Dass Leipzig ab 1930 über 700.000 Einwohner hatte und mit Köln um Rang 4 der größten deutschen Städte nach Berlin, Hamburg und München kämpfte, dürfte den interessierten Leipzigern bekannt sein. Insbesondere nach der Wiedervereinigung Deutschlands sackte die Einwohnerzahl bis 1998 auf nahezu 437.000 ab. Seitdem geht es nach oben. Seit dem Zensus 2011 (durch den wurde die Einwohnerzahl Leipzigs stark nach unten korrigiert), geht es rasant nach oben. Die jährlichen Einwohnerzuwächse liegen bei rund 11.000 Personen.
Nimmt man an, dass dieser Trend anhält, kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Annahme von Oberbürgermeister Burkhard Jung Wirklichkeit wird, dass Leipzig bis 2020 auf Basis des Einwohnermelderegisters die Einwohnerzahl von 600.000 überschreitet. Laut Melderegister hatte Leipzig Ende 2014 knapp 552.000 Einwohner. Nimmt man für jedes der sechs bis 2020 folgenden Jahre einen durchschnittlichen Zuwachs von 11.000 Personen an, sind das zusammen 66.000 Einwohner. Die 600.000er Grenze wäre schon vor 2020 erreicht.
Was bedeutet das für den Rang Leipzigs unter den deutschen Großstädten? Schafft es die Stadt vom aktuellen Rang 11 wieder nach oben?
Eine Aussage dazu liefert die kürzlich von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte neue Fassung des Wegweisers Kommune im Kapitel Demographischer Wandel. Auf Basis der amtlichen Bevölkerungszahlen des Bundes und der Länder bis 2012 werden darin für alle Kommunen mit 5.000 und mehr Einwohnern vielfältige Ergebnisse bereitgestellt. Insbesondere werden Prognosewerte der Einwohnerzahlen für 2005 und 2030 genannt. Auf einfache Art ermöglicht dies einen Vergleich der Bevölkerungsentwicklung der 14 größten deutschen Städte mit über 500.000 Einwohnern (siehe Tabelle).
In den letzten Jahren lagen die Einwohnergewinne Leipzigs in absoluten Zahlen zwar deutlich unter denen von Berlin, München und anderen Städten, sie waren insgesamt jedoch überdurchschnittlich hoch, viel höher als bei allen Städten bis 600.000 Einwohner. So ist es nicht verwunderlich, dass die Prognose der Bertelsmann-Stiftung für Leipzig einen stärkeren Einwohnerzuwachs voraussagt als bei anderen Großstädten. Nach diesen Prognosewerten hat Leipzig 2030 Rang 8 unter den größten deutschen Städten! Die Tendenz dürfte stimmen und Leipzig vom aktuellen Rang 11 noch oben klettern.
Ein gewisser Nachteil der Prognose liegt darin, dass als Ausgangsbasis nur Daten bis 2012 verwendet werden konnten. Das führt dazu, dass die Ruhrgebietsstädte Dortmund und Essen ungünstigere Perspektiven erhalten. Auch die Dynamik Leipzigs könnte zu gering bewertet sein; Ende 2014 hatte die Stadt mit rund 544.000 Einwohnern (die amtliche Einwohnerzahl Leipzigs liegt rund 8.000 unter jener des Melderegisters) bereits eine höhere Einwohnerzahl, als die in der Prognose für 2005 errechnete von 540.770. Immerhin steht danach für Leipzig 2030 der Rang 8.
Nimmt man die Einwohnerzahlen von Ende 2013 hinzu (die für 2014 liegen noch nicht vor), fällt eine einfache Trendrechnung nicht sonderlich schwer. Zunächst kann man den Durchschnitt der Einwohnerzugewinne der Jahre 2012 und 2013 (also der beiden Jahre nach der Korrektur der Einwohnerzahlen durch den Zensus 2011) ermitteln. Dann schreibt man diese jährlichen Einwohnerzuwächse für die kommenden sieben Jahre bis 2020 fort. Bei dieser einfachen Trendrechnung gelangt man zu anderen, aber nicht minder interessanten Ergebnissen (siehe Tabelle).
Leipzig erreicht danach bereits 2020 die 600.000-Einwohner-Grenze (auch auf Basis der amtlichen Einwohnerzahlen) und würde dann schon Rang 8 unter den größten deutschen Städten belegen! Dresden rangierte danach noch auf Rang 11, könnte sich aber durchaus gemäß Bertelsmann-Prognose bis 2030 auf Rang 9 steigern. Es sind natürlich auch ganz andere Entwicklungen als in der Trendrechnung möglich. In etwa sechs Jahren, wenn das Jahr 2020 Geschichte ist, wird man wissen, ob Leipzig bis dahin wirklich Rang 8 unter den deutschen Städten belegt.
Anmerkung der Redaktion: Dr. Josef Fischer war langjähriger Leiter des Leipziger Amtes für Statistik und Wahlen.
Mit der aktuellen Bertelsmann-Prognose beschäftigen wir uns gleich an dieser Stelle.
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Ist es eigentlich ein Wert an sich, möglichst groß zu sein? Abgesehen davon, Dresden ne lange Nase zu drehen… 😉 Überwiegen dabei Vorteile (welche?) oder Nachteile (z. B. Wohnungsmangel, Mietsteigerungen, mehr Verkehr, mehr Umweltverschmutzung)? Meinungen? Ich sehe das zwiespältig…