Sie haben sich beide knapp gehalten: Susanne Schaper, die Sprecherin fรผr Sozial- und Gesundheitspolitik der Linksfraktion im Sรคchsischen Landtag, und Innenminister Markus Ulbig (CDU). Wie hoch sind die Sozialausgaben der Kreisfreien Stรคdte, fragte die eine. Der andere gab Antwort. Ein Thema, zu dem man eigentlich nicht mehr viel sagen muss. Die groรŸe Lรผgenblase, die Kommunen wรผrden mit der "Hartz IV"-Reform finanziell entlastet, hat sich genau als solche entpuppt.

In Wirklichkeit war es eine gewaltige Umverteilaktion von Kosten, die zuvor der Bund mit der Arbeitslosenbetreuung hatte, auf die Schultern der Kommunen. Und da der Bund dabei nur einen Teil der Summe mitfinanziert, steigen die Sozialkosten der sรคchsischen Kommunen sogar dann, wenn die offiziellen Arbeitslosenraten sinken.

Susanne Schaper hat eine gleichlautende Anfrage auch zu den Landkreisen gestellt. Aber wir bleiben hier mal bei den Kreisfreien Stรคdten, weil da nun einmal Leipzig mit drin steckt. Die Anfragen zu den Vorjahren hatte seinerzeit immer der Landtagsabgeordnete Dr. Dietmar Pellmann gestellt. Seine Kommentare, die er dazu jeweils abgab, kรถnnen auch fรผr 2014 so dastehen: Die Sozialkosten fressen die Handlungsspielrรคume der Kommunen auf.

345,8 Millionen Euro bescheinigt Markus Ulbig fรผr das Jahr 2014 der Stadt Leipzig als Sozialausgaben.

Was das bedeutet, macht der Vergleich mit Dresden deutlich: Die sรคchsische Landeshauptstadt musste nur 234,6 Millionen Euro fรผr die Sozialbelange ausgeben. Die Lรผcke von 110 Millionen Euro ist genau der Spielraum, den Dresden bei seinen Investitionen mehr hat als Leipzig. Wo Leipzig froh ist, 150 bis 160 Millionen Euro jedes Jahr investieren zu kรถnnen, kann Dresden jรคhrlich Investitionsplรคne fรผr 250 Millionen Euro auflegen.

Der Anteil der Sozialausgaben betrรคgt in Dresden so auch nur 20 Prozent an den โ€œordentlichen Aufwendungenโ€, in Leipzig dafรผr mehr als ein Viertel (27,3 Prozent).

Auch Chemnitz muss mehr als jeden vierten Euro (26,5 Prozent) fรผr Sozialausgaben beisteuern. Auch wenn die Gesamtsumme mit 144 Millionen Euro kleiner aussieht als der doppelt so groรŸe Leipziger Batzen โ€“ aber Leipzig ist ja auch doppelt so groรŸ und hat mehr als doppelt so viele Menschen in Bedarfsgemeinschaften.

Wie sehr die Kommunen durch die Sozialpolitik des Bundes zur Kasse gebeten werden, macht schon der Blick ins Vorjahr deutlich. Der Dresdner Sozialetat stieg binnen Jahresfrist von 217 auf 234 Millionen Euro. Und in Leipzig ging es โ€“ trotz fallender Arbeitslosenrate โ€“ ebenso weiter rauf mit den Sozialkosten: von 331 auf die erwรคhnten 346 Millionen Euro. Grรผnde fรผr die Entwicklung gibt es mehrere โ€“ die steigenden Kosten fรผr die Unterkunft gehรถren genauso dazu wie steigenden Kosten fรผr die zunehmende Zahl bedรผrftiger Rentner. Das โ€œSparmodellโ€ der Niedriglรถhne in den vergangenen 25 Jahren holt die Kommunen auch bei der Alterssicherung wieder ein.

Und zum echten Goldesel ist die Schrรถdersche โ€œAgenda 2010โ€ nur fรผr den Bund geworden, der seine Zuschรผsse insbesondere fรผr die Jobcenter รผber die vergangenen zehn Jahre immer weiter senken konnte.

Im โ€œHartz IVโ€-Jahr 2005 lag der Leipziger Sozialetat noch bei 229,6 Millionen. Da trรคumte selbst der Oberbรผrgermeister noch davon, dass mit dieser viel gepriesenen Schrรถderschen Agenda die Sozialbelastungen der Stadt endlich sinken wรผrden. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Bis 2010 stieg die Sozialbelastung der Stadt Leipzig auf 287,1 Millionen Euro (und รผberschritt damit erstmals die Schwelle von 25 Prozent an den Aufwรคndungen der Stadt). Fรผnf Jahre spรคter waren es noch einmal fast 60 Millionen Euro mehr. Die Belastungen steigen also ziemlich beharrlich, wรคhrend der Sockel der Bedรผrftigkeit einfach nicht abschmelzen will.

Und der Blick auf Dresden zeigt eben auch, dass daran die lokale Leipziger Politik nicht schuld ist. Sie leidet nur darunter, denn damit fehlt das Geld fรผr die drรคngenden Investitionen, die auch wieder zur sozialen Stabilisierung notwendig sind: Schulen, Kitas, Sozialwohnungen usw.

Die Kleine Anfrage von Susanne Schaper zu den Sozialausgaben der Kreisfreien Stรคdte.

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โ€œDas Wort Aufwendungen wird auch nach der Rechtschreibreform nur mit e geschrieben, da es sich um eine Substantivierung des Verbs aufwenden handelt. Anders verhรคlt es sich mit dem Adjektiv aufwendig/aufwรคndig, das sich sowohl von aufwenden als auch von Aufwand ableiten lรคsst und daher wahlweise mit e oder mit รค zu schreiben istโ€

Quelle:
Gesellschaft fรผr deutsche Sprache e.V.
http://gfds.de/aufwendungen-vs-aufwaendungen/

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