Ausgiebig hat die Stadt in ihrer "Bürgerumfrage 2013" die Leipziger auch nach den Sportaktivitäten und ihrer Meinung zum Angebot der Sportstätten befragt. Sport kostet ja eigentlich nichts. Außer ein bisschen Motivation. Denkt man sich so. Aber dass Spot auch was mit dem Einkommen zu tun hat, das erläutert im neuen Quartalsbericht der Stadt Leipzig Nils-Kristian Kamann ein wenig ausführlicher.
In der Auswertung zur Bürgerumfrage (die wie der Quartalsbericht Nr. 3 auch im Dezember erschien), wurde nur auf einige Teilaspekte dabei eingegangen. Aber die hängen damit natürlich zusammen. Wer weniger Sport treibt, ist in der Regel deutlich übergewichtiger, wer arbeitslos ist, fühlt sich meist deutlich ungesünder.
Aber die Gleichung “arbeitslos = weniger Sport” stimmt so nicht. Zumindest für Leipzig. Im Gegenteil: Nur Schüler und Studenten treiben durchschnittlich mehr Sport als Arbeitslose. Wobei freilich auch auffällt, das es unter den Arbeitslosen eine große Gruppe von wirklich sportaktiven Menschen (mehrmals pro Woche: 32 Prozent) gibt, aber auch eine Gruppe von 21 Prozent, die angibt, nie Sport zu treiben. Die Gruppe der Arbeitslosen zerfällt quasi in zwei Teile: Die einen versuchen sich mit Sport trotz aller Widrigkeiten fit zu halten, die andere haben resigniert und treiben ähnlich selten Sport wie die Rentner.
In der Auswertung der Bürgerumfrage fiel deshalb die Frage nach dem Zustand der Sportanlagen etwas aus dem Rahmen. Was genau bezweckte die Stadtverwaltung damit eigentlich?
Der Grund ist natürlich auch: Wer sich keine Mitgliedschaft in einem professionellen Sportstudio leisten kann, der ist auf funktionierende Sportanlagen angewiesen, die er kostenlos oder für einen kleinen Mitgliedsbeitrag nutzen kann. Und siehe da: Die Nutzung kommerzieller Sportangebote hängt in Leipzig tatsächlich direkt vom Geld ab: Mit steigenden Einkommen nimmt sie deutlich zu.
Menschen, die mit weniger als 800 Euro im Monat über die Runden kommen müssen, geben immerhin noch zu 13 Prozent an, ein solches Angebot zu nutzen, wer bis zu 1.400 Euro zur Verfügung hat, nutzt die Angebote in 21 Prozent der Fälle, bei 1.400 bis 2.000 Euro sind es dann 30 Prozent.
Deutlich anders ist das Bild, wenn es um die Mitgliedschaft in Sportvereinen geht, wo man schon für deutlich geringere Mitgliedsbeiträge die Anlagen nutzen kann. Da bewegen sich die Aussagen praktisch aller Einkommensgruppen, sie würden mindestens einmal die Woche im Sportverein Sport treiben, im Bereich zwischen 21 und 29 Prozent.
Was nicht bedeutet, dass nur in organisierter Form Sport getrieben wird. Auch das hatte ja die Bürgerumfrage ergeben. Die meisten Leipziger bevorzugen Sportarten, die auch ohne irgendeine organisatorische Bindung betreiben können: allen voran Jogging, Walking, Radfahren.
Kamann hat auch die Beziehung des Sporttreibens zu persönlichen Lebensumständen untersucht. Mit dem schönen Ergebnis, dass Alleinstehende ein klein wenig häufiger Sport treiben als Paare.
Was nicht unbedingt daran liegen muss, dass sich Paare gegenseitig demotivieren.
Darauf weist eine spezielle Auswertung nach Zahl der Kinder im Haushalt hin. Und schon bei einem Kind geht es los, dass die sportliche Aktivität in der Woche nachlässt und mit jedem weiteren Kind weiter sinkt. Bei vier Kindern beträgt sie praktisch Null. Eltern werden schon wissen, warum das so ist: Kinder halten einfach schon durch ihr Dasein auf Trab. Da bleibt einfach keine Zeit mehr für Extra-Sportaktivitäten. Es sei denn, man findet Wege, sie mit den Kindern gemeinsam zu gestalten.
Womit man wieder beim Zustand der Sportanlagen wäre. Und siehe da: Auch da ist das Bild in Leipzig zweigeteilt. Einige Angebote sind in ausreichender Zahl vorhanden und werden auch eifrig genutzt (Spot auf Flüssen und Seen, Jogging- und Walkingstrecken, Freibäder, Schwimmhallen), bei anderen aber zeigt die Umfrage einen Mangel, also eigentlich einen Berg von Aufgaben für die Stadt.
Das betrifft nicht nur Investitionen in Sporthallen und Ballspielplätze, von denen augenscheinlich zu wenige für die Leipziger Nachfrage zur Verfügung stehen. Das betrifft auch Sportplätze selbst, die es zwar gibt, aber von denen die meisten für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind oder – eine kleine Überraschung – sportgeeigete Radwege. Letzteres beleuchtet auch den Zustand des Leipziger Radwegenetzes, das auch außerhalb des Straßennetzes oft in einem desolaten Zustand ist. Und wo es in einem einigermaßen guten Zustand ist, überschneiden sich in der Regel (wie im Clara-Zetkin-Park) die Nutzungen und es kollidieren Fußgänger, spielende Kinder und Freizeitradfahrer mit den meist sehr eiligen Sportradlern.
Was Kamann aber noch betont: Die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit dem Zustand der öffentlichen Angebote hat eher weniger mit dem Einkommen der Befragten zu tun. Nur leben wir auch in einer Zeit, in der das Sporttreiben im öffentlichen Raum zu etwas Selbstverständlichem geworden ist. Die gesamte Stadtgesellschaft hat ein entsprechendes Anspruchsdenken entwickelt, auf das die Stadt und die Politik oft noch gar nicht reagiert haben.
Der Quartalsbericht ist im Internet unter ( http://statistik.leipzig.de) unter „Veröffentlichungen“ einzusehen. Er ist für 7 Euro (bei Versand zuzüglich Versandkosten) beim Amt für Statistik und Wahlen erhältlich. Postbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, 04092 Leipzig, Direktbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, Burgplatz 1, Stadthaus, Zimmer 228.
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