Wann kauft sich der Mensch eigentlich Wohneigentum? Passt das überhaupt noch in die Zeit? - Seit Jahren wird auch im Quartalsbericht regelmäßig ausgewertet, wie sich das Wohneigentum in Leipzig entwickelt. Aber irgendwie tut sich da - bei allem Tamtam der Bausparkassen - seit 1999 so gut wie nichts mehr. Der Prozentsatz der Wohneigentümer bleibt konstant.
Natürlich hat das Gründe. Und es ist nicht nur das Geld, das da eine Rolle spielt. Eher ein Satz, den Andrea Schultz in ihrem Beitrag “Leben im Wohneigentum: Eigentumswohnung oder eigenes Haus?” verwendet: “Wohneigentümer sind ausgesprochen umzugsunfreudig.” Es steckt das alte Ideal hinter dem Bild, man könne sich irgendwann im Leben “zur Ruhe” setzen, sich sein Häuschen bauen (oder kaufen), die Kinder großziehen und dann – im Ruhestand – die butterglückliche Familie um sich versammeln. Etwas, was auch die meisten Leipziger Häuslebauer so nicht erleben. Auch wenn es vor allem Paare mit Kindern sind, die sich ein eigenes Haus zulegen. 24 Prozent der Paare mit Kindern tun das. Ein Weg, der nicht allen offen steht, denn dazu braucht es in der Regel für beide Eltern eine feste und vor allem gut bezahlte Anstellung, damit auch über Jahre die Raten für den Immobilienkauf abbezahlt werden können.
Und dann kommt der Tag, an dem die Kinder Tschüssi sagen, weil Studium oder Beruf sie in eine ganze andere Ecke Deutschlands oder der Welt ziehen. Aus Paaren mit Kindern werden Paare ohne Kinder. Davon wohnen, wenn sie ein Haus haben, die meisten in den Leipziger Randlagen und vor allem in jenen Ortsteilen, die 1999 und 2000 eingemeindet wurden und die seinerzeit den Anteil des Wohneigentums in Leipzig deutlich erhöhten.
Heute wohnen 14 Prozent der Paare ohne Kind in einem eigenen Haus, bei Rentnerhaushalten sind es ebenfalls 14 Prozent. Was sich schon traurig genug anhört. Die Einfamilienhäuser entwickeln sich beim besten Willen nicht zu Mehrgenerationenhäusern. Sie sind das Lebensmodell einer Zeit, in dem Menschen ihr ganzes Leben am selben Ort verbrachten und das Haus an Kinder und Enkel vererbten.
Etwas moderner ist das Modell Eigentumswohnung, das aber auch kein echtes Leipziger Lebensmodell ist. Nur 2 Prozent der Paare mit Kindern, 3 Prozent der Paare ohne Kinder und 4 Prozent der Rentnerhaushalte leben in einer Eigentumswohnung. Was nichts über die Höhe des Anteils von Eigentumswohnungen in Leipzig aussagt, denn die meisten sind schlicht eine Geldanlage. Zumeist für besser verdienende Anleger in den westlichen Bundesländern, die sich mit dem Kauf von Wohneigentum in Leipzig eine recht sichere Wertanlage geschaffen haben. Sicherer als das Meiste, was es als Aktien oder Fondsanlagen irgendwo zu haben gibt.
Was man damit also “zur Ruhe setzt”, ist das eigene Geld. Die Leipziger ziehen dann in der Regel als Mieter ein. Auch im Wissen darum, dass alle Lebensumstände labil sind und sich mit dem nächsten Eiertanz irgendwelcher Großaktionäre schon wieder gründlich ändern können. Und so wohnen die meisten Leipziger zur Miete – bei den Paaren mit Kindern (74 Prozent) genauso wie bei den Paaren ohne Kind und den Rentnerhaushalten (jeweils 83 Prozent). Und für jene Haushaltsform, die mittlerweile so symptomatisch für das hochflexible und sich verändernde Leipzig geworden ist, die Singles, ist das Mieten sowieso der Normalzustand: 95 Prozent tun es, nur 4 Prozent haben ein eigenes Haus an der Backe, 1 Prozent eine Eigentumswohnung.
