Eigentlich kann man, wenn man keine verlässlichen Zahlen hat, auch keine sinnvolle Politik machen. Das ist auch der Fall, wenn in Deutschland am Renteneintrittsalter herumgebastelt wird. Zwar gibt es jetzt die Möglichkeit, abschlagsfrei auch schon mit 63 in Rente zu gehen. Für die Mehrzahl der Neurentner aber gilt nach wie vor: Abschlagsfrei erst mit 65 - mit steigender Tendenz. Einer, der gern nach Zahlen fragt, ist Dr. Dietmar Pellmann.
Der sozialpolitische Sprecher der Linksfraktion im sächsischen Landtag hat die sächsische Staatsregierung in einer Kleinen Anfrage nach der “Frühverrentung in Sachsen 2013” gefragt. ‘
“Im vergangenen Jahr gingen in Sachsen 20.321 Personen vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Altersrente. Das waren mehr als zwei Drittel aller Neurentnerinnen und Neurentner”, kann er nun feststellen. “Damit hatte sich dieser Anteil gegenüber den Vorjahren zwar reduziert, war damit aber noch lange kein Beleg für die schrittweise Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre.”
In Zahlen: Von 30.466 Sachsen, die 2013 in Rente gingen, schieden 20.321 vor dem vollendeten 65. Lebensjahr aus dem Arbeitsleben. Und 18.474 davon mussten Abstriche an ihrer Altersrente in Kauf nehmen.
Wenn Menschen aus verschiedensten Gründen nicht bis 65 oder später mal 67 Jahre in Arbeit sind, bedeutet das immer auch Abstriche an der Rente. Und die meisten Sachsen gehen mit Abstrichen in Rente. Viele mehr oder weniger freiwillig, nachdem sie als schwer vermittelbare ältere Arbeitslose ihre Runden in den Jobcentern gedreht haben.
Pellmann: “Die meisten der 2013 vorzeitig in Altersrente Gegangenen, nämlich 92 Prozent, müssen dauerhafte Abschläge von 0,3 Prozent pro Monat in Kauf nehmen. Das wirkt sich besonders nachteilig für Frauen aus, deren Renten bekanntlich erheblich hinter denen der Männer zurückbleiben.”Aber wie ist es nun eigentlich mit der so wichtigen Zahl derer, die direkt aus der (Langzeit-)Arbeitslosigkeit in Ruhestand gehen – und damit auch die sächsische Arbeitslosenstatistik besser aussehen lassen?
Klare Ansage der Sozialministerin: Dazu weiß keiner was. “Der Staatsregierung liegen diesbezüglich keine Erkenntnisse vor”, heißt es in der Antwort an Pellmann.
Und da zu vermuten steht, dass es in anderen Bundesländern und im Bund nicht anders aussieht, stellt sich an dieser Stelle die berechtigte Frage: Auf welcher Basis wurde da eigentlich diskutiert, als man die Rente mit 67 beschloss?
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Dass in Sachsen kaum einer der Versicherten das 65. Lebensjahr in einer Vollzeitbeschäftigung erreicht, darauf deutet zumindest eine Zahl hin, die Pellmann erfragt hat: die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahr vor dem Renteneintritt.
Danach waren ganze 6.131 Personen, die 2013 in Rente gingen, am 31. Dezember 2012 noch in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung angestellt. Etwas mehr als jeder Fünfte.
“Die Linke erhärtet ihre Forderung, das gesetzliche Renteneintrittsalter wieder auf 65 Jahre zu senken”, sagt Pellmann noch. “Denn die kürzlich eingeführte sogenannte Rente mit 63 ist nur für wenige Ältere eine Lösung. Die allermeisten Neurentner kommen beileibe nicht auf die notwendigen 45 Beitragsjahre. Der Durchschnitt der anrechenbaren Beitragsjahre liegt bei sächsischen Neurentnern inzwischen bei unter 40.”
Ein Thema, das er ja mit dieser Anfrage nicht abgedeckt hat. Denn die Rente sinkt ja auch, wenn die Zahl der anrechenbaren Beitragsjahre durch diverse Brüche im Arbeitsleben sinkt. Und natürlich auch, wenn die Bezahlung der diversen Jobs niedrig oder gar prekär ist.
Die Kleine Anfrage als PDF zum Download.
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