Der Februar ist rum, die neuen Arbeitslosenzahlen liegen vor. Und siehe da: Leipzigs Arbeitsmarkt verändert sich deutlich. Dass die Arbeitslosenzahlen im Winter steigen, ist nichts Neues. Neu ist aber, dass sie statistisch im Februar 2016 in Leipzig sogar gesunken wären, trotz Schnee und Eis. Aber jetzt kommen Asylbewerber, die in Leipzig ein Obdach gefunden haben, auch auf dem Arbeitsmarkt an. Das sorgt für Herausforderungen.
„Die Arbeitsmarktentwicklung präsentiert sich weiter besser als noch vor einem Jahr, auch wenn der typische saisonale Anstieg im Winter die Zahlen etwas nach oben trieb“, erklärte die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit, Reinhilde Willems, am Dienstag, 1. März, bei der Vorstellung der neuen Zahlen. „Alle Signale lassen eine Frühjahrsbelebung am Markt erwarten, die wieder zu einer deutlichen Senkung der Arbeitslosigkeit führen wird. Der leichte Anstieg der arbeitslos gemeldeten Ausländer ist auf die Zuwanderung aus Flucht und Asyl zurückzuführen.“
Denn wenn man die 176 Ausländer abzieht, die sich seit Januar neu bei der Arbeitsagentur angemeldet haben, würde sogar ein leichtes Minus in der Arbeitslosenstatistik stehen: – 7. Was ja eindeutig heißt: Der Arbeitsmarkt ist selbst in den Wintermonaten aufnahmefähig. Und wenn die Bewerber jung sind, sieht die Agenturvorsitzende auch gute Vermittlungschancen für die jetzt neu registrierten Ausländer. Und die meisten sind jung.
Reinhilde Willems: „Wir sind seit Monaten in engem Kontakt mit allen Akteuren in Leipzig, die sich um geflüchtete Menschen kümmern, und werben auch aktiv für eine frühe Beratung durch die Arbeitsagentur und das Jobcenter. Wir stellen fest, dass die Leipziger Arbeitgeber sehr offen für die Bewerber aus dieser Personengruppe sind. Die ersten operativen Erfahrungen zeigen aber auch, dass die Menschen erst Schritt für Schritt an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt herangeführt werden müssen und die deutsche Sprache als Fundament bei den meisten noch fehlt.“
Was dann zwar dazu führt, dass die ausländischen Neubewerber zwar in der Statistik auftauchen, oft aber noch in „fremden“ Weiterbildungsangeboten stecken – zum Beispiel Deutschkursen. Aber auch die Arbeitsagentur hat ihre Angebote verstärkt.
„Dennoch sind wir zuversichtlich, dass wir die überwiegend jungen Menschen fit machen können für Arbeit und Ausbildung. Entsprechende Angebote stehen für Leipzig seitens Arbeitsagentur und Jobcenter zur Verfügung“, sagt Willems. „Neben den rund 1.700 Einstiegskursen, die die Agentur im letzten Quartal 2015 für den ersten Spracherwerb angeboten hat, wurden die Qualifizierungsangebote erweitert, damit berechtigte, zugewanderte Menschen ebenfalls daran teilnehmen können und mit den Kammern wurden spezifische Module entwickelt, die die Besonderheiten des Personenkreises berücksichtigen. Dafür stehen zusätzliche Mittel zur Verfügung. Die Förderung arbeitsfähiger Flüchtlinge wird also nicht zulasten der weiteren Arbeitslosen in Leipzig gehen. Jeder arbeitslose Leipziger wird, wenn nötig, bei der Arbeitsmarktintegration gefördert. Wichtig für uns ist, dass daraus neue Chancen für die Menschen entstehen und die Leipziger Wirtschaft die gesuchten Arbeitskräfte bekommt.“
Gegenüber Februar 2015 gab es im Vergleich sogar einen Rückgang der Arbeitslosigkeit um 830 Menschen.
Insgesamt waren 27.897 (Vormonat 27.724) Männer und Frauen in Leipzig arbeitslos gemeldet. Der Anstieg im Vergleich zum Januar betrug 173 Personen.
In den Altersgruppen gab es eine unterschiedliche Entwicklung. Bei den jungen Leuten stieg sie an, bei den Älteren sank sie. Der Anstieg bei den unter 25-Jährigen betrug + 257, insgesamt gibt es derzeit 2.337 Arbeitslose in dieser Altersgruppe, das sind 72 mehr als vor einem Jahr.
