Es tut sich was. Nicht nur in Leipzig. Auch wenn es viele Politiker, die in der Bundesrepublik das Sagen haben, einfach nicht wahrhaben wollen: Deutschland ist ein Zuwanderungsland und für viele Menschen eine lebenswerte Alternative. Das bringt gerade die Großstädte zum Brodeln und Wachsen. An diesem Trend hat auch Leipzig teil.

Die Wanderungsbewegungen haben sich überregional völlig verschoben in den vergangenen 15 Jahren. Und obwohl Leipzigs OBM Burkhard Jung 2007 medienwirksam die “Leipzig Charta” unterschrieben hat, tun sich Statistiker und Landespolitiker schwer zu begreifen, wie das Modell der modernen Großstadt funktioniert.

Aber der Effekt ist unübersehbar. Jährlich wächst Leipzigs Bevölkerung um über 10.000. Die Stadt füllt sich. Und so, wie sich die inneren Stadtquartiere füllen, so ändern sich auch die Grundstückspreise.

Noch auf recht niedrigem Niveau, betonte Matthias Kredt, Leiter des Amtes für Geoinformation und Bodenordnung und Vorsitzender des Leipziger Gutachterausschusses, am Donnerstag, 16. April, bei der Vorstellung des Grundstücksmarktberichtes für 2014. Der ist jetzt für 50 Euro wieder im Amt für Geoinformation und Bodenordnung erhältlich.

Die Bodenrichtwertkarte, in der die neu ermittelten Werte für Leipzig enthalten sind, ist schon seit Februar online verfügbar. Auch dort ist sichtbar: Die Preise in Leipzig steigen. Die Zeit, da hier Grundstücke und Immobilien für kleines Geld zu haben waren, geht vorbei. “Es wird immer schwieriger, an ein Grundstück zu kommen”, stellt auch Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau fest. “Da gibt es einen Anpassungsprozess.” Und das heißt: Das Leipziger Preisniveau passt sich nach und nach dem Niveau in vergleichbaren deutschen Großstädten an. Noch ist ein bisschen Luft. In Dresden liegt das Preisniveau etwa 10 Prozent höher, in westdeutschen Großstädten liegt’s eher bei doppeltem Preisniveau.

Denn nicht nur “der Markt” bestimmt die Preise. Wäre es so – in Leipzig würde den Leipzigern kein Knopf mehr gehören. Zu “Angebot und Nachfrage” gehört am Ende immer auch der Bürger der Stadt – als Endkäufer für ein Stück Eigentum oder als Mieter. Was im Klartext heißt: Das Leipziger Einkommensniveau bestimmt die Nachfrageseite mit.

Das betrifft dann logischerweise auch das Mietniveau. Da können zwar Investoren mit Mieten von 9, 10, 12 Euro je Quadratmeter kalkulieren. Aber werden sie diese Wohnungen auch zu diesem Preis vermietet bekommen? – Noch gibt es augenscheinlich eine gewisse Nachfrage nach hochwertig sanierten Wohnungen – gerade im Stadtinneren. Da, wo sich in den letzten Jahren die Auslastung der Wohnquartiere deutlich nach oben entwickelt hat. Der Bevölkerungszuwachs erzeugt Druck. Nicht erst seit 2013. Aber nach der großen Delle im Gefolge der Finanzkrise (2008/2009) ist im Markt für Mehrfamilienhäuser Bewegung. Denn die unsanierten Häuser im Bestand werden knapp. Die Zahl der Kauffälle sinkt seit 2006 (dem großen Feuerwerk kurz vorm Ausbruch der Finanzkrise) kontinuierlich – von damals 379 sank die Zahl bis 2013 auf 190, 2014 waren es noch 171 unsanierte Häuser, die einen Käufer fanden. Oder wohl besser: die von Käufern gefunden wurden.

Denn Sanieren im Bestand lohnt sich in Leipzig. Auch weil nicht wirklich klar ist, wie groß der vermietbare Bestand an leer stehenden Wohnungen noch ist. Vor zwei Jahren gab das Baudezernat die Schätzung von 26.000 bis 27.000 leer stehenden Wohnungen heraus. Mit der wichtigen Einschränkung: Nur die Hälfte davon ist kurzfristig sanierbar und/oder vermietbar. Dieser Bestand schmilzt, wenn jedes Jahr 10.000 bis 12.000 neue Bewohner nach Leipzig ziehen.

Nicht auf einen Schlag, denn die verkauften unsanierten Häuser werden ja auch nach und nach saniert – je größer die Nachfrage, umso mehr lohnt sich die Sanierung. 2008/2009 gab es einen Tiefpunkt beim Verkauf sanierter Gebäude, da hielten sich auch die Leipziger Immobilienentwickler vorsichtshalber zurück. Aber seit die Einwohnerzuwächse seit 2011 über 10.000 liegen, steigt die Zahl der sanierten Mehrfamilienhäuser deutlich an – von 128, die im Jahr 209 verkauft wurden, auf 361 im Jahr 2013 und 404 im Jahr 2014.

