Es gibt viele Formen der prekären Beschäftigung. Seit die Bundesregierung ab den 1990er Jahren die Schleusen für atypische Beschäftigungsverhältnisse aller Art geöffnet hat, waren Unternehmen aller Art sehr erfindungsreich, um die Lohnkosten zu senken. Darunter gehört auch das große Feld der Teilzeitbeschäftigung. Das hat das Statistische Landesamt nun für die Jahresmitte 2013 etwas genauer beleuchtet für Sachsen.
Zur Jahresmitte 2013 hatten rund 1,47 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ihren Arbeitsplatz im Freistaat Sachsen. Und immerhin 26,3 Prozent aller Beschäftigten arbeiteten in Teilzeit. Besonderes hoch war der Anteil der Teilzeitbeschäftigten mit über 50 Prozent im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Einzelhandel, stellen die Landesstatistiker fest.
Auch regional gab es deutliche Unterschiede – während im Landkreis Görlitz fast 32 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit arbeiteten, waren es in Meißen nur rund 23 Prozent.
Insgesamt war die Zahl der Beschäftigten knapp 12.000 Personen bzw. 0,8 Prozent höher als 2012. Dies bedeutete ein Plus von 1,2 Prozent bei den weiblichen und 0,5 Prozent bei den männlichen Beschäftigten. Und die Statistik zeigt auch: Neue Arbeitsplätze gab es genau in jenen Branchen, in denen Teilzeitarbeit besonders stark ausgeprägt ist.
Zuwächse verzeichneten insbesondere die Wirtschaftsabschnitte Gesundheits- und Sozialwesen sowie Information und Kommunikation, so das Landesamt für Statistik. Im Gegensatz dazu nahm die Beschäftigtenzahl in einigen Branchen im Vergleich zum Vorjahr ab, am deutlichsten im Bereich der Überlassung von Arbeitskräften – besser bekannt als “Zeitarbeit”.
Betrachtet man die Kreise, so gab es auch bei der Entwicklung seit Mitte 2012 große Unterschiede – Zuwächse an Beschäftigten verzeichneten insbesondere die Städte Leipzig und Dresden. Dem stand mit rund einem Prozent der höchste Beschäftigungsrückgang im Landkreis Zwickau gegenüber. Was auch heißt: Beschäftigungsaufbau findet vor allem in den Regionen statt, die auch Bevölkerungswachstum haben. Der Zusammenhang mit einem höheren Bedarf an Dienstleistungen ist evident. Im Einzelhandel arbeiten mittlerweile 51,4 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit, im Gesundheits- und Sozialwesen sind es 51,3 Prozent. Wobei das Statistische Landesamt den Bereich Pflege nicht extra ausweist, denn es sind nicht Ärzte und Krankenschwestern, die hier den Wert nach oben treiben, sondern die zunehmende Zahl von Pflegediensten, die zumeist mit sehr knapp kalkuliertem Budget ein flächendeckendes Pflegenetz vorhalten.Dass von den 605 Personen, die in Sachsen das uralte Feld des Hauspersonals wieder mit Arbeit erfüllen, 386 in Teilzeit arbeiten (63,8 Prozent), überrascht da eher weniger.
Dass hingegen auch 43,5 Prozent der 80.537 im Bereich Erziehung und Unterricht Beschäftigten in Teilzeit arbeiten, wirft ein besonderes Licht auf den Umgang mit Erziehern in Sachsen. Denn dass besonders viele Erzieher(innen) in Teilzeit arbeiten, hat auch mit dem hohen sächsischen Betreuungsschlüssel zu tun.
Und schon diese hier beleuchteten Felder zeigen: Teilzeitarbeit ist vor allem ein weibliches Thema. Das alles sind von Frauen bevorzugte Arbeitsgebiete. Genauso wie das Gastgewerbe, wo von 47.438 Beschäftigten 39,5 Prozent in Teilzeit arbeiten.
Rund 15 Prozent der Beschäftigten in Sachsen hatten einen akademischen Berufsabschluss (z. B. Bachelor, Diplom, Master, Promotion). Regional reichte die Spanne des Anteils hochqualifizierter Beschäftigter vom Erzgebirgskreis mit 9,4 Prozent bis zur Landeshauptstadt Dresden mit 24 Prozent. Übrigens eine kleine versteckte Botschaft an die Landesregierung: Es sind die Großstädte, die Jobs für hochqualifizierte Bewerber bereitstellen.
Und die andere Botschaft gilt jenen, die glauben, sie könnten weiterhin Menschen ohne Berufsabschluss in den “ersten Arbeitsmarkt integrieren”. Es ist unmöglich. Dieser “Markt” ist so satt, dass man hier selbst bei einer Vervielfachung der Förderbudgets kein Ergebnis erreicht. Oder mit den Worten der Landesstatistiker: “Von allen Beschäftigten verfügten rund fünf Prozent über keine abgeschlossene Berufsausbildung, wobei es hier wenig regionale Unterschiede gab.”
Und das ist jetzt die Knobelaufgabe für die hohe Politik: Was passiert mit den 10 bis 15 Prozent von Schulabgängern ohne Schulabschluss und damit zumeist ohne Ausbildungsfähigkeit? Wie bekommt man sie in einen Arbeitsmarkt, der nur noch 5 Prozent Nichtausgebildete braucht?
Die komplette Mitteilung des Landesamtes für Statistik: www.statistik.sachsen.de/download/200_MI_2014/MI-103.pdf
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