Nicht nur Leipzigs Stadträte staunen, wie ihnen die Baukosten für Schulen und Kindertagesstätten unter den Händen aus dem Ruder laufen. Seit 2010 scheint es kein Halten mehr zu geben: 10, 11, 12 Prozent teurer werden sämtliche Bauprojekte. Und auch Hausbesitzer bekommen zu spüren, wie sämtliche Bauleistungen in Sachsen immer teurer werden.
Am 30. Dezember legte das Statistische Landesamt dazu die entsprechenden Zahlen vor. “Der ‘Neubau eines Wohngebäudes’ verteuerte sich 2013 in Sachsen insgesamt um 3,2 Prozent. Im Vergleich zu 2012 verlangsamte sich der Preisauftrieb um 0,2 Prozentpunkte, blieb jedoch weiterhin auf einem hohen Niveau.”
Natürlich steckt hinter der Entwicklung das, wovor die Leipziger Handwerkskammer nun schon seit einigen Jahren gewarnt hat: Die weltweit gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise muss auch der Handwerker irgendwann an seine Kunden weitergeben, die seit 2011 geradezu närrischen Strompreise ebenso. Es war nur eine Frage der Zeit, ab wann das möglich wäre. Und möglich wird das spätestens dann, wenn die Auftragsbücher voll sind, wenn die Nachfrage nach Bauleistungen die verfügbaren Kapazitäten übersteigt. Das war schon 2008 kurzzeitig der Fall, als das Konjunkturpaket II dafür sorgte, dass sämtliche Baukapazitäten in Leipzig auf Monate hinaus ausgebucht waren. Sehr zur Freude der Firmen, die sich nicht mehr um die Aufträge balgen mussten, weil schlicht die Mitbewerber fehlten. Für die Stadt hieß das damals schon, in den sauren Apfel zu beißen und die Aufträge teurer zu vergeben als geplant.
Und seit 2010 ist das nicht viel anders. Auch weil Städte wie Leipzig im Zugzwang sind, weil es hinten und vorne an Schulen und Kindertagesstätten fehlt und der Investitionsstau gleich reihenweise öffentliche Gebäude mit der Schließung bedroht. Die Firmen sind mit Aufträgen eingedeckt und können – auch an die Stadt – die gestiegenen Herstellungskosten weitergeben. Denn auch ein anderes Investitionsfeld bindet immer stärker Baufirmen: der private Immobilienmarkt. Nicht einmal für Neubau – den gibt es in wachsenden Städten wie Leipzig natürlich auch, aber verstärkt für Modernisierung und energetische Sanierung.
Das Ergebnis sieht im Sachsen-Durchschnitt sogar noch harmlos aus, denn diese Übersicht des Landesamtes für Statistik zeigt natürlich nicht die regional unterschiedliche Verteilung der Auftragshochburgen. Trotzdem liegen sämtliche Preisaufschläge im Bau im November 2013 deutlich über der allgemeinen Inflationsrate. Die lag nämlich nur bei 1,4 Prozent.
Speziell im Bereich der “Ausbauarbeiten” (3,8 Prozent) waren abermals merkliche Preisanpassungen zu verzeichnen, formuliert es das Statistische Landesamt. Im Detail galt dies für den Einbau von “Heiz- und zentralen Wassererwärmungsanlagen” (5,6 Prozent), für “Dämm- und Brandschutzarbeiten” (5,0 Prozent), “Trockenbauarbeiten” (5,0 Prozent), das Anbringen von “Wärmedämm-Verbundsystemen” (4,7 Prozent), “Maler- und Lackierarbeiten” (4,7 Prozent) sowie “Putz- und Stuckarbeiten” (4,6 Prozent).
Gewerke, die “Rohbauarbeiten” ausführen, verlangten im Schnitt 2,4 Prozent mehr für ihre Leistungen als 2012. Deutlich höher fielen beispielsweise die Rechnungen für “Entwässerungskanal-“(4,9 Prozent), “Dachdeckungs- und -abdichtungsarbeiten” (4,6 Prozent) oder klassische “Abdichtungsarbeiten” (4,0 Prozent) aus. Beinah konstant blieben indes “Stahlbauarbeiten” (0,1 Prozent).
Wer sich stattdessen lediglich für “Instandhaltungsmaßnahmen” an den vier Wänden entschied, wurde ebenso von Teuerungen (4,0 Prozent) überrascht. “Schönheitsreparaturen in einer Wohnung” belasteten die Haushaltskasse mit 4,2 Prozent Mehrkosten gegenüber 2012. Preissteigerungen gab es 2013 zudem bei den Bauleistungen im “Straßen-” (2,8 Prozent) und “Brückenbau” (2,0 Prozent) sowie dem Anlegen von “Ortskanälen” (3,3 Prozent).
Verfestigt wurden diese Entwicklungen auch im letzten Berichtsquartal. So erhöhten sich von August zu November 2013 die Preise für den “Neubau eines Wohngebäudes”, “Büro-” und “gewerblichen Betriebsgebäudes” jeweils um 0,4 Prozent. Die Errichtung einer “Straße” (0,5 Prozent) oder neuen “Brücke” (0,7 Prozent) kostete die öffentliche Hand gleichfalls mehr.
Wobei die Öffentliche Hand natürlich nicht in Quartalen denkt, sondern in Haushaltsjahren. Und gerade die genannten Ingenieurbauten haben meist mehr als zwei oder drei Jahre Vorlauf von der Planung über die ersten Bewilligungsanträge und die Förderanträge bis zu deren Gewährung und dem eigentlichen Beginn der Bauarbeiten. Da knirscht dann auch der zuständige Finanzsachbearbeiter mit den Zähnen, wenn eine Straße, die mit 10 Millionen Euro kalkuliert war, nun 11 Prozent teurer wird als noch 2010, ohne dass sich auch nur ein Planungsdetail geändert hat – macht ja nach Adam Ries schlappe 1,1 Millionen Euro. Wer die Diskussionen im Leipziger Stadtrat verfolgt, weiß, was 1,1 Millionen Euro sind.
Brücken im Straßenbau wurden in diesem Zeitraum “nur” um 8,3 Prozent teurer – was aber bei einer 40-Millionen-Euro-Brücke eben auch über 3 Millionen Euro sind. Die Preise für Schulen und Kindertagesstätten haben die Landesstatistiker nicht extra ausgerechnet. Aber da “Gebäude” im Schnitt 11,5 Prozent teurer wurden, wird das auch auf Schulen und Kindertagesstätten zutreffen. Aus einer 23-Millionen-Euro-Schulsanierung wird eine 26-Millionen-Euro-Sanierung und eine neue Kita kostet statt 4 Millionen dann eben 4,5 Millionen Euro.
Was eigentlich für den Investitionsetat der Stadt hieße, dass der sich alle drei Jahre um 10 Prozent erhöhen müsste, um dasselbe Ergebnis zu erreichen. Tut er aber auch in Leipzig nicht. Was logischerweise heißt: Für die 110 Millionen Euro, die jedes Jahres für Investitionen frei geschlagen werden, gibt es am Ende immer weniger. Und weil sich auch einstellige Millionenbeträge summieren, heißt das für manches wichtige Projekt, dass es immer weiter vertagt wird. Der Investitionsstau wird einfach nicht kleiner.
Und die 0,4 Prozent Preisauftrieb im 3. Quartal deuten schon an, wo es 2014 weitergeht, denn der Investitionsbedarf ist ja nicht gesunken. Dafür stieg der Strompreis weiter.
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