Der Grundstücksmarktbericht 2014 in gedruckter Form. Foto: Ralf Julke
Der Grundstücksmarktbericht 2014 in gedruckter Form. Foto: Ralf Julke

Das Geschäftsfeld Immobilien ist lukrativer geworden. Was auch die Quadratmeterpreise bei verkauften Mehrfamilienhäusern steigen ließ – von 634 Euro je Quadratmeter (2010) auf 777 (2014). Saniert, wohlgemerkt.

Was auch bedeutet: Die Zeit, dass man im Leipziger Stadtinneren Flächen für Einfamilienhäuser fand, sind vorbei. Das Zeitalter der Stadthäuser, die vor zehn Jahren noch als Rettung für die perforierte Stadt galten, ist zu Ende. Der rar gewordenen Platz in den Innenstadtquartieren ist teurer geworden. Während die Fallzahlen für den Erwerb von Baugrundstücken für Eigenheimbau seit Jahren recht konstant sind (die aber zunehmend  in den Stadtrandlagen zu finden sind), steigen die Kauffallzahlen für Grundstücke für Geschosswohnungsbau seit 2005 kontinuierlich an. Lächerliche 13 Kauffälle wuden damals gezählt, 2007 waren es dann 56, 2013 dann 83. 2014 gab es einen deutlichen Sprung auf 119. Bei den Immobilienentwicklern ist die Botschaft eindeutig angekommen: Leipzigs wachsende Bevölkerung braucht mehr Wohnungen.

Das macht Einfamilienhausbau im Stadtinneren fast unbezahlbar. Zwar ist das Interesse an Einfamilienhausgrundstücken seit Jahren stabil – aber die Quadratmeterpreise ziehen seit 2011 (100 Euro/m2) deutlich an. 2013 waren es schon 112 Euro im Schnitt, 2014 dann 124 Euro. Was auch die Durchschittspreise für fertige Einfamilienhäuser so langsam verschiebt aus dem Bereich um die 150.000 Euro Richtung 200.000 Euro. Es geht auch teurer, keine Frage. Doch für viele normale Verdiener in Leipzig wird der Traum vom eigenen Heim damit schwieriger erfüllbar.

Ist natürlich die Frage: Können die Leipziger überhaupt mithalten beim Kaufen? Oder schnappen ihnen die Besserverdiener aus dem Westen alles weg?

Aber da kommt das Thema “Nachfrage” ins Spiel. Die Einen kaufen zwar, um eine Geldanlage zu haben, die vielleicht mal ein bisschen Rendite abwirft, verkaufen aber in der Regel das Haus oder (in 66 Prozent der Fälle) die Eigentumswohnung nach 10, 15 Jahren, wenn die Steuerabschreibungen verbucht sind.

Der größte Teil der Leipziger Immobilienverkäufe sind “Sonderverkäufe”, betreffen also vor allem Eigentumswohnungen. Und während bei Erstverkauf sanierter Eigentumswohnungen zu 94 Prozent Käufer aus (West-)Deutschland zuschlagen (plus 2,4 Prozent aus dem Ausland) und nur ein kleiner Teil an Leipziger Käufer geht, sieht das Ganze beim Wiederverkauf nach ein paar Jahren schon anders aus. Da liegen dann die Quadratmeterpreise schon deutlich niedriger (1.117 statt 2.754 Euro je Quadratmeter), die Leipziger können also eher mithalten – und sie erwerben das Wohneigentum dann zumeist auch, um auch drin zu wohnen. Beim Wiederverkauf im sanierten Altbau stellen sie immerhin zu 36,5 Prozent den Käufer, beim Wiederverkauf von Neubau immerhin noch zu 29,9 Prozent.

Beim Neubau (ab 1990) liegt die Preisspanne zwischen Erst- und Wiederverkauf übrigens zwischen 2.985 und 1.241 Euro. Und während die Erstverkaufspreise in allen Segmenten angestiegen sind, sind die Preise im Wiederverkauf noch recht stabil. Eben auch, weil hier auf einmal die lokale Nachfrage mitspielt.

Insgesamt sieht Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau die Tendenz der letzten Jahre fortgesetzt. Die Zahl der Kauffälle ist weiter gestiegen, der getätigte Umsatz stieg ebenso. Er hat übrigens mit 1,792 Milliarden Euro auch das Feuerwerk von 2007 (1,752 Milliarden Euro) übertroffen, als sich Investoren aus Fern und Nah überall, wo sie nur konnten, mit Immobilien eindeckten, weil sie alle den Braten des drohenden Finanzcrash rochen. Danach sackten die Umsätze auch in Leipzig deutlich ab. Aber seit 2010 (958 Millionen Euro) kennt der Leipziger Markt nur die Richtung nach oben.

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