In der Öffentlichkeit wird gegenwärtig die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro je Stunde diskutiert. Eine Auszählung des Sozioökonomischen Panels (SOEP) durch das IWH ergab, dass im Jahr 2011 - aktuellere Daten liegen nicht vor - im Osten 25 Prozent und in Westdeutschland knapp 12 Prozent der abhängig Beschäftigten einen vereinbarten Bruttostundenverdienst von weniger als 8,50 Euro erhalten haben.

Etwa 38 Prozent der ostdeutschen Arbeitnehmer hatten im Jahr 2011 einen Bruttostundenlohn von weniger als 10 Euro; im Westen waren es 20 Prozent. Berücksichtigt man die durchschnittliche Lohnsteigerung, so dürfte im Jahr 2012 der Anteil der Beschäftigten mit einem Stundenlohn von weniger als 8,50 Euro im Osten 24 Prozent und im Westen 11 Prozent betragen haben, stellen die Forscher des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) fest.

Der Medianwert der Stundenlöhne von Vollzeitbeschäftigten lag im Jahr 2011 in Ostdeutschland bei 11,98 Euro und in Westdeutschland bei 15,87 Euro. Das ist nicht zu verwechseln mit Durchschnittslöhnen. Der Median bezeichnet jenen Wert, bei dem die Hälfte der ermittelten Werte darüber liegt bzw. darunter.

Dies bedeutet, dass in Westdeutschland der anvisierte Mindestlohn von 8,50 Euro bei knapp 54 Prozent des Medianlohns liegen würde. In Ostdeutschland wären es knapp 71 Prozent. Ein Vergleich mit anderen EU-Mitgliedsländern zeigt eine große Spreizung der Relation zwischen Mindestlohn und Medianlohn: Der größte Wert wurde im Jahr 2011 mit 60 Prozent in Frankreich erreicht, wo zurzeit ein Mindestlohn von 9,43 Euro pro Stunde gezahlt wird.In Portugal beträgt diese Relation bei einem Mindeststundenlohn von 2,92 Euro 57 Prozent, in Griechenland 51 Prozent (3,35 Euro) und in Spanien 44 Prozent (3,91 Euro). In Estland waren es sogar nur 39 Prozent (1,90 Euro). In den Branchen, in denen in Deutschland zur Zeit Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz gelten, liegen diese überwiegend über dem Wert von 8,50 Euro.

Das gilt beispielsweise für das Bauhauptgewerbe, das Gebäudereinigerhandwerk oder das Elektrohandwerk. Ein geringerer Branchenmindestlohn wird – mit Ausnahme von Baden-Württemberg – im Wach- und Sicherheitsgewerbe gezahlt. Auch liegt die derzeitige Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (Ostdeutschland: 7,50 Euro; Westdeutschland: 8,19 Euro) deutlich unter dem vorgeschlagenen flächendeckenden Mindestlohn.

www.iwh-halle.de

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