Das Referat für Gleichstellung von Frau und Mann hat in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik und Wahlen auch für 2013 ein Faltblatt mit wesentlichen Daten des Jahres 2013 zu unterschiedlichen Lebensbereichen der Frauen und Männer in Leipzig zusammengestellt. Geschlechtersensibel, übersichtlich und aktuell bietet es Informationen zu Lebensformen, zur Bildung und auch zum Arbeitsmarkt. Und es zeigt, wie starr die alten Muster sind.

“Die Informationen lenken den Blick auf immer noch bestehende Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Leipzig und zeigen Handlungsfelder auf”, kommentiert Leipzigs Gleichstellungsbeauftragte, Genka Lapön. So ergebe ein Vergleich des persönlichen Nettoeinkommens von 2008 und 2012, dass sich die wirtschaftliche Situation der Rentnerinnen und Rentner allgemein leicht verbessert hat. Sie stieg in diesem Zeitraum von durchschnittlich 908 Euro im Monat auf 926 Euro (Median) an.

Die Einkommensentwicklung verlief aber bei Frauen und Männern ungleich. Das persönliche Nettoeinkommen von Rentnerinnen ist in den Vergleichsjahren sogar von 797 Euro auf 768 Euro pro Monat gesunken. Das Nettoeinkommen der Rentner hingegen stagnierte bei 1.066 Euro bzw. 1.068 Euro. Dennoch liegt es um 300 Euro im Monat höher als das der älteren Frauen. Was natürlich an der unterschiedlichen Erwerbszeit liegt. Nicht nur, was den Ausstieg der Frauen aus dem Erwerbsleben in Bezug auf Kinderkriegen und Kindererziehung betrifft. Auch die Tatsache, dass Frauen fünf Jahre früher in Rente gehen, spielt eine Rolle.

Und ein anderer Fakt, der bei allen Renten-Basteleien immer wieder vergessen wird: das niedrigere Erwerbseinkommen der Frauen. Auch das ist im Faltblatt zu finden. Erwerbstätige Frauen konnten ihr Durchschnittseinkommen zwar seit 2008 von 1.119 Euro im Monat auf 1.226 Euro erhöhen. Bei den Männern stieg dieser Einkommensmedian aber von 1.362 auf 1.523 Euro. Median bedeutet in diesem Fall: Jeweils die Hälfte der erfassten Personen verdiente weniger, die Hälfte mehr.

Was natürlich ahnen lässt, dass damit der ganze Bereich der Spitzengehälter in Leipzig noch gar nicht erfasst ist.

Neu aufgenommen im Vergleich zu früheren Faltblättern sind die Angaben über den Bezug von Elterngeld. So beträgt die durchschnittliche Bezugsdauer des Elterngeldes von Vätern 3,5 Monate.Neu sind ebenfalls Angaben zu Kriminalität und Gewalt. Im vergangenen Jahr waren 72 Prozent der Tatverdächtigen, aber auch der Opfer von Gewaltdelikten männlich. Häusliche Gewalt hingegen betrifft meist Frauen. Laut den Angaben des Landeskriminalamtes stehen hier 48 männlichen erwachsenen Opfern 222 weibliche Opfer gegenüber.

Häusliche Gewalt aber ist nicht nur ein sozialer, sondern auch ein wirtschaftlicher Faktor, der eng mit den Erwerbsmöglichkeiten und den Einkünften insbesondere der Frauen zusammen hängt. Viele Frauen würden die häusliche Gewalt nicht akzeptieren, wenn sie mit den Kindern nicht gleich doppelt von den Einkünften des Mannes abhängig wären.

Und gleichzeitig auch vom guten Willen der Arbeitgeber. In Einzelteilen spiegelt sich im Faltblatt auch die Familienfreundlichkeit der Leipziger Wirtschaft – und natürlich auch der Faktor Macht, den Männer durch ihren höheren Proporz in politischen, institutionellen und wirtschaftlichen Führungspositionen haben. Sie bestimmen unter anderem auch, welche Zukunftschancen und Einkommenschancen von Frauen bevorzugte Berufsfelder bieten.

Das geht schon an den Hochschulen los, wo sich sehr deutlich zeigt, dass Männer in Mathematik, Natur- und Ingenieurswissenschaften deutlich dominieren. Frauen zieht es dafür eher in die an der Uni Leipzig stark angebotenen Sprach- und Kulturwissenschaften, in die Medizin und auch zur Jura.

Die Bildungsinformationen im Faltblatt sind jedoch eher lückenhaft. Eine Übersicht über die Bildungsabschlüsse der gesamten Gesellschaft sagt nichts über die Berufschancen der heute im Erwerbsleben stehenden Frauen, weil die Statistik durch die große Gruppe der Seniorinnen und Senioren völlig verzerrt wird. Dasselbe trifft auf die Tabelle mit den Bildungsabschlüssen der Gesamtbevölkerung zu. Was an dieser Stelle schade ist, denn beide Abschlüsse machen nur Sinn, wenn sie mit den Zahlen aus der Erwerbsarbeit vergleichbar sind.

Welche Bildungsabschlüsse Rentnerinnen und Rentner haben, ist an dieser Stelle wirklich ohne Relevanz. Denn dieser Tabelle folgen ja die Tabellen zu den Wirtschaftszweigen, wo wieder deutlich wird, dass im Produzierenden Gewerbe deutlich die eher technikorientierten Männer vertreten sind, während Frauen im Bereich Verwaltung, Gesundheit, Bildung und Soziales dominieren. Und das wird sich auch nicht so bald ändern. Nicht nur, weil Frauen diese Arbeitsfelder bevorzugen, sondern auch, weil in diesen Arbeitsfeldern in der Regel weniger Gehalt bezahlt wird als in technischen Berufen.

Jedes dieser Faltblätter zur (nicht existierenden) Geschlechtergerechtigkeit zeigt im Grunde, wie wenig veränderungsbereit unsere Gesellschaft ist – und wie falsch die meisten Diskussionen zum Thema. Bis hin zur aktuellen Rentenreformdebatte, wo mit Steuergeldern versucht werden soll zu reparieren, was schon in der geschlechtergerechten Ausgestaltung des Erwerbslebens falsch läuft.

Das Faltblatt ist kostenlos in den Bürgerämtern, im Referat für Gleichstellung und im Amt für Statistik und Wahlen erhältlich.

Man findet es auch zum Download auf: http://statistik.leipzig.de

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