Am 17. Dezember veröffentlichte die Bürgerinitiative "Gegen die neue Flugroute" ihren Fluglärmreport zum Flughafen Leipzig/Halle 2012 - schon zwei Wochen vor Jahresende hat der Flughafen seine Rekordzahlen aus dem Vorjahr überboten. 26.614 nächtliche Starts und Landungen von Fracht- und Militärfliegern - das sorgt für schlaflose Nächte in manchen Teilen Leipzigs.
Und es gibt Nächte, da wird es richtig heftig. Den 7. November führt Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative, als Beispiel an. “20 Starts innerhalb einer halben Stunde, darunter 8 (40 %) besonders schwere Maschinen (Heavy), 100% !!! von der stadtnahen Startbahn Süd”. Das Besondere an dieser geballten Luftbewegung ist tatsächlich die Uhrzeit: 4 bis 5 Uhr in der Nacht.
Die zweite Besonderheit an diesem Tag: Die Fluglärmkommission hatte die zweite Sitzung im Jahr 2012. Und brachte an diesem Tag das Glanzstück fertig, nach vier Jahren Diskussion und Begutachtung das Thema Bahnverteilung ungeklärt vom Tisch zu wischen. Im Protokoll dieser Sitzung steht dazu: “Eine zeitlich versetzte Nutzung der Start- und Landebahnen sollte in die Überlegungen der seit längerem eingesetzten Arbeitsgruppe der FLK zur Bahnverteilung einfließen. Die Arbeitsgruppe schloss am 22.10.2012 ihre Arbeit ab. Aus den Ergebnissen konnte die FLK derzeit keine wirksame Empfehlung zur Verteilung des Nachtflugverkehrs ableiten.”
Und das, obwohl in all den Jahren seit Eröffnung der Landebahn Süd 2007 alle Kritik der Bürgerinitiativen mit dem Argument abgebügelt wurden, man bemühe sich ja um eine Gleichverteilung der Belegung beider Start- und Landebahnen. Das sei der beste Weg zu einer Entlastung der Bürger im Stadtgebiet. Von einer solchen Verteilung ist der Flughafen weit entfernt: Derzeit werden nachts etwa 95 Prozent aller Starts und Landungen über die stadtnahe Südlandebahn abgewickelt.
Der Grund dafür ist simpel: DHL und die anderen Frachtlogistiker haben ihre Hallen alle an der Startbahn Süd gebaut. Der Mehraufwand, mit den beladenen Frachtern über die Rollbrücke auf die Nordbahn auszuweichen, wird da als unzumutbar gesehen. Zeit ist Geld, ist die Devise.
In einem eleganten Schwenk findet die Fluglärmkommission gleich einen Ersatz für das wieder verschobene Thema Flugbahnverteilung: “Eine in der Arbeitsgruppe entwickelte Bewertungsmethodik hat jedoch die Verringerung des Fluglärms im Osten des Flughafens auf Grund des bisherigen Flottentauschs bei DHL nachgewiesen. – Die FLK wertet diesen Flottentausch als einen wesentlichen Beitrag zum aktiven Lärmschutz. Durch ihre hartnäckige Forderung erreichte die Kommission, dass DHL inzwischen die AN 12 und einige AN 26 außer Betrieb genommen und durch leisere Flugzeuge ersetzt hat. Dies hat wesentlich zur Fluglärmreduzierung beigetragen. Der vollständige Austausch der AN 26 soll bis Ende 2015 erfolgen.”
Ob es die Betroffenen wirklich so empfinden, erfährt man dann vielleicht bei Auswertungen im nächsten Jahr.Der jetzt vorgelegte Ortsteilkatalog 2012 der Stadt Leipzig zeigt zumindest, wer 2011 vom Fluglärm am heftigsten betroffen war. Im gesamten Stadtgebiet äußerten in der dafür ausgewerteten Bürgerumfrage 2011 zumindest 6 Prozent der Befragten, dass sie vom Fluglärm stark bis sehr stark betroffen waren. Das ist weniger als bei Straßen- oder Schienenlärm (18 bzw. 12 %), aber so viel wie bei Baustellenlärm und mehr als bei Industrielärm (2 %).
Es gibt viele Ortsteile, wo der Fluglärm kaum eine Rolle spielt. Wobei natürlich auch auffällt, dass er längst überall eine Rolle spielt. Denn auch nachts überfliegen die Frachter das Stadtgebiet. Sie umfliegen es nicht, denn der kürzeste Weg etwa zur Anflugschneise über Taucha führt augenscheinlich direkt über den Leipziger Süden. Was insbesondere die Ortsteile im Leipziger Osten zu spüren bekommen, wo die Flugzeuge beim Landeanflug schon Höhe verlieren.
Das führt dann schon in Zentrum-Südost zu einer erhöhten Belastung von 9 %, in Mölkau zu 10 %, Baalsdorf 13 %, Althen-Kleinpösna 14 %, Probstheida 13 % und in Holzhausen 9 %.
Dass der Norden unter dem Fluglärm besonders leidet, belegt auch die Bürgerumfrage 2011. In Möckern und Gohlis-Nord war der als Belastung geäußerte Wert mit 8 Prozent leicht höher als der Stadtdurchschnitt, in Plaußig-Portitz äußerten immerhin 13 %, stark bist sehr stark vom Fluglärm belastet zu sein. In Wahren schnellte der Wert auf 25 %, in Wiederitzsch auf 33 %, in Lindenthal waren 37 % der Befragten stark betroffen, in Lützschena-Stahmeln 62 % und in Seehausen sogar 76 %.
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Und da nicht nur die so genannte kurze Südabkurvung über den Leipziger Westen führt, sondern auch viele an- und abfliegende Frachter über Markranstädt beidrehen, um entweder über Leipzig aufzusteigen oder von Westen auf dem Flughafen zu landen, bekommen auch die Bürger in Knautkleeberg-Knauthain ein bisschen mehr von dem Lärm ab (8 %), in Miltitz (9 %). Und direkt betroffen sind Böhlitz-Ehrenberg (26 %) und Burghausen-Rückmarsdorf (25 %).
Allein wenn man die hier genannten Prozentzahlen auf die Bevölkerung in den genannten Ortsteilen umrechnet, kommt man auf über 20.000 stark Betroffene. Und so falsch liegt man mit der Vermutung wohl nicht, dass einige dieser Orsteile auch deshalb eine im Stadtvergleich eher negative Bevölkerungsentwicklung nehmen. Das betrifft 2011 auf jeden Fall Lützschena-Stahmeln, Burghausen-Rückmarsdorf und Plaußig-Portitz.
Dazu kommt natürlich jener Trend, den man sein über zehn Jahren Suburbanisierung nennen kann. Die jungen Bewohner der Stadt bevorzugen tatsächlich wieder verdichtete Stadtquartiere. Also geht’s morgen hier um Wohnen, Bauen und Infrastrukturen.
Das Protokoll der Sitzung der Fluglärmkommission am 7. November: http://www.schkeuditz.de/schkeuditzdok/dok/83Oe2Q7kYYJuZrFWAUEJfZWPc8zYtzvx4uwHSMmEsLEs4fgekY/Bericht%2043_%20FLK-Sitzung%2007_11_2012.pdf
Der Fluglärmreport der Bürgerinitiative als PDF zum download.
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