Die Inflation gehört zum Leben in einer von Zinsen beherrschten Welt. Was sich die diversen Kreditinstitute manchmal mit Wonne von den Kreditnehmern geben lassen, landet irgendwann unweigerlich als Aufschlag auf allen möglichen Produkten. Und wenn man das mit bedenkt, sind die Sachsen 2012 noch relativ glimpflich davongekommen. Die, die sich Geld geborgt haben, sowieso.
“2012 bringt keine Entspannung bei den sächsischen Verbraucherpreisen”, titelte das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen am 2. Januar, als es die Inflationsraten für das vergangene Jahr bekannt gab. Am Jahresende stand nun ein Plus von 2,2 Prozent auf alle Waren und Dienstleistungen im Buch. Wirkliche Preisrückgänge gab es eigentlich nicht, auch wenn die Statistiker im Detail einige Warengruppen fanden, in denen es 2012 einen Nachlass der Preise gab.
Endlich kamen auch die seit 2008 von den Staatsbanken gewährten Kreditsätze als leichte Verbesserung bei den Kreditnehmern an. Was freilich sehr zu denken gibt: Drei, fast vier Jahre, bevor die historisch niedrigen Zinsen von ganz oben bis zum eigentlichen Kunden durchsickern? Das zeugt entweder von einem verdammt schwerfälligen System – oder von einem nicht lernwilligen System. Oder von einem System, das die Differenz aus dem Leitzins der EZB und den Verbraucherzinsen die ganze Zeit über dringend brauchte, um eigene Probleme zu lösen. Wenn sie denn gelöst sind.
Denn dass 2012 die Verbraucherzinsen fielen, muss nicht bedeuten, dass die Probleme gelöst sind. Es kann auch bedeuten, dass die überteuerten Finanzprodukte keine Abnehmer mehr fanden. Denn irgendwann “rächt” sich jede Hochzinspolitik, weil immer mehr Unternehmen sich die saftigen Aufschläge für frisches Geld nicht mehr leisten können und dann lieber auf Expansion und Investition verzichten. Was zusätzlich auf die Geldkreisläufe negativ zurückschlägt.
Ein Blick auf Europa zeigt, wohin ein Kontinent kommt, wenn auf diese Weise – obwohl es das Geld von der EZB quasi für null Prozent gibt – die Innovationsrate in den einzelnen Wirtschaften gedrosselt wird (in Südeuropa wurde sie durch geniale Politik ja geradezu abgewürgt): Ein Kontinent stagniert und fällt selbst für die fleißig exportierenden Sachsen als Absatzmarkt aus. Wo nichts erwirtschaftet wird, wird auch nicht gekauft.
Und so stellen denn Sachsens Statistiker fest: Günstiger als im Vorjahr 2011 kam man vor allem bei der Inanspruchnahme von “Finanzdienstleistungen” (-15,7 Prozent). Das sieht schon nach viel aus. Aber die Wahrheit ist auch: Es könnte (und müsste) sogar noch mehr sein.
Billiger wurde auch der Kauf einiger technischer Geräte, speziell von “Notebooks” (-10,9 Prozent), “Fernsehern” (-9,4 Prozent), “Telefonen” (-5,7 Prozent) und “Waschmaschinen” (-3,7 Prozent). Aber das war’s dann schon. Und man dürfte wohl mit der Vermutung nicht falsch liegen, dass die Preissenkungen mit der “gesunkenen Konsumlaune” in ganz Europa zu tun haben, denn solche Geräte werden ja nicht nur für den winzigen sächsischen Markt in gewaltigen Stückzahlen gebaut. Man kauft sie auch in der Regel nicht jedes Jahr neu.
Das aber, was man praktisch täglich kaufen muss – das wurde nicht billiger. Im Gegenteil.Preissteigerungen von drei Prozent und mehr verzeichneten dabei die Bereiche “Bekleidung und Schuhe” (3,9 Prozent), “Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke” (3,2 Prozent), “Verkehr” (3,1 Prozent) sowie “Alkoholische Getränke und Tabakwaren” (3,0 Prozent). Besonders auffallend fanden Sachsens Statistiker die Entwicklungen bei “Mehl” (41,6 Prozent), “Zucker” (20,8 Prozent), “Bekleidungsartikeln” (4,0 Prozent), “Schuhen” (4,3 Prozent), “Flugtickets” (7,6 Prozent), “Kraft-/Schmierstoffen” (5,6 Prozent), “Mixgetränken” (5,6 Prozent) und “Zigaretten” (3,9 Prozent). Teurer wurden zudem “stationäre” (5,7 Prozent) oder “zahnärztliche Leistungen” (4,3 Prozent) bzw. die Betreuung in “sozialen Einrichtungen” (1,6 Prozent).
Da denkt man schon ein wenig nach, wer das alles noch bezahlen soll, wenn das immer so weiter geht. Denn gerade für Energie und Lebensmittel geht die Preisspirale ja seit Jahren immer weiter kräftig nach oben.
Haushaltsenergie ist mittlerweile 44,3 Prozent teurer als noch 2005, Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke haben um 27,1 Prozent zugelegt. Nur zum Vergleich: Die Gesamtteuerungsrate seitdem lag nur bei 15,8 Prozent. Was im Effekt auch heißt, dass vor allem Menschen mit kleinem Einkommen richtig zur Kasse gebeten wurden, weil es die Dinge des Grundbedarfs waren, die überdurchschnittlich teurer wurden: Obst um 32,6 Prozent, Bekleidung und Schuhe um 36,6 Prozent, Strom um 43,9 Prozent.
Die Steigerung der Parkhausgebühren von 17 Prozent im Jahr 2011 wird die meisten eher nicht interessieren. Auch wenn Autofahrer wirklich oft glauben, ihr fahrbarer Untersatz sei der Nabel der Welt und 32,9 Prozent Aufschläge beim Sprit seit 2005 seien zu viel. Im Dezember gab es da sogar mit 1,4 Prozent einen eher unüblichen Preisrückgang. Aber der hat mit der mittlerweile völlig enthemmten Öl- und Gas-Förderpraxis der USA zu tun, wo einige Leute wirklich glauben, sie müssten nur möglichst schnell möglichst viel Öl aus der Erde pumpen, dann wären Preise und Welt wieder in Ordnung.
Tatsächlich ist der Katzenjammer damit nicht einmal verschoben – nur die Phase, dass sich alle Optimisten gegenseitig versichern, dass es gar keinen Ölengpass gibt, wird etwas verlängert. Und damit werden die so notwendigen Kurskorrekturen wieder ein Stück in die Zukunft verschoben.
Stattdessen sparen auch die deutschen Spaßvögel in den Ministerien lieber beim ÖPNV. Und zwar happig. Was sich logischerweise seit Jahren auch auf die Fahrpreise auswirkt. Und so wirkten sich die Tariferhöhungen im “Schienen-” (3,2 Prozent), “Luft-” (2,9 Prozent) und “kombinierten Personenverkehr” (0,5 Prozent) entsprechend aus, teilt das Statistische Landesamt mit. Seit 2005 sind die Fahrpreise im ÖPNV im Schnitt zwischen 24 und 25 Prozent gestiegen.
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