Und das hat nicht nur mit der notwendigen Flexibilität in Job und Leben zu tun (die zwei Single auch mal ganz flugs zu einem Paar mit Kindern werden lässt), sondern auch mit den mittlerweile von Umbrüchen gestückelten Berufsleben. Darüber reden Politiker zwar gern, aber wirklich verstanden haben sie es alle noch nicht. Denn damit funktionieren viele der sozialen Versicherungsmodelle nicht mehr. Etliche Bausparmodelle auch nicht. Wer aller paar Jahre komplett Beruf und Umfeld wechseln muss, fühlt sich nur noch wie ein Wellenreiter, dem dann gut bezahlte Beamte vorwurfsvoll begegnen mit dem Satz: Warum sind Sie denn nicht brav an Land geblieben wie ich?
Das würde natürlich dazu verleiten zu fragen: Ja, wer kauft sich denn dann in Leipzig ein Eigenheim? Angestellte? Ingenieure? Juristen? Künstler? – Aber das haben Leipzigs Statistiker in den Bürgerumfragen leider nicht abgefragt.
Aber man bekommt so eine Ahnung, wenn Andrea Schultz in einer Tabelle auswertet, dass die Bewohner von Eigenheimen in der Regel 2.383 Euro Haushaltsnettoeinkommen haben, rund 800 Euro mehr als die Leipziger Haushalte im Durchschnitt. Sie haben auch in 89 Prozent der Fälle mindestens ein Auto – der Leipziger Durchschnitt liegt bei 62 Prozent. Was zumindest zeigt, wo die meisten Eigenheime liegen: am Stadtrand, wo die ÖPNV-Anbindungen wesentlich reduzierter sind als im Stadtinneren.
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Das Problem aller derzeit von …
Neues aus dem Quartalsbericht (3): Die Leipziger Umzugs-Ströme
Gleich drei Beiträge im neuen …
Und die Besitzer von Wohneigentum sind im Schnitt 5 Jahre (eigenes Haus) oder 9,6 Jahre (eigene Wohnung) älter als der Leipziger Durchschnitt. Und dieses Durchschnittsalter lag 2013 bei 43,6 Jahre.
Einen Wert, den Andrea Schultz nicht extra beleuchtet, findet man in der letzten Bürgerumfrage von 2012. Da sieht man, wie der Anteil des Wohneigentums mit den Haushaltsnettoeinkommen steigt. Bei den Haushalten mit 2.300 bis 3.200 Euro liegt der Anteil von Haus- bzw. Wohnungsbesitzern bei 19 bzw. 3 Prozent, bei Haushalten mit mehr als 3.200 Euro steigen die Werte auf 34 bzw. 5 Prozent.
Und als kleine Ergänzung: Von den Alleinerziehenden lebten 2012 glatte 100 Prozent in einer Mietwohnung.
Andrea Schultz geht auch darauf ein, dass Mieter mit durchschnittlich 64 Quadratmetern Fläche deutlich weniger Wohnraum haben als Besitzer von Eigentumswohnungen (83 Quadratmeter) oder Eigenheimbewohner (116 Quadratmeter). Aber wer so ein flexibles Leben lebt wie die Mehrzahl der Leipziger, weiß es auch zu schätzen, dass der beschränkte Raum auch dazu zwingt, sich nicht mit allzuviel Besitz-Ballast zu beschweren, der beim nächsten Umzug wieder transportiert werden muss.
Oder gar gerettet, wenn die nächste Flut kommt. Ein Thema, mit dem sich im neuen Quartalsbericht Maximilian Beyer und Christian Kuhlicke intensiver beschäftigt haben.
Dazu morgen mehr an dieser Stelle.
Den Statistischen Quartalsbericht IV / 2013 findet man online hier:
http://212.122.61.201/leipzig-anwendungen/LIS/statpubl/content/12_statistik-und-wahlen/lz_qb134.pdf
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