Statistische Landesämter neigen zu Zeitreisen. Bei Bevölkerungszahlen hängen sie in der Regel um etliche Monate hinterher (aktuell um neun), bei Zahlen der Wirtschaft und Steuereinnahmen sind es Jahre. Aktuell zwei Jahre. Aber im fernen Jahr 2013 steckt ja auch das Beschäftigungsjahr 2015 wie in einer Nuss. Die Richtung war klar: Der Motor läuft, der Arbeitsmarkt summt.
Und so langsam ist es auch nicht mehr erstaunlich zu sehen, wie sehr die Entwicklung des Arbeitsmarktes mit der demografischen Entwicklung in Sachsen zusammen hängt. Dass Sachsen nicht mehr schrumpft, wissen wir seit den Frühjahrszahlen von 2014. Sachsen ist auch für zuwandernde Fachkräfte wieder attraktiv. Aber da muss man dann den Zoom benutzen und sieht: Eigentlich sind es nur die drei Großstädte: sie haben das Bevölkerungswachstum. Und bei ihnen wächst auch die Zahl der Erwerbstätigen. In Dresden und Leipzig seit 2005, in Chemnitz seit 2012 auch. Bevölkerungs- und Beschäftigungswachstum gehören zusammen.
Genauso wie Bevölkerungsverlust und Beschäftigungsverlust in den Landkreisen zusammen gehören.
Deswegen sind auch nur die Großstädte die eigentlichen Arbeitsplatzmaschinen, auch wenn die Entwicklung in den Großstädten Leipzig und Dresden jetzt wieder befruchtend auf die angrenzenden Landkreise wirkt.
Das Landesamt für Statistik dazu: “Um 0,5 Prozent bzw. knapp 10.000 Personen stieg die Zahl der Erwerbstätigen in Sachsen im Jahr 2013 gegenüber 2012. Den höchsten Zuwachs an Erwerbstätigen verzeichnete dabei die Stadt Leipzig mit 2,2 Prozent bzw. 7.000 Personen, gefolgt vom Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit 1,2 Prozent bzw. 1.200 Personen und der Stadt Dresden mit 1,1 Prozent bzw. 3.500 Personen.”
Wobei die Regel gilt: Je weiter ein Landkreis von den Metropolkernen entfernt liegt, umso deutlicher wird der Verlust an Bevölkerung und an Erwerbstätigen: “Verluste mussten dagegen der Erzgebirgskreis und der Landkreis Zwickau mit 1,1 Prozent sowie der Vogtlandkreis mit 0,7 Prozent gegenüber 2012 hinnehmen. Nach Branchen zeigte sich auch aktuell, dass die Entwicklung in den Kreisfreien Städten und Landkreisen unterschiedlich ist. Während die Zahl der Erwerbstätigen im Produzierenden Gewerbe in den Kreisfreien Städten (+1,3 Prozent) und in den Landkreisen (+0,3 Prozent) anstieg, gab es dagegen in den Dienstleistungsbereichen nur bei den Kreisfreien Städten einen deutlichen Arbeitsplatzzuwachs (+1,5 Prozent). Die Landkreise zeigten einen Rückgang um 0,2 Prozent.”
So schrieben es die Landesstatistiker in dieser Woche. Wobei in der Dienstleistung auch der ganze Bereich unternehmensnahe Dienstleistungen und Arbeitnehmerüberlassung fällt. Und gerade Leipzig ist ja dafür bekannt, das in diesem Umfeld in den vergangenen zehn Jahren besonders viele flexible, aber auch prekäre Beschäftigungsverhältnisse entstanden sind.
Was Leipzig noch viel mehr als das vergleichbare Dresden zur Dienstleistungsstadt macht. Das wird an der Zahl von 89.100 Beschäftigten im Bereich “Grundstücks- und Wohnungswesen, Finanz- und Unternehmensdienstleister” sichtbar. Das sind 19.600 Personen mehr als in Dresden, wo dafür die Beschäftigtenzahl im Produzierenden Gewerbe mit 38.700 deutlich höher war als in Leipzig mit 27.600. Könnte man sagen: “Zeitarbeits-Hauptstadt” Leipzig.
Aber auch die Landesstatistiker in Kamenz sehen, wie eng die Entwicklung im Beschäftigtenmarkt mit der Bevölkerungsentwicklung in Sachsen zusammenhängt: “Betrachtet man die Entwicklung der Erwerbstätigenzahl langfristig, so konnten seit dem Jahr 2000 nur die Städte Leipzig und Dresden sowie geringfügig der Landkreis Mittelsachsen Gewinne verbuchen. Alle anderen Kreise verzeichneten Rückgänge, die im Vogtlandkreis und im Landkreis Görlitz am deutlichsten ausfielen. Dabei kam es sowohl in den Kreisfreien Städten als auch Landkreisen zu Verlusten im Produzierenden Gewerbe. In den Dienstleistungsbereichen stieg dagegen die Zahl der Erwerbstätigen in den Kreisfreien Städten erheblich, während in den Landkreisen die Entwicklung negativ ausfiel.”
Womit zumindest klar ist, wie sehr der Dienstleistungsbereich (besonders angetrieben von den Pflegedienstleistungen) der Wachstumsmarkt der Gegenwart ist. Aber wie gesagt: Es steckt auch eine Menge Leiharbeit darin. Und nicht nur das: Auch im Bereich “marginal Beschäftigte” ist Leipzig die eindeutige Nr. 1 in Sachsen. Nur so kommt Leipzig auf die Poleposition in der Zahl der Erwerbstätigen vor Dresden: Ein Teil des “Leipziger Jobwunders” steht zumindest für 2013 noch auf tönernen Füßen. Und das erklärt auch, warum die Durchschnittseinkommen der Leipziger deutlich niedriger lagen als in Dresden.
2012 lag das Leipziger Durchschnittseinkommen mit 16.647 Euro um rund 1.200 Euro unterm sächsischen Durchschnitt.
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