Sitzen in Dresden nur Buddhas? Schauen zu und freuen sich, wie das ganze Land sich müht und versucht, den Anschluss zu finden an den westlichen Teil der Republik? Und tun trotzdem nichts? Lassen alles fahrlässig laufen, bis die eigene Belegschaft an Krücken geht? - Harte Worte? - Vielleicht. Und doch eine Zustandsbeschreibung des sächsischen Arbeitsmarktes.
Am Donnerstag, 24. Januar, veröffentlichte das Sächsische Landesamt für Statistik die neuen Zahlen zur Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen 2012 in Sachsen. “0,5 Prozent mehr Erwerbstätige 2012 in Sachsen”, steht drüber. Klingt nach so etwas wie Aufschwung. Und für das Produzierende Gewerbe, das für Sachsen im Wesentlichen die Exporterlöse einfährt, gilt das auch. Für die Bauwirtschaft gilt das schon nicht mehr. Und daran ist ganz bestimmt nicht die Witterung schuld. Der Weltmarkt sowieso nicht.
Sachsens Probleme sind hausgemacht. Und die knüppelharte Spar- und Hortpolitik des regierenden sächsischen Finanzministers schlägt durch. Bis in die elementaren Lebensbereiche des Bundeslandes, das tatsächlich schon längst um etliche Meilen weiter herangekommen sein könnte an die Konkurrenz West. Wenn das Geld, das der Freistaat zur Verfügung hat, auch ohne Knausern und Murren in die notwendigen Investitions- und Beschäftigungskreisläufe gelenkt worden wäre. Wurde es aber nicht.
Die Leipziger erleben es seit Jahren in blanker Schönheit, auch wenn sie zum Demonstrieren dann doch lieber vors Neue Rathaus laufen, weil sie für die völlig verspätete Investitionspolitik in Kindertagesstätten und Schulen die Burschen in der Leipziger Verwaltungsspitze verantwortlich machen. Aber die Verantwortlichen sitzen in der Landeshauptstadt und in der Bundeshauptstadt. Die Finesse, sich ihre Haushalte schön zu sparen auf Kosten der Leistungserbringer ganz unten in der Futterkette, die beherrschen die Bundesminister genauso gut wie die Landesminister.
Das ist Schönwetterpolitik. In Sachsen auch noch verbrämt mit schönen Sprüchen, man müsse doch vorsorgen für die künftigen Generationen.
Was für ein Spuk. Was nutzt das, wenn die jetzigen Generationen nicht einmal mehr eine ordentliche Schulausbildung bekommen?
Dass die Erwerbstätigenzahl in Sachsen auch 2012 wuchs, ist kein Verdienst der sächsischen Landesregierung, sondern ganz allein eines der Unternehmer, die damit ins Risiko gegangen sind, die neue Produktionsstrecken aufgemacht haben, obwohl über den Märkten der Welt der rote Komet leuchtet.
1,973 Millionen Erwerbstätige hatten im Jahr 2012 ihren Arbeitsplatz im Freistaat Sachsen und damit 0,5 Prozent bzw. knapp 10.000 Personen mehr als im Jahr 2011, meldet das Statistische Landesamt. Und weil wohl irgendjemand im Amt die Erwartungshaltung spürte, dass in Dresden jemand ein Lob hören wollte, formulierte das Amt noch: “Mit diesem Ergebnis erreichte der Freistaat den höchsten Zuwachs an Erwerbstätigen von den fünf neuen Ländern.”
Klingt doch gut, oder? – Klingt es nicht. Denn insgesamt stieg die Erwerbstätigenzahl in Deutschland 2012 um 1 Prozent. In den etwas älteren Bundesländern gab es sogar einen Zuwachs von 1,1 Prozent. “In den fünf neuen Ländern blieb das Ergebnis im Vergleich zu 2011 jedoch unverändert”, so das Kamenzer Amt. Ach ja – Berlin nicht zu vergessen. Da wuchs die Erwerbstätigenzahl sogar um 1,5 Prozent.
