Leipzig wächst nicht (mehr) nur, weil lauter junge Leute zur Ausbildung herkommen oder Menschen aus anderen Ländern hier eine neue Heimat suchen. Es wächst mittlerweile auch, weil komplette Familien mit Sack und Pack in die große Stadt ziehen. Und da bringen sie natürlich ihre Kinder mit. Jahrelang hat diese Art Zuzug in der Leipziger Statistik gar keine Rolle gespielt.

Im Gegenteil: Der Anteil von jungen Menschen bis 18 Jahre ging permanent zurück. Erst 2007 wurde die Talsohle erreicht mit 62.136. Das ist gar nicht lange her. Das ist auch noch die Zeit, in der in Leipzig mit bangem Blick auf das steigende Durchschnittsalter der Leipziger geschaut wurde. Demografische Entwicklung hieß auch in den Reden der Stadtpolitiker fast immer: Überalterung. Deswegen lag der eigentliche Blick im Stadtumbau eher auf Barrierefreiheit. Es wurden Schauwohnungen für Senioren eröffnet. Vermietungsgesellschaften sprachen sogar gezielt die „Silverager“ an und priesen das Balkonleben als die schöne Zukunft urbaner Lebenslust.

Doch ab 2008 schlug der Schrecken zu, wurde Leipzigs Verwaltung völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Denn die Geburten, die sich in den Vorjahren wieder über 4.000 stabilisiert hatten, sprangen über die 5.000er-Marke. Eigentlich nicht allzu heftig. Doch gleichzeitig ging der Wegzug junger Menschen zurück. Auf einmal entstand ein Wanderungsplus nicht irgendwo, sondern bei Kindern und Jugendlichen. Mit der Zuwanderung hatte Leipzig auf einmal Zuwächse gerade bei den jungen Menschen von 1.500, 2.000, 2.500 im Jahr.

Das geht jetzt so seit Jahren, stellt Andreas Martin in einem entsprechenden Beitrag im Quartalsbericht I/2016 fest. Und das hat natürlich Folgen. Denn mit diesem sich verstärkenden Zuwachs kamen seither alle Leipziger Planungen für Kita- und Schul-Zubauten ins Straucheln.

Das Ergebnis in Zahlen heißt: Von den 62.136 jungen Menschen im Jahr 2007 stieg die Zahl auf 72.974 im Jahr 2012, 80.198 im Jahr 2014 und nunmehr 85.396 im Jahr 2015. Dafür haben auch die Geburtenzahlen von über 6.000 seit 2014 gesorgt. Aber nicht nur. Denn was Andreas Martin feststellt, ist, dass die jeweiligen Geburtsjahrgänge eben nicht nur aus den in Leipzig Geborenen bestehen, sondern insbesondere seit 2012 auch zu einem wachsenden Anteil aus Kindern und Jugendlichen, die mit ihrer Familie nach Leipzig kamen. 2015 natürlich besonders verstärkt durch die Kinder, die mit den Asylsuchenden in die Stadt kamen.

Und mittlerweile sind sämtliche Altersjahrgänge zwischen 22 und 55 Prozent stärker als noch im Jahr 2006.

Einzige Ausnahme: die 16- bis 18-Jährigen, den beiden Jahrgängen, die noch zu den geburtenschwächsten Ende der 1990er Jahre gehören. Und die Altersgruppe wird auch noch nicht durch ein Wanderungsplus verstärkt. Denn die Lehrausbildung machen ja die meisten jungen Leute in ihrer Heimatregion. Das große Wandern beginnt ja erst, wenn die Abiturienten ihre Zeugnisse in der Tasche haben und zum Studium in die Stadt kommen.

Die Stadt wird  also auf vielerlei Weise verjüngt. Und der Wanderungssaldo der 0- bis 18-Jährigen hat sich von 185 im Jahr 2010 mittlerweile auf 1.985 erhöht. Die Stadt ist also eindeutig das Lebensmodell für junge Familien mit ihren Kindern – egal, wo sie herkommen.

Was nicht heißt, dass alle Stadtteile gleichermaßen „jung“ werden. Den höchsten Anteil von Kindern unter 6 Jahren findet man heute in Schleußig mit 9,4 Prozent, gefolgt von Ortsteilen wie Lindenau (8,9 Prozent), Seehausen (8,8 Prozent), Waldstraßenviertel (8,7 Prozent), der Südvorstadt (8,2 Prozent) und Gohlis-Mitte (8,1 Prozent). Der Stadtdurchschnitt liegt übrigens bei 6,2 Prozent.

Und wenn die Prognosen zutreffen, die Leipzig Geburtenzahlen über 7.000 und 8.000 im Jahr verheißen, wird das so weitergehen.

Außer, der Investitionsstau sorgt dafür, dass nichts mehr geht.

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