Im vorangegangenen Teil hat sich Klaus Richard Grün schon ein wenig mit den wichtigsten Personalien beim Sächsischen Rechnungshof beschäftigt und war zum Zwischenergebnis gekommen, dass fachliche Qualifikation in Finanzdingen augenscheinlich nicht das wesentliche Kriterium bei der Bestezung der Posten ist. Aber was ist es dann?
Braucht der Hase im Pfeffer nur das richtige Parteibuch?
Gemäß der Verfassung des Freistaates wird der Präsident des Sächsischen Rechnungshofes (SRH) vom Landtag auf Vorschlag des Ministerpräsidenten mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gewählt wird. Der Vizepräsident wird vom Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Präsidenten des Rechnungshofes mit Zustimmung des Landtages ernannt. Karl-Heinz Binus wurde 2007 von Franz Josef Heigl dem damaligen Ministerpräsidenten Georg Milbradt CDU (2003 bis 2010) vorgeschlagen und mit Zustimmung des Landtages als Vizepräsident des SRH ernannt. Auf Vorschlag von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wurde er 2010 zum Präsident des SRH gewählt.
Was kann Georg Milbradt bewogen haben, ein für diese Tätigkeit unbeschriebenes Blatt als Vizepräsident der obersten Finanzkontrollbehörde des Freistaates vorzuschlagen? Fachkenntnisse über die Finanzkontrolle können es unmöglich gewesen sein. Was war es dann? Hier liegt der Hase im Pfeffer!
Weshalb hat das Parlament diesen mehr als fragwürdigen Personalvorschlag zugestimmt? Haben Traumtänzer im Parlament gesessen? War es ein „kleines“ Dankeschön an die Blockpartei CDU der DDR? Welche Kader dieser Blockpartei hatten an dieser Personalentscheidung mitgewirkt? Welcher Teufel hat Stanislaw Tillich (CDU) bezüglich dieses Vorschlages geritten? Sollte damit die unbedeutende Rolle des SRH für mindestens weitere 12 Jahre (=Amtszeit des Präsidenten) zementiert werden? Sollte der SRH von der CDU als ihr „Machtinstrument“ weiter stabilisiert werden? Weshalb haben die anderen Parteien im Landtag dieses leicht durchschaubare Manöver nicht verhindert? Waren es u.a. deren miserable Kenntnisse über die Kontrolle der Steuergelder?
Ich lasse ich mich durchaus von Argumenten überzeugen, die meine Gedanken, Fragen, Vorwürfe als Hirngespinste entlarven. Bisher gab es dazu nicht die Spur eines Anlasses. Das Gegenteil war der Fall. Die Gedanken sind frei.
Gemäß § 97 Sächsische Haushaltsordnung (SäHO) fasst der SRH das Ergebnis seiner Prüfung, soweit es für die Entlastung der Staatsregierung von Bedeutung sein kann, jährlich für den Landtag in einem Jahresbericht zusammen, die er dem Landtag und der Staatsregierung zuleitet. Darin ist insbesondere mitzuteilen, ob die in der Haushaltsrechnung und dem Vermögensnachweis und die in den Büchern aufgeführten Beträge übereinstimmen und die geprüften Einnahmen und Ausgaben ordnungsgemäß belegt sind, in welchen Fällen von Bedeutung die für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden Vorschriften und Grundsätze nicht beachtet worden sind und welche Maßnahmen für die Zukunft empfohlen werden.
Wunder der Neuzeit: die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (LZB)
Der SRH ist seit 2013 dazu übergegangen, den Jahresbericht in zwei Bänden herauszugeben. Band I enthält Ausführungen zum Haushaltsplan, zum Haushaltsvollzug sowie zur Haushaltsrechnung der Staatsverwaltung sowie zu Prüfungsfeststellungen und Band II dokumentiert Ergebnisse der überörtlichen Prüfungen in den Gebietskörperschaften.