“In Sachsen war die Entwicklung wie bereits im Jahr 2011 geprägt von zwei grundsätzlichen Tendenzen – einem Anstieg der Zahl der Arbeitnehmer ohne marginal Beschäftigte und einer deutlichen Verringerung der Anzahl der marginal Beschäftigten”, das ist tatsächlich so halb und halb eine gute Botschaft. Mittlerweile ist der Fachkräftenachwuchs für die Wirtschaft so dünn, dass man auch wieder verstärkt Vollzeitarbeitsplätze anbietet, um Personal zu finden. Was vielen Sachsen, die in den letzten Jahren in prekärer Beschäftigung jobbten, endlich einen Einstieg in den wirklichen 1. Arbeitsmarkt gaben. Denn der Markt der prekären Beschäftigungen ist ja längst der eigentliche 2. Arbeitsmarkt – 2. Wahl für die Arbeitsuchenden, Reserve für den 1. Arbeitsmarkt.
Aber auch für diese Entwicklung kann sich die Regierung kein Bienchen anstecken. Sie ist schlicht ein demografischer Effekt. Und der wird noch auf Jahre den sächsischen Arbeitsmarkt bestimmen – die Unternehmen werden alles tun, ältere Arbeitnehmer zu halten, Fachkräfte besser zu bezahlen und brauchbares Personal über richtige Bezahlung zu binden.
Ob die Zeit der zunehmenden Verwandlung von Festanstellungen in Leiharbeitsplätze freilich vorbei ist, darf angezweifelt werden. Die Zeitarbeit steckt in der Rubrik “Grundstücks- und Wohnungswesen, Finanz- und Unternehmensdienstleister”. Und hier wuchs die Zahl der Beschäftigten von 328.900 auf 330.400.
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Und besonders angewiesen auf die Bindung des qualifizierten Personals ist natürlich die Industrie: “Nach Branchen zeigt die aktuelle Entwicklung, dass insbesondere die Erwerbstätigkeit im Verarbeitenden Gewerbe Gewinne aufweisen konnte. Ebenfalls einen nennenswerten Zuwachs verzeichnete der Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation”, schreiben die Statistiker. “Im Gegensatz dazu gab es Rückgänge bei der Zahl der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sowie im Baugewerbe.”
Im Baugewerbe ging die Zahl der Erwerbstätigen von 167.900 auf 166.100 zurück. Man hat den kleinen “boom” des Konjunkturpakets II nicht ohne Abbrüche mitnehmen können. Die Besinnung der Staatsregierung darauf, dass endlich mehr Geld in Schulen, Kitas und Straßenerhaltung fließen müsste, kam zu spät.
Und noch viel später wird ja in Dresden die Erkenntnis kommen, dass man sich sein Personal auch im öffentlichen Dienst langfristig sichert. Dass man da nicht auftreten kann wie Meister Schere.
Das statistische Landesamt dazu: “Der große Bereich der Öffentlichen und sonstigen Dienstleister, Erziehung und Gesundheit verharrte auf dem Niveau des Jahres 2011.” Und das ist nur die gemischte Wahrheit. Denn: “Innerhalb dieses Bereiches stand den Verlusten an Erwerbstätigen in der Öffentlichen Verwaltung, in Erziehung und Unterricht sowie bei den sonstigen Dienstleistern ein deutlicher Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen im Gesundheits- und Sozialwesen gegenüber.”
Heißt im Klartext: Der Abbau von Polizisten, Lehrern und anderen Staatsangestellten ergibt längst ein stattliches Minus. Hätte der Pflegebereich nicht weiter Personal eingestellt, hätte in dieser Rubrik ein Beschäftigungsabbau gestanden. Stehen müssen.
Grundlage für die Zahlen sind die Ergebnisse des Arbeitskreises “Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder”:
www.aketr.de
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