2015 ließ Leipzigs Verwaltung schon mal so einen kleinen Ballon steigen: Das Projekt des Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmals war zwar nach all den Mauscheleien im Wettbewerb 2014 krachend gescheitert, aber loslassen wollte man diese Rathaus-Lieblingsidee nicht. Vielleicht will man diesmal wirklich auf Nummer sicher gehen. Oder doch wieder auf Nummer unsicher?
So richtig weiß man das nicht nach der Frage, die in der „Bürgerumfrage 2015“ gestellt wurde. Denn die Leipziger wurden da nicht konkret nach ihrer Haltung zu einem möglichen Denkmal für Freiheit und Einheit gefragt, sondern zur Wichtigkeit eines „Gedenkortes/Denkmals im öffentlichen Raum zur Erinnerung an die Ereignisse der Friedlichen Revolution von 1989“.
Das war ja auch schon vorher der wattige Grund der Diskussion. Denkmäler und Gedenkorte, die an die Friedliche Revolution erinnern, hat Leipzig einige – und zwar auffällige und beliebte. Von der Nikolaikirche bis zur Runden Ecke, vom Zeitgeschichtlichen Forum bis zur Demokratieglocke. Viele Leipziger fragten sich wohl zu Recht: Was soll denn da ein weiteres großes Denkmal noch an zusätzlicher Botschaft vermitteln?
Wie man weiß, stellten sich selbst die Berliner so eine Frage. Im Grunde sind beide Wettbewerbe gescheitert, weil sich im Ergebnis nichts anderes spiegelte als die neblige Vorstellung einiger spendabler Politiker, der Herbst 1989 brauche unbedingt noch zwei große Denkmäler. Als Leipzigs Verwaltungsspitze dann auch noch den künstlerischen Formenkanon bis zur völligen Formlosigkeit einengte, war eigentlich klar, dass es keine befriedigenden Wettbewerbsergebnisse geben würde – außer für eine mit Politikern besetzte Jury, die sich genauso plakativ entscheiden würde, wie alle politischen Jurys der vergangenen 150 Jahre. Man wollte keine neue Germania – und bekam wahlweise bunte Klötzchen oder Apfelbäume.
Aber man vermied mit Bergen fauler Ausreden das, was ausgerechnet die Linksfraktion immer wieder beantragte: eine Befragung der Leipziger. Selbst die kurzfristige Öffnung des Wettbewerbs für so eine Art Alibi-Bürgerbeteiligung diente am Ende nur dazu, die eigene Nicht-Haltung zu bestätigen und quasi die LVZ-Leser in ihrer Altersweisheit darüber abstimmen zu lassen, ob Apfelbäumchen nun beliebter sind als bunte Klötzchen. Das Ergebnis war zu erwarten. Eine gelungene Kampagne.
Die aber dem ganzen euphorischen Versuch, hier irgendjemandem ein Denkmal zu setzen, letztlich die Glaubwürdigkeit entzog.
So kann man das Ergebnis der oben zitierten Frage werten, das jetzt im Bericht zur „Bürgerumfrage 2015“ steht.
Nur noch 37 Prozent der befragten Leipziger halten so einen Gedenkort für sehr oder eher wichtig. 40 Prozent finden so etwas (eher) unwichtig.
Was nur so hart klingt, wenn man die schon vorhandenen Orte einfach ausblendet. 22 Prozent der Befragten haben „teils/teils“ angekreuzt, was dann eigentlich schon so eine Art Achselzucken ist: Was wollen die denn jetzt noch? Es ist doch alles da, was Leipzig braucht! Besseres hat keine andere Stadt zu bieten, auch Plauen nicht, das gern erwähnt wird, wenn es um so ein Denkmal für die Friedliche Revolution geht.
Erwerbstätige finden so einen Gedenkort mit 41 Prozent noch eher wichtig als Arbeitslose mit 27 Prozent, Hochschulabsolventen mit 44 Prozent etwas wichtiger als Leipziger mit Berufsausbildung (36 Prozent).
Aber über alle Altersgruppen und Einkommensgruppen ist die Skepsis, ob es so ein (neues) Projekt noch braucht, unübersehbar. Und das bei einer Fragestellung, die nur vage nach dem Projekt eines Freiheits- und Einheitsdenkmals fragt. Die direkte Frage danach hat Leipzigs Verwaltung sichtlich gescheut – wohl in der berechtigten Erwartung, dass die Zustimmung der Leipziger dabei noch viel geringer ausfällt.
Jetzt schwebt das Ding wieder in so einem Raum von „es könnte ja vielleicht doch gehen, wir müssen sie nur überreden“.
Obwohl die Zahlen eigentlich sagen: Beendet die Farce nun endlich. In einer Stadt, in der Alles an die Friedliche Revolution erinnert, gibt es wirklich wichtigere Dinge, die getan werden müssen. Eine ähnliche Frage hat die Stadtverwaltung übrigens auch schon 2011 gestellt, als zum ersten Mal die Skepsis in Teilen der Bevölkerung spürbar wurde und über die seltsamen Standortvorschläge der Stadtspitze diskutiert wurde.
Bei der Frage nach der Bedeutung so eines Denkmals für die Stadt bekam man damals immerhin eine große bis sehr große Zustimmung von 54 Prozent der Befragten. Der Vergleich zeigt also, wie viel Vertrauen die Denkmalsakteure mit ihrem Vorgehen bei den Leipzigern verspielt haben. Und zwar in einer Phase, in der die Mehrheit der Leipziger durchaus bereit war, das Denkmal haben zu wollen. Aber nicht nur mit den harschen Absagen an die Linke machte Leipzigs Verwaltungsspitze deutlich, dass sie niemandem mehr misstraut als den eigenen Bürgern.
Da hat man also sichtlich aus der Geschichte sehr wenig gelernt. Aber das sind die Leipziger ja gewohnt.
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