Der Jahresbericht 2015, Band I, enthält auf den Seiten 133 bis 136 Darlegungen zur Prüfung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (LZB), die der Freistaat Sachsen 1991 als nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet hat. Gemäß einer Verwaltungsvorschrift hat die LZB insbesondere auf eine Abstimmung und Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen und freien Trägern der politischen Bildung hinzuwirken, öffentliche Veranstaltungen der politischen Bildung durchzuführen, die politische Bildungsarbeit durch Publikationen, Bücher und Filme zu unterstützen sowie Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse zu sammeln und diese für die politische Bildung nutzbar zu machen.
Im Ergebnis der Prüfung wurde festgestellt, dass deren politische Bildungsarbeit stärker am aktuellen gesellschaftlichen Geschehen ausgerichtet werden sollte. Einige Veranstaltungen, die vorrangig der Vermittlung anderweitiger Bildungsinhalte dienten, waren nicht durch den gesetzlichen Bildungsauftrag gedeckt. Politische Bildung konnte der SRH besonders bei heimatkundlichen Themen wie „Schlösser am Rhein“, „Mühlen am Klosterwasser“, „Grenzsteine“ oder auch bei „Die sieben Weltwunder der Neuzeit“ nicht oder nur ansatzweise erkennen. Die LZB unternahm 2013 und 2014 jeweils achttägige Studienreisen nach Tunesien, „Auf den Spuren der Arabellion“. Die Vorbereitung für insgesamt 49 Mitreisende war sehr aufwendig und band einen erheblichen Teil der Haushaltsmittel für Veranstaltungen. Die Auswahl von Teilnehmern unterlag keinen nachvollziehbaren Regelungen.
Ein Rechungshof gibt Bildungsempfehlungen
Weitere derartige Feststellungen veranlassten den SRH zu folgenden mitreißenden Hinweisen: „Da politische Bildung aufgrund zunehmender Geschwindigkeit des gesellschaftlichen Wandels einem ständigen Aktualisierungserfordernis unterliegt, muss die Landeszentrale jederzeit in der Lage sein, auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren, Schwerpunkte zu verlagern oder neue Themen zu erschließen, Veranstaltungs- und Lernformen wie z. B. das fishbowl1 und andere Lernorte zu erproben und zu verändern. Mit ihrem Angebot erreichte die Landeszentrale vorzugsweise ohnehin politisch und kulturell interessierte Bürger mit hohem Bildungsniveau. Auf schwer erreichbare, politik- und bildungsferne Bevölkerungsschichten im erwerbsfähigen Alter muss die Landeszentrale verstärkt zugehen. Dabei sollte sie darauf achten, auch außerhalb der Reichweite von Multiplikatoren die gebotene Breitenwirkung zu erzielen.
Die Landeszentrale veranstaltete aus Anlass der Demonstrationen, die sich in Dresden ab Oktober 2014 zum Widerstand gegen die deutsche und europäische Einwanderungs- und Asylpolitik formierten, im Januar 2015 mehrere Diskussionsabende. Diese Veranstaltungen stießen auf großes öffentliches Interesse und umfassten einen sehr breiten Teilnehmerkreis. Neben der Landeszentrale arbeiten eine Vielzahl von Behörden, Einrichtungen und Körperschaften in Sachsen in staatlicher, kommunaler, kirchlicher oder freier Trägerschaft an Programmen mit dem Ziel der Vermittlung demokratischer Grundwerte. Sie bilden ein dichtes Netz an Anlaufstellen und Aktivitäten und genossen teilweise Förderung durch den Freistaat Sachsen und andere Zuwendungsgeber.
