin 9,6 Prozent. Und das trotz der Flüchtlinge, die nun in die Arbeitsmärkte integriert werden müssen und auch integriert werden.

Die Gründe für den starken Rückgang stehen natürlich nicht in der Tabelle, die Schröder zusammengestellt hat. Sie haben auch nicht mit einer riesigen Gründerwelle zu tun, die jetzt den Osten  erfasst hat. Dazu fehlt schlicht das Geld. Aber woran es eben auch fehlt, das ist der Nachwuchs für den Arbeitsmarkt. Immer stärker macht sich die halbierte Geburtenrate aus den 1990er Jahren bemerkbar. Und zwar im kompletten Osten. Auch in Berlin, wo die offizielle Arbeitslosenzahl von 182.388 auf 170.874 fiel.

Was die Arbeitslosenquote noch nicht in entspannte Bereiche bringt. Noch liegt der Westen mit 5,3 Prozent vorn, der Osten hat jetzt 7,8 Prozent. Thüringen hat mit einer Quote von 6,1 Prozent die niedrigste im Osten.

Und trotzdem gärt es. Nicht nur in Sachsen. Markante Wahlergebnisse für die AfD zeigen einen Unmut, der mit diesen Zahlen aus der Arbeitslosenstatistik nichts zu tun zu haben scheint. Und der dennoch damit zu tun hat. Denn auch wenn manch ein Politiker schon von steigenden Einkommen schwärmt, hat sich an der Einkommensschwäche im Osten eigentlich nichts geändert. Die drastisch sinkenden Arbeitslosenzahlen erzählen eben nicht von einem Aufbau neuer, opulenter Beschäftigungen, sondern von einem Manko. Nämlich von der Tatsache, dass dem Osten selbst zur Aufrechterhaltung des Status quo die halben Ausbildungsjahrgänge fehlen, die in den 1990er Jahren einfach nicht geboren wurden.

Die Geburtenzahlen steigen erst wieder, seit dieser Abbau Ost beendet ist, sich regionale Wirtschaftsstrukturen stabilisiert haben und vor allem die Großstädte wieder in einen leichten Wachstumszyklus übergegangen sind. Für die ländlichen Räume gibt es bundesweit keine Ideen und Lösungsvorschläge. Alles konzentriert sich auf die großen Städte. Dort entstehen die neuen Arbeitsplätze. Manche haben den Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsstadt unter großen Schmerzen schon hinter sich gebracht. Bremen mit seiner Arbeitslosenquote von 10 Prozent steckt noch mittendrin.

Wohin das führen wird, ist offen. Aber dass der Mangel an Nachwuchs sich im Osten derart stark bemerkbar machen würde, war seit sechs Jahren abzusehen. Eigentlich noch länger. Aber so recht zur Besinnung hat das die handelnde Politik nicht gebracht. Denn was passiert mit einem Land, dem so der Nachwuchs ausgeht?

Das wäre dann eine Frage an die ganzen Feinde der Einwanderung: Wie wollen sie das Land am Laufen halten, wenn die Wirtschaft mit dem eigenen Nachwuchs nicht mehr gesichert werden kann?

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