Im September 2012 waren in der Stadt Leipzig 8.046 Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren auf Hartz IV angewiesen. 14,4 Prozent aller in Leipzig lebenden Jugendlichen sind direkt von Armut betroffen. In einzelnen Stadtteilen ist der Anteil jugendlicher Hartz IV-Empfänger noch weit höher, die im Hinterhof der Wohlstandsgesellschaft leben, stellt der DGB in einer Auswertung fest.
Zum Vergleich: Bundesweit waren im August 2012 8,8 Prozent aller erwerbsfähigen jungen Menschen unter 25 Jahren Hartz IV-Empfänger. Damit hat fast jeder elfte erwerbsfähige Jugendliche in Deutschland Hartz IV-Leistungen bezogen. In Leipzig hingegen ist mit einer Hilfequote von 14.1 Prozent fast jeder sechste erwerbsfähige Jugendliche auf Hartz IV angewiesen. Das Verarmungsrisiko von Jugendlichen ist in der Stadt Leipzig fast doppelt so hoch wie im bundesdeutschen Durchschnitt.
“Diese jungen Menschen erfahren die gesellschaftliche Benachteiligung und Spaltung bereits in jungen Jahren. Besonders gravierend ist aus gewerkschaftlicher Sicht die Armutserfahrung, wenn sich der Hilfebezug bereits in jungen Jahren verfestigt”, so Bernd Günther der Vorsitzende des DGB-Stadtverbandes Leipzig.
Nach einer Sonderauswertung der amtlichen Statistik für den DGB in Sachsen zählen 55,1 Prozent der hilfebedürftigen Jugendlichen zu den Langzeitbeziehern, die in den letzten 24 Monaten mindestens 21 Monate auf staatliche Fürsorge angewiesen waren.
“Neben materieller Entbehrung erleben diese Jugendlichen Arbeitslosigkeit und niedriges Erwerbseinkommen im Familienkontext, schlechtere Wohnverhältnisse sowie schlechtere Chancen im Ausbildungssystem und in der Arbeitswelt. Hinzu kommt, dass sich Einkommensarmut auch verstärkt negativ auf die Gesundheit auswirken kann”, so der Leipziger DGB-Chef weiter.
Nur 2.275 gleich 28,8 Prozent der auf Hartz IV angewiesenen Jugendlichen ist arbeitslos gemeldet. Weitere 252 nahmen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teil. Die weit überwiegende Mehrzahl der hilfebedürftigen Jugendlichen besucht noch die Schule, war in Ausbildung, erwerbstätig oder betreute ihre Kinder unter drei Jahren. Die Zahl der auf Hartz IV angewiesenen Jugendlichen in Leipzig ist vier bis fünfmal höher als die der hilfebedürftigen Arbeitslosen.
Besonders auffallend ist, dass meist nicht die eigene Arbeitslosigkeit zur Bedürftigkeit führt, sondern die Gründe vielmehr in den begleitenden Lebensumständen liegen. Die Mehrzahl der als nicht arbeitslos registrierten jungen Menschen dürfte noch zur Schule gehen: entweder an allgemeinbildenden Schulen oder an berufsbildenden Schulen. Da sie oft noch bei ihren Eltern oder einem Elternteil leben, ist davon auszugehen, dass entweder mindestens ein Elternteil arbeitslos ist oder es kann trotz Erwerbstätigkeit das gesellschaftliche Existenzminimum der Haushaltsgemeinschaft nicht gesichert werden. Die Armut von Jugendlichen ist weitgehend auf Arbeitslosigkeit oder nicht existenzsichernde Löhne der Eltern zurückzuführen. Den anderen Jugendlichen fehlt es selbst an einem existenzsichernden Arbeitsverhältnis.
Günther fordert: “Um diesen Jugendliche einen dauerhaften Ausstieg aus den prekären Lebensverhältnissen zu ermöglichen, hilft ein schlichtes Parken in beruflichen Warteschleifen oder die Zuweisung in Ein-Euro-Jobs nicht. Um die Spirale von Armut und Perspektivlosigkeit für viele Jugendliche zu durchbrechen, müssen vielmehr zusätzliche Initiativen zur Aus- und Weiterbildung jugendlicher Hartz IV-Empfänger ergriffen und dringend auch die Zusammenarbeit von Jugendamt und Jobcenter verbessert werden. Darüber hinaus braucht es existenzsichernde Löhne und präventive arbeitsmarkt-, bildungs- und sozialpolitische Maßnahmen, die die unterschiedlichen Lebensumstände der jungen Menschen berücksichtigen. Individuelle und kreative Ansatzpunkte sind gefragt, die die gesamten Lebensumstände einschließen.”
Allein im vergangenen Jahr hat das Jobcenter in der Stadt Leipzig arbeitsmarktpolitische Mittel von 7,1 Millionen Euro (aus verschiedenen Gründen) an den Bund zurück gegeben. Der DGB regt an mindestens 1 Million Euro dieser Mittel in diesem Jahr erneut für eine Aus- und Weiterbildungsinitiative für Jugendliche und junge Erwachsene im Hartz IV-System zur Verfügung zu stellen so der Gewerkschafter.
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