Und auch das hat mit den Asylbewerbern zu tun, denn viele der Neuankömmlinge gehören in die Gruppe der unter 25-Jährigen, genau denen, die sich die meisten Chancen ausrechnen konnten, sich in Deutschland neu zu orientieren und die entsprechenden Weiterbildungen schaffen zu können. 4.061 Ausländer sind gegenwärtig in Leipzig arbeitslos gemeldet. Das waren 176 mehr als im Januar 2016 und 703 mehr als im Februar 2015.
Der Rückgang bei den über 50-Jährigen lag bei – 98, damit waren im Februar 8.313, 430 weniger als vor einem Jahr, arbeitslos gemeldet.
Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im zurückliegenden Monat in Leipzig leicht zurückgegangen. Gegenüber dem Vormonat sank sie um 32 auf 8.909. Im Vergleich zum Februar 2015 gab es 135 Langzeitarbeitslose weniger.
Und da auch die Asylbewerber in das bürokratische deutsche Verwaltungssystem der Arbeitslosen eingegliedert werden, verwandeln sie sich (womit sie in Syrien oder Afghanistan wohl nie gerechnet hätten) in „Bedarfsgemeinschaften“.
Die Zahlen zu diesem Kapitel:
Im Februar waren 6.448 Menschen im Rechtskreis SGB III in der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet. Das waren 117 weniger als im Vormonat und 313 weniger als im Februar 2015.
Im Rechtskreis SGB II („Hartz IV“) waren 21.449 Menschen im Jobcenter Leipzig arbeitslos registriert. Das waren 290 mehr als im Januar 2016 und 517 weniger als vor einem Jahr. 76,9 Prozent aller arbeitslosen Leipziger wurden vom Jobcenter und 23,1 Prozent von der Arbeitsagentur Leipzig betreut. In Leipzig gab es im Februar 40.594 Bedarfsgemeinschaften. Das sind 251 mehr als im Vormonat und 1.165 weniger als im Februar des Vorjahres. Das Jobcenter Leipzig betreut aktuell 50.533 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat betrug dort der Anstieg 304. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl um 1.438 Personen.
Und der Blick auf die Arbeitsmarkt-Wetterlage:
Beim Zugang an offenen Arbeitsstellen verzeichnete der gemeinsame Arbeitgeberservice von Arbeitsagentur und Jobcenter Leipzig im Februar einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vormonat. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 2.344 freie Stellen, das waren 712 mehr als im Januar (1.632) und 784 mehr als vor einem Jahr, zur Besetzung gemeldet. Womit aktuell über 5.000 freie Stellen angeboten werden. Das ist selbst für das jüngere, wachsende Leipzig zumindest erwähnenswert.
„Diese Entwicklung spricht die deutliche Sprache der Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt. Jetzt kommt es darauf an, dass diese positive Entwicklung auch bei den Arbeit suchenden Menschen ankommt“, so Willems. Denn nicht immer passen ja die Bewerber zu den angebotenen Stellen. „Anforderungsprofile von Stellen und Bewerbern passen oft nicht ausreichend zusammen. Mein Appell deshalb an Arbeitgeber und Arbeitnehmer, seien Sie mutig und gehen Sie neue Wege. Der gemeinsame Arbeitgeberservice von Arbeitsagentur und Jobcenter Leipzig berät Sie gerne zu den finanziellen Unterstützungen bei der Einstellung.“
Und welche Branchen bauen eigentlich die ganze Zeit Arbeitsplätze auf?
Das sind (zumindest nach dem Stand Juni 2015) weiterhin das verarbeitende Gewerbe, die wirtschaftlichen Dienstleister, Verkehr und Lagerei – mit Abstand gefolgt von Handel und Instandhaltung, Gastgewerbe und Sozialwesen. Eine wachsende Stadt braucht eine Menge fleißige Hände. Jetzt müssen die Akteure beweisen, wie ernst sie es meinen, auch die in Leipzig heimisch werdenden Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Zum statistischen Zähltag im Februar betrug die Arbeitslosenquote in der Stadt Leipzig 9,7 Prozent (Vormonat: 9,6 Prozent). Im Februar 2015 lag sie noch bei 10,2 Prozent.
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