Alle drei Jahre macht sich das Prognos Institut die Mühe und rechnet für 402 deutsche Kreise und Kreisfreie Städte so eine Art Dynamik- und Stärke-Ranking aus. Das kennt man auch aus diversen anderen Instituten. Zumindest haben solche Rankings den Vorteil: Jedes Mal gibt’s neue Gründe zum Staunen. Zum Beispiel über die mächtig gewaltige Dynamik, mit der jetzt Leipzig aus dem Keller prescht. Um 197 Plätze hat sich Leipzig seit 2004 verbessert, führt damit die Rangliste der Aufsteigerstädte an.

Aber was heißt hier eigentlich Aufsteiger? Jetzt gestehen die Prognos-Rechner Leipzig zwar so einen netten Platz 137 zu. Aber Dresden scheint mittlerweile in völlig anderen Regionen mit Rang 28, selbst Jena mit 35 oder Potsdam mit 85. Dass all diese Rankings natürlich nicht wirklich viel Sinnvolles enthalten, das haben wir oft genug geschrieben.

Auch dass in der Regel immer wieder dieselben Städte und Regionen in der Spitzengruppe landen (München & Umgebung), weil immer wieder wesentliche Faktoren wie BIP, Einkommen, Patentanmeldungen oder „Anzahl der Top 500 Unternehmen“ eine Rolle spielen. Die bündeln sich bei Prognos mehr oder weniger in einer Wertung „Stärke“. Und da wird natürlich deutlich, worin sich Leipzig nach wie vor heftig von der gesamten Konkurrenz unterscheidet:

Leipzig ist arm. Richtig arm.

Bei Wohlstand weist ihm Prognos nur den müden Platz 386 zu. Hier fließt die Kaufkraft mit ein, die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, die Schuldenlast der Kommune, die Kriminalitätsrate. Passt zwar alles nicht unbedingt zusammen, aber lässt zumindest ahnen, dass die Stadt eigentlich die Rendite nicht erwirtschaftet, mit der Zukunftsinvestitionen getätigt werden müssten.

Oder um es einmal so zu sagen: Die Dynamik in der Entwicklung ist eher ein Ergebnis, das die Stadt aus sich heraus nicht erzeugen konnte. Und die größte Zugkraft entfaltet sichtlich die demografische Entwicklung. Da ist Leipzig deutschlandweit die Nr. 1. Das zieht dann den Rest irgendwie mit. Was zumindest interessant ist zu wissen, dass Arbeitsplätze eben nicht nur dort entstehen, wo das fette Geld sitzt.

Warum aber Leipzig derart wächst, verrät die Prognos-Tabelle natürlich nicht.

Natürlich wird dann in der Karte, wo jedem Chancen-Level eine Farbe zugewiesen ist, sichtbar, wie sehr sich einige wenige Großstädte im Osten zu Wachstumsinseln entwickelt haben, während der größte Teil Ostdeutschlands im Blau der Chancenlosigkeit zu ertrinken droht. Es ist so eine Art „Rette sich wer kann“-Effekt. Wenn man es denn so interpretiert und nicht die Chancen gerade in dieser zunehmenden Fixierung auf die Metropolkerne sieht, von denen es im Osten genau vier gibt: Berlin mit Potsdam, Dresden, Jena mit Erfurt und dann Leipzig, das wahrscheinlich die Schwesterstadt Halle mitziehen könnte, wenn nur die beiden zuständigen Regierungen endlich an einem Strang ziehen wollten.

Denn im Osten geht es vor allem um knappe Ressourcen und die Frage: Wie stärkt man die Region, wenn man sich auch nach 25 Jahren Marktwirtschaft immer noch keinen Speck angefuttert hat? Denn das mit dem fehlenden Kleingeld im Portemonnaie geht ja nicht nur in Leipzig so, das ist im kompletten Osten so. Da muss man seine Kräfte bündeln und Wachstumsknoten stärken. Denn die sind es letztlich, an denen all das nach und nach andockt, was „Zukunft“ bringt – innovative Unternehmen, Dienstleister, Forschungseinrichtungen.

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