Auf vielen Gebieten der Arbeit kam es zu Überschneidungen mit deren Angeboten und den Offerten kommerzieller Anbieter, zu denen die Landeszentrale auf dem Bildungsmarkt dann in Konkurrenz trat. Ein abgestimmtes Konzept der Zusammenarbeit und Abgrenzung hätte den Wirkungsgrad der politischen Bildungsarbeit insgesamt erhöht. Der SRH empfiehlt, die Anpassungsfähigkeit der Landeszentrale an sich ändernde gesellschaftliche Entwicklungen im Rahmen der zugewiesenen Mittel zu erhöhen, Möglichkeiten zur Zielgruppenerweiterung für die Anstalt zu finden und zu nutzen, die LZB im Zusammenwirken mit anderen Trägern der Bildungsarbeit zu einem Impulsgeber mit stärker koordinierender Tätigkeit weiterzuentwickeln. Dazu ist eine Bestandsaufnahme und Neujustierung innerhalb einer Gesamtkonzeption zur politischen Bildungsarbeit in Sachsen notwendig.“
Was haben diese Darlegungen mit der Kontrolle der von der LZB bewirtschafteten Gelder zu tun? So gut wie nichts! Das Arbeitsmotto des SRH – wer schreibt, der bleibt. So leicht ist es, 2 Bände mit vielen Belanglosigkeiten zu füllen. Dieses Beispiel soll dafür ausreichen.
Rechnungsprüfungsämter in den Gemeinden: Ein Lieblings-Sparobjekt der Bürgermeister
Die Entwicklung der Kommunalprüfung in Sachsen wurde im Jahresbericht 2013, Band II (Seiten 75 bis 81) thematisiert. Dazu zählt die örtliche Rechnungsprüfung, die durch die Rechnungsprüfungsämter in den Gebietskörperschaften erfolgt. In Sachsen haben zwingend alle Landkreise ein Rechnungsprüfungsamt (RPA) einzurichten. Städte/Gemeinden ab 20.000 Einwohner haben ein RPA einzurichten, sofern sie sich nicht eines anderen kommunalen RPA bedienen. Städte/Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern haben noch weitere Möglichkeiten, die örtliche Rechnungsprüfung sicherzustellen.
Laut der Erhebung des SRH hatten 2012 alle 10 Landkreise und 21 von den 22 Städten über 20.000 Einwohner ein eigenes RPA. Seit dem Jahr 2006 wurde der Personalbestand dieser Ämter erheblich reduziert. Allein bei 6 Städten, darunter eine Stadt mit 28.970 Einwohnern, war in diesen Ämtern lediglich eine Person für diese Aufgaben zuständig. Der SRH übte berechtigte Kritik an dieser fortschreitenden Reduzierung der kommunalen Prüfungseinrichtungen. Er empfahl, den Fortbestand der Prüfungseinrichtungen mit einer angemessenen Personalausstattung zu sichern.
Über den unbestimmten Rechtsbegriff „angemessen“ rege ich mich schon gar nicht mehr auf. Doch weshalb unterbreiten diese hochbezahlten Beamten des Kollegiums nicht einmal einen Vorschlag für eine längst überfällige Reform der kommunalen Finanzkontrolle, um u.a diese Personalprobleme zu kompensieren? Weshalb wurde die unterbliebene Festlegung zur Mindestausstattung der RPA nicht kritisiert? Weshalb wurde nicht darauf hingewiesen, dass weder die Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung Meißen, noch die Universitäten in Sachsen, wo Finanzwissenschaften gelehrt werden (u.a. Uni Leipzig), nicht gewillt sind bzw. keine Notwendigkeit sehen, Finanzprüfer auszubilden, was dringend erforderlich ist?
Womit man dann zu einem schönen Thema gelangt, das auch Stadt- und Kreisräte eigentlich interessieren sollte: Wer prüft denn dann eigentlich die ganzen in Auftrag gegebenen Bauleistungen, wenn die Kommune nur einen einsamen Rechnungsprüfer bezahlt? Schöne Frage, nicht wahr? Mehr dazu morgen an dieser Stelle.
Buchtipp: Klaus Richard Grün „Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2012, 22 Euro
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