Klingt ja wie eine gute Botschaft, wenn das Statistische Landesamt meldet: "Rückgang der Verbraucherinsolvenzen in Sachsen 2012". Klingt nach einer Wirtschaft, die sich erholt, nach Leuten, die ihre Schulden abbauen. Aber wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, dann lautet die Botschaft eher: Die jüngste Krise hat in Sachsen das Märchen von der Selbstständigkeit endgültig entlarvt. Die Lust der Sachsen auf den "Schritt in die Selbstständigkeit" ist ihnen vergangen.
3.983 Insolvenzverfahren für Verbraucher wurden im Jahr 2012 in Sachsen gemeldet. Damit sank die Zahl der Verfahren um 278 bzw. 6,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wie das Statistische Landesamt weiter mitteilt, wurden von den Verbraucherinsolvenzen 3.938 Verfahren (98,8 Prozent) eröffnet, 19 Verfahren mangels Masse abgewiesen und 26 Verfahren mit der Annahme eines Schuldenbereinigungsplanes beendet.
Außer den Verfahren für Verbraucher gehörten zu den 5.622 Insolvenzen der “übrigen Schuldner” noch 36 Verfahren für natürliche Personen, die als Gesellschafter und Ähnliches tätig waren, 1.101 für ehemals selbstständig Tätige (darunter 274, die ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen) und 502 Verfahren für Nachlässe. Diese Angaben bedeuteten eine um 9 Prozent rückläufige Entwicklung der Verfahrenszahlen gegenüber 2011. Was dann zwar bedeutet, dass die Zahl der Verfahren sinkt, weil die Sachsen kaum noch ein Risiko eingehen – weder privat noch beruflich.
Aber bis die politisch Verantwortlichen auch die Botschaft erreicht, dass Sachsen damit ein wesentlicher Teil des Unternehmergeistes verloren geht, den es ohne Risiko nicht gibt, werden wohl noch ein paar Generationen hinweg gehen müssen. Mal ganz zu schweigen davon, dass die sächsische Insolvenzstatistik auch ein Abbild der fehlenden Kapitalkraft der Selbstständigen ist. Die durch wirklich sinnvolle staatliche Programme nicht unterstützt wird. Was dann in den Zahlen für die Unternehmensinsolvenzen deutlicher wird.
Gut 56 Prozent der insolventen Unternehmen (779) waren weniger als acht Jahre wirtschaftlich tätig, darunter 437 Unternehmen weniger als vier Jahre, stellen die Statistiker in Kamenz fest. Der Anteil der Gläubigerforderungen der Gruppe “unter acht Jahre” lag bei 46,6 Prozent. Ein Blick in die Tabelle zeigt auch, dass gerade die Insolvenzen von freiberuflichen Dienstleistern 2012 sogar zugenommen haben, während sie in den anderen Branchen zurückgingen.
Rund 53 Prozent der betroffenen Unternehmen waren Einzelunternehmen, weitere knapp 37 Prozent Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH).
Gut 19 Prozent der insolventen Unternehmen waren dem Baugewerbe zuzuordnen, knapp 17 Prozent dem Wirtschaftsbereich Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz.Und es fällt ebenfalls auf: Bei den Unternehmensinsolvenzen haben sich die Forderungssummen deutlich erhöht – von 707 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 786,7 Millionen Euro im Jahr 2012. Die insgesamt von den Gläubigern angemeldeten Forderungen für Unternehmen betrugen durchschnittlich 566.800 Euro je Verfahren.
Was dann – bei insgesamt sinkender Verfahrenszahl – die Summe der verhandelten Forderungen auch insgesamt steigen ließ: von 1,239 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 1,252 Milliarden im Jahr 2012. Darin enthalten dann auch die Privatinsolvenzen, deren verhandelte Forderungen von 532 Millionen Euro auf 465,1 Millionen sanken.
Andererseits macht die Statistik auch sichtbar, wie sehr die Kapitalknappheit gerade die Stadt Leipzig in der Klemme hat. Hier hat man ja mit dem Füllhorn gern Unternehmen aus aller Welt gefördert, die in Leipzig bereit waren, lauter billige Arbeitsplätze zu schaffen. Nur für einen regional verankerten Wirtschaftsaufbau fehlten die Programme und die Gelder.
Ergebnis, so die Statistiker in Kamenz: Die meisten Unternehmensinsolvenzen wurden 2012 mit 288 für die Stadt Leipzig gemeldet, gefolgt von 195 Meldungen der Stadt Dresden. Die Stadt Chemnitz meldete 119 Verfahren, der Landkreis mit den meisten Insolvenzverfahren war der Erzgebirgskreis mit 100 Meldungen.
Und dass die fehlende lokale Wirtschaftskraft auch zurückschlägt auf die Konten der Einwohner, war auch 2012 in der Privatinsolvenzstatistik sichtbar: Auf die Kreisfreien Städte Leipzig (1.319), Dresden (594) und Chemnitz (494) entfielen 2012 knapp 43 Prozent aller Insolvenzverfahren der übrigen Schuldner.
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Von den Landkreisen wurden die meisten Verfahren im Landkreis Zwickau (464) und dem Erzgebirgskreis (379) gemeldet, die wenigsten in den Kreisen Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (154) und Meißen (198). Die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen der übrigen Schuldner betrugen 465,1 Millionen Euro, durchschnittlich 82.700 Euro je Verfahren. Die Forderungshöhe verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr um fast 13 Prozent bzw. 67 Millionen Euro.
Womit sich der Kreis schließt. Fehlendes Kapital dämpft das Unternehmertum, fehlende Förderprogramme verhindern die Expansion bestehender Unternehmen, die Einkommen stagnieren, die Kaufkraft dümpelt vor sich hin. Also hüten sich die Sachsen immer mehr, noch irgendwo ins Risiko zu gehen. Und fallen damit als Motor der eigenen Wirtschaftsbelebung praktisch aus. Und die Gewinne der so teuer angesiedelten Unternehmen aus aller Welt werden – wenn man von den beiden agilen Autobauern absieht – nicht wieder in Leipzig investiert.
Wirtschaft ist ein Kreislauf, in dem man nicht irgendwo die Schmiere rausnehmen kann. Im Gegenteil, er braucht eine kluge und nachhaltige regionale Förderpolitik. Wenn sie wirklich klug ist, die komplette Metropolregion umgreifend. Aber wem erzählt man das?
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