Wer ein kleines oder mittleres Unternehmen in Sachsen betreibt, der weiß, mit welcher Emsigkeit die Finanzämter hinterher sind, die Steuern einzutreiben. Lieber kassieren sie schon mal vorab die Steuern, um sicherzugehen, dass dem Staat nichts entgeht. Und trotzdem entlarven Sachsens Steuerprüfer jedes Jahr hunderte von Fällen von Steuerhinterziehung. Auch 2014. Mit neuem Spitzenwert.
Und das kann direkt mit einem Ankauf sogenannter “Steuer-CDs” zu tun haben, an denen sich der Freistaat Sachsen 2013 beteiligt hat. Die Summe, die der Freistaat als hinterzogene Steuern bilanzierte, fällt auch deshalb auf, weil die Zahl der Anzeigen wegen Steuerhinterziehung nicht wirklich zugenommen hat. Zwischen 10.000 und 12.000 solcher Anzeigen werden in den drei sächsischen Finanzdirektionen jedes Jahr registriert. Die meisten entpuppen sich als reine Bagatellverfahren, die nicht mal eine Strafanzeige wert sind. Sie münden nicht einmal in eine Strafandrohung.
Und von denen, die dann in den Bereich des Strafrechts rücken (2014 waren es rund 2.000 – also knapp jeder fünfte Fall), entpuppen sich fast die Hälfte jedes Jahr als geringfügige Fälle und die Strafverfahren werden entsprechend eingestellt – die “Steuerhinterzieher” haben schlicht nicht das Geld verdient, um ihre Steuern zu bezahlen. Fast ebenso viele Fälle werden nach § 153a Strafprozessordnung eingestellt. Und auch hier geht es eher um Bagatellfälle, bei denen dann in der Regel die Staatsanwaltschaft entscheidet, dass sich hier eine Klageerhebung überhaupt nicht lohnt.
Was dann für das Jahr 2014 für die 11.412 insgesamt angezeigten Fälle von Steuerhinterziehung in Sachsen bedeutet, dass 11.112 Fälle nicht mal einer Strafverfolgung wert waren. Die Fallzahl haben wir in diesem Fall dem Jahr 2013 entnommen und die wirklich gerichtsrelevanten Fälle von 2014 abgezogen, in der Annahme, dass die angezeigten Fälle von 2013 im Jahr 2014 verhandelt wurden. Es kann auch größere Verschiebungen geben, wenn man bedenkt, dass Sachsens Gerichte unter einem erheblichen Bearbeitungsstau stehen. Aber in ungefähr wird die Relation stimmen: Nur rund 3 Prozent aller angezeigten Fälle von Steuerhinterziehung in Sachsen gehen wirklich über eine Bagatellgröße hinaus.
Und es ist anzunehmen, dass die vom Finanzministerium ermittelten Größenordnungen von Steuerhinterziehung sich im Wesentlichen auf die rund 300 Fälle beschränken, die dann tatsächlich jedes Jahr vor Gericht behandelt werden.
Da verblüffen die Größenordnungen natürlich schon. Nicht nur die von 2014, die die linke Landtagsabgeordnete Susanne Schaper jetzt abgefragt hat. Aus der letzten Landtagsperiode liegen ja auch die Zahlen für 2010 bis 2012 vor. Damals stiegen die von den sächsischen Finanzermittlern benannten Summen an hinterzogenen Steuern kontinuierlich an – von 19,4 Millionen Euro auf 22,4 Millionen Euro und schließlich im Jahr 2012 auf 26,9 Millionen Euro.
2013 gab es dann einen Bruch. Der ermittelte Gesamtbetrag sank auf 16,6 Millionen Euro. Vielleicht waren Sachsens Steuerprüfer da aber auch schon mit der Auswertung der angekauften Steuer-CDs beschäftigt. Denn über einen exorbitanten Ausbau der Prüfungsabteilungen in den drei Finanzdirektionen hat ja das Finanzministerium nichts berichtet. Die Arbeit mussten also die verfügbaren Finanzprüfer erledigen. Das Ergebnis wurde dann 2014 gerichtsnotorisch, wie Susanne Schaper nun erfuhr: Die ermittelte Hinterziehungssumme erhöhte sich sprungartig auf 35,3 Millionen Euro.
Das kann man möglicherweise auf die 290 rechtskräftigen Strafbefehle herunterrechnen. Aber das lassen wir mal lieber, denn einen wirklichen Endbericht zum Ankauf der CDs und deren Prüfung hat ja der Finanzminister noch nicht vorgelegt. Es kann also sein, dass die Auswertung noch gar nicht abgeschlossen ist und auch noch nicht alle relevanten Fälle bei Gericht angezeigt wurden. Ob das so ist und dieser Ankauf noch weitere Auswirkungen hat, wird man dann an den Zahlen von 2015 möglicherweise ablesen können. Aber die gibt es logischerweise erst 2016.
Als Fazit bleibt, dass es augenscheinlich auch in Sachsen ein paar schwerreiche Zeitgenossen gibt, die in der Vergangenheit alle Möglichkeiten zur “Steueroptimierung” genutzt haben. Viele haben seit 2010 wahrscheinlich – auch befeuert durch Fälle wie den von Uli Hoeneß – die Möglichkeit zur Selbstanzeige genutzt.
Aber wo nun die ganzen schwarzen Schafe wohnen – und es müssen ja nach den vor Gericht verhandelten Zahlen einige hundert sein – das wird der sächsische Normalsteuerzahler wohl nie erfahren. Denn: “Aufzeichnungen über die Zuordnung der Anzeigen zum jeweiligen Veranlagungsfinanzamt werden statistisch nicht erhoben.”
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“Denn über einen exorbitanten Ausbau der Prüfungsabteilungen in den drei Finanzdirektionen hat ja das Finanzministerium nichts berichtet. Die Arbeit mussten also die verfügbaren Finanzprüfer erledigen.”
Hinweis:
Es bedarf auch in Sachsen nicht mehr Steuerfahnder. Es muss endlich die Zentrale Steuerfahndung der BRD her. Doch dagegen wehren sich die Bundesländer bzw. es gibt keine Initiativen zur Bildung der längst überfälligen Zentralen Steuerfahndung. Auch Sachsen will nichts ändern!!! Unfassbar, aber wahr.