Am 5. August veröffentlichte "Spiegel Online" einen Beitrag, der auf die erstaunlichen Schwankungen bei den Ergebnissen des "Zensus 2011" einging. In einigen Kommunen gab es Abweichungen von über 30 Prozent von der bisherigen amtlichen Einwohnerzahl. 800 Bürgermeister haben Widerspruch gegen die Ergebnisse eingelegt. Leipzig nicht, obwohl es mit einem Minus von 21.350 sehr heftig erwischt wurde. Aber, so Ruth Schmidt, die zuständige Amtsleiterin: Das lag tatsächlich noch im Bereich des Erwarteten.
Die Fragen der L-IZ an Dr. Ruth Schmidt, Leiterin des Amtes für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig.
Mit 502.979 Einwohnern nach dem Zensus-Ergebnis lag Leipzig im Mai 2011 um rund 22.000 Einwohner unter der bisherigen amtlichen Fortschreibung von 525.000. Gibt es für diese Differenz plausible Erklärungsansätze?
Das Melderegister ist so gut bzw. schlecht, wie die dort zu speichernden Daten von Betroffenen, insbesondere von Zu- und Wegziehenden, angegeben werden. Bei Leipzig als Stadt mit einer sehr dynamischen Bevölkerungsbewegung kann es über Jahre hinweg zu falschen Datenbeständen (insbesondere Ausländer betreffend) kommen – in beide Richtungen: also in Leipzig lebende Personen, die im Melderegister fehlen (Untererfassungen) und Personen, die dort enthalten sind, sich aber nicht mehr in Leipzig aufhalten (Übererfassungen). Hinzu kommen Personen, die mehrfach erfasst sind. Im Rahmen des Zensus 2011 wurden für Leipzig die Über-, Unter- und Mehrfacherfassungen berechnet. Aus deren negativem Saldo resultiert der Rückgang unter die Melderegisterzahl.
Steht auch für Leipzig zu befürchten, dass die Ergebnisse des Zensus 2011 viel zu ungenau sind und die Realität nicht widerspiegeln?
Die Genauigkeit des Zensusergebnisses im Vergleich zur Realität einzuschätzen ist schwer – denn wer kennt die genaue Einwohnerzahl am 09.05.2011? Aus Sicht des Amtes für Statistik und Wahlen lag die Zahl im Erwartungsbereich – wenn auch am unteren Rand.Immerhin bedeutet dieser “Einwohnerschwund” nach den Informationen der Stadt 18 Millionen Euro weniger an Zuweisungen vom Bund. Hat auch Leipzig beim Statistischen Landesamt Widerspruch gegen die Zahlen eingelegt?
Die Stadt Leipzig hat keinen Widerspruch eingelegt. Zum einen wegen des unter 2. Gesagten und zum anderen hofft die Stadt auf weiteres überdurchschnittliches Wachstum.
Gibt es Überlegungen zu einer Klage gegen das Zensus-Ergebnis? Denn eine so sichtlich abweichende Bevölkerungszahl benachteiligt Leipzig ja deutlich bei den so dringend benötigten Finanzzuweisungen.
Siehe 3.: keine Klage, da auch kein Widerspruch
Die Zahl weicht ja auch deutlich von der Zahl aus dem amtlichen Einwohnerregister – 511.000 im Juni 2011 – ab. Sind jetzt weitere Registerbereinigungen nötig oder beruht die Differenz tatsächlich auf der verwendeten Rechenmethode des Zensus?
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Registerbereinigungen bedürfen einer Begründung im Einzelfall. Die “Streichungen” im Zensus betreffen methodenbedingt keine konkreten Personen – sondern wurden auf Basis des Stichprobenergebnisses in bestimmten Personengruppen durchgeführt. Es ist darüber hinaus untersagt, Erkenntnisse aus dem Zensus zur Korrektur des Melderegisters zu verwenden. Wir werden uns mit dem Ordnungsamt abstimmen, welche Folgerungen zu ziehen sind, insbesondere in Hinblick auf den nächsten Zensus.
Gibt es Initiativen mit anderen Kommunen, künftig zu belastbareren Bevölkerungszahlen zu kommen? Denn die Ergebnisse aus anderen Kommunen deuten ja darauf hin, dass die verwendete Methode keine zielgenauen Ergebnisse liefert.
Das Melderegister als Quelle der Einwohnerzahlen ist für Statistikämter ein oft diskutiertes Thema, aus wechselnden Gründen (z. B. bei Gesetzesänderungen). Im Vorfeld des nächsten Zensus 2021 werden die Statistikämter die jetzigen Erfahrungen auswerten, wozu auch sicher die Qualität des Registers gehört.
Leipzig ist dabei in Sachsen nicht einmal die Kommune, die es am heftigsten erwischt hat. Mehr dazu gleich an dieser Stelle.
Das Gemeindeblatt für Leipzig zum Zensus 2011 als PDF zum download.
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