Ein kleines Problem wächst da in Leipzig im Stillen heran: Die Zahl der Singles in Leipzig steigt in den letzten Jahren massiv an. Schon 2009 hatten die Ein-Personen.Haushalte mit 50,1 Prozent aller Haushalte eine leichte Mehrheit. Da gab es 144.861 Ein-Personen-Haushalte in Leipzig, eine Zahl, die bis 2013 auf 162.391 anstieg, was mittlerweile 52,3 Prozent aller Haushalte ausmacht.

In gewisser Weise ist das auch eine Vereinsamung vieler Leipziger, während der Anteil der Haushalte mit Kindern weiter sinkt. Gab es 2012 noch 62.600 Haushalte mit Kindern, waren es ein Jahr später nur noch 61.300. Die Zahlen muss man mitdenken, wenn man sich über die steigenden Geburtenzahlen in Leipzig wundert, die eindeutig keine Rekordgeburtenzahlen sind. Mit 5.860 Geburten wurde 2013 gerade einmal wieder das Niveau von 1992 erreicht. Bis zum großen Crash 1989/1990 lagen die Leipziger Geburtenzahlen über 10.000. Und genau da müssten sie auch heute liegen, wenn Leipzig künftig seine Bevölkerungszahl halten will.

Es ist eher erschreckend, welche Kopfstände die Stadt heute machen muss, um für knapp halb so hohe Geburtenzahlen die nötigen Betreuungskapazitäten zu schaffen. Eindeutig ein Zeichen dafür, dass der von unserer Gesellschaft erwirtschaftete Reichtum völlig falsch verteilt ist und nicht mehr dort landet, wo er eigentlich landen sollte: bei der nachhaltigen Sicherung der gesellschaftlichen Infrastrukturen und unserer Zukunft.

Dass Leipzig wächst, beruht bislang einzig und allein auf dem Plus bei der Zuwanderung. 2012 lag das bei 10.791, 2013 dann bei 10.662. Und 2014 sieht es auch danach aus, dass es wieder so wird. Nur: Das geht nicht ewig so weiter. Irgendwann sind die ländlichen Räume ringsum ausgeblutet, dann gehen auch die Zuwanderungszahlen wieder zurück. Leipzigs Statistiker staunen eher darüber, dass der Zuzug noch immer so hoch ist.

Gleichzeitig gibt es auch wieder den “Trend zur Suburbanisierung”. Der hatte in den 1990er Jahre dafür gesorgt, dass das marode Leipzig rund 40.000 Einwohner direkt an sein Umland verlor – sie zogen in die neu entstehenden Eigenheim- und Neubausiedlungen in den Landkreisen. Ein paar davon wurden 1999/2000 wieder eingemeindet. Aber eine Karte auf Seite 48 zeigt, dass die etwas besser verdienenden Leipziger heute wieder ins Grüne ziehen und – wie schon in den 1990 Jahren – dem Muldental und den Nachbarorten Taucha, Markkleeberg, Brandis, Großpösna und wie die Orte im Süden und Osten alle heißen, ein Wanderungsplus bescheren. Zumindest aus Leipziger Sicht: Leipzig fällt sonst in regionalen Karten dadurch auf, dass es aus allen Regionen einen Wanderungsüberschuss bekommt – nur der grüne Gürtel im Südosten profitiert davon, dass insbesondere Familien in der Gründungsphase wieder verstärkt in die etwas ruhigeren Randlagen ziehen.
Die Sache mit den so mühsam wachsenden Kindertagesstätten findet man dann in Kapitel 4. Aber dort wird auch sichtbar, wie direkt ein Bevölkerungswachstum auch für den Zuwachs an Arbeitsplätzen sorgt. Waren 2009 in Leipzigs Kindertageseinrichtungen noch 3.446 Personen beschäftigt, waren es 2013 schon 4.311. Und die Zahl wird ja weiter steigen. 2013 eröffneten ja nur zwei neue Kindertageseinrichtungen. Der richtige Bau-Boom begann ja erst und wird erst 2014 und 2015 für ein starkes Anwachsen des Betreuungsangebotes sorgen.

Wer weiterblättert, merkt auch bald, dass Leipzig seine sozialen Nöte auch trotz Wirtschaftswachstum nicht losgeworden ist. Im Gegenteil: Gibt es auf der einen Seite – bei den Jüngeren – etwas Entspannung, beginnt sich das Problem bei den Älteren zu verschärfen. Etwa bei der Zahl von Grundsicherungen im Alter.

Und auch wenn sich Leipzig die Armutsgefährdung gern schön rechnet. Tatsächlich gilt für ein Viertel bis ein Drittel der Leipziger weiter: Sie sind arm und müssen jeden Euro drei Mal umdrehen, bevor sie ihn ausgeben. Und manchmal reicht auch das noch nicht.

So stieg die Zahl der Räumungsklagen von 2009 bis 2013 von 1.117 auf 1.300, die Zahl der Zwangsräumungen von 786 auf 896.

Manchmal werden die späteren sozialen Probleme natürlich schon früh angelegt, wenn Kinder aus eh schon sozial schwachen Familien dann auch noch alle Härten des sächsischen Bildungssystems erleben. Statt einer intensiveren Förderung in der Schule durchlaufen sie dann zum Beispiel die bekannten Extra-Runden in der Schule. Dass jedes Jahr fast 1.000 Schüler die Klassenstufe wiederholen müssen (2013: 936), ist schon ein recht erhellender Wert. 2,3 Prozent aller Schüler sind das. In der Oberschule betrug der Wert genauso wie in Förderschulen 3,7 Prozent.

Und trotzdem verließen 2013 insgesamt 412 Schüler die Leipziger Schulen ohne Abschluss, 258 davon aus den Förderschulen.

So schafft man natürlich keine Grundlagen für ein selbstständig geführtes Leben.

Das Statistische Jahrbuch ist im Internet unter (http://statistik.leipzig.de) unter “Veröffentlichungen” einzusehen. Es ist für 25 Euro (bei Versand zuzüglich Versandkosten) beim Amt für Statistik und Wahlen erhältlich. Postbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, 04092 Leipzig, Direktbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, Burgplatz 1, Stadthaus, Zimmer 228.

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