Die Ergebnisse des Zensus 2011 liegen seit Freitag, 31. Mai, bundesweit vor. Für Leipzig bedeuten die neuen Zahlen, dass die Stadt offiziell weniger Einwohner hat als bisher statistisch berechnet worden war. Nach den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zählte Leipzig am 9. Mai 2011 insgesamt 502.979 Einwohner, das sind 21.450 weniger als bisher errechnet.

Für Ende 2011 schrieben die Statistiker die Einwohnerzahl Leipzigs bereits mit 510.043 fort, ein Wachstum von 7.046 Einwohnern in nur acht Monaten.

Für Aussagen zur aktuellen Einwohnerzahl sei das gesamte, starke Bevölkerungswachstum Leipzigs in den vergangenen Jahren zu berücksichtigen, betont das Amt für Statistik und Wahlen in seiner eigenen Mitteilung zum Thema. Zu der Zensuszahl zum Stichtag 9. Mai 2011 müssen rund 23.000 Einwohner hinzugezählt werden, um auf die aktuelle Zahl zu kommen. Danach zähle Leipzig im Juni 2013 rund 525.000 Einwohner.

Oberbürgermeister Burkhard Jung sagte dazu: “Leipzig ist nach wie vor die dynamischste Stadt Ostdeutschlands, unser Bevölkerungswachstum ist stabil. Wir bleiben eine wachsende und prosperierende Stadt. Dresden mag jetzt kurzzeitig etwas größer sein als Leipzig – das holen wir wieder auf.”

Noch keine Aussage lässt sich zu der Frage treffen, ob die neuen Zahlen Auswirkungen auf Fördermittelzuweisungen der Städte und Kommunen in Sachsen und der Bundesrepublik haben werden, so die Stadtverwaltung.

Deutschlandweit wurden zum Stichtag 9. Mai 2011 grundlegende Bevölkerungsdaten erhoben. Die letzte Volkszählung in der Bundesrepublik war 24 Jahre her (1987), in der DDR 30 Jahre (1981). Der jetzt ausgewertete jüngste Zensus erhob neben Angaben zur Bevölkerungszahl auch Aussagen zum Bildungsstand, zur Erwerbsbeteiligung, zur Religionszugehörigkeit und zur Altersstruktur. Deutschlandweit liegt die Bevölkerungszahl bei 80.219.695. Auch der Freistaat Sachsen verzeichnete einen statistischen Bevölkerungsschwund und zählt jetzt 4.056.799.

“Gegenüber den bisher gültigen Bevölkerungszahlen vom 30. April 2011 gab es zum Zensusstichtag damit 84 362 weniger als bislang festgestellt”, sagte Prof. Dr. Irene Schneider-Böttcher, Präsidentin des Statistischen Landesamtes Sachsens, am Freitag zur Pressekonferenz des Landesamtes.Der Vergleich der Zensusergebnisse mit den bisherigen Bevölkerungszahlen zeigt, dass in Sachsen die Differenzen bei den Männern mit rund 50.200 (-2,5 Prozent) größer ausfallen als bei den Frauen mit rund 34.200 (-1,6 Prozent). Ursachen dafür liegen unter anderem in Zusammenhang mit den Abweichungen bei den Ausländer/-innen, deren Differenz nahezu 38.000 (-33,0 Prozent) beträgt. Was dann ungefähr dem starken Rückgang der Leipziger Einwohnerzahl entspricht.

43,0 Prozent der Personen ab 15 Jahren besaßen die mittlere Reife oder einen gleichwertigen Abschluss. Die Fachhochschul- oder Hochschulreife erreichten 26,1 Prozent. Ohne Schulabschluss bzw. noch in schulischer Ausbildung waren nach den Zensusergebnissen 3,7 Prozent der Bevölkerung, das sind 130.910 Personen.

Für Leipzig bedeutet das: 166.460 Personen über 15 Jahre hatten die Hochschul-/ Fachhochschulreife, was 38,4 Prozent entspricht, 153.740 hatten die mittlere Reife (35,5 Prozent) und 95.750 den Hauptschulabschluss bzw. einen vergleichbaren. Nur 17.170 hatten keinen Abschluss, was 4,0 Prozent entspricht – also deutlich, deutlich weniger als das, was das sächsische Schulsystem derzeit mit 10 bis 14 Prozent Schulabgängern ohne Abschluss produziert. Wobei eine spannende Frage auftaucht: Holen all die vielen Kinder, die nach der Regelschulzeit keinen Abschluss haben, diesen nicht nach? – Es sieht nämlich genauso aus, dass sie es doch tun. Denn schon bei den 18- bis 30-Jährigen beträgt die Quote derer, die keinen Schulabschluss haben, nur noch 3,36 Prozent. Bei den 30- bis 65-Jährigen sinkt diese Quote sogar auf 2,5 Prozent. Was natürlich die Frage aufwirft: Wie sehen dann eigentlich die wirklichen Übergänge aus für all jene, die ohne Schulabschluss ins Leben gehen? Eine echte Grauzone.

Und das “Verschwinden” zahlreicher Einwohner mit ausländischer Herkunft sorgt augenscheinlich auch dafür, dass jetzt sichtbar wird, wie gut gebildet die ausländischen Mitbürger in Leipzig eigentlich sind: Zwar haben 13,8 Prozent der über 15-Jährigen keinen Schulabschluss, dafür haben 54,4 Prozent die Hochschulreife. In Zahlen: 9.920 von 18.230. Eine Zahl, die noch deutlicher wird, wenn man weiß, dass an den Leipziger Hochschulen nur etwas über 3.700 Studierende aus dem Ausland immatrikuliert wird.

Von 20.790 Ausländern standen übrigens 9.480 als “Nichterwerbspersonen” dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung – in der Regel, weil sie zu jung oder zu alt waren. Was auch dem Wert der deutschen Bevölkerung entspricht. Und von den verbleibenden 11.310 Erwerbspersonen waren 9.120 auch erwerbstätig – nur 2.190 Ausländer zählten als erwerbslos. Ob das dem entspricht, was die Arbeitsagentur monatlich als “arbeitslos” meldet, kann man wohl bezweifeln. Denn auch die Leipziger mit heimischer Geburt steuern nur 23.810 erwerbslose Personen bei.

Da bleibt – egal wie man’s rechnet, eine deutliche Lücke zu den 33.650 als arbeitslos Gezählten, die die Bundesagentur für Arbeit gemeldet hat. Der nächste Punkt, an dem sich einige Instanzen jetzt einen Kopf darüber machen müssen, was sie eigentlich die ganze Zeit zählen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar