Es sind zwar nur die Zahlen von 2010. Aber sie verraten doch, was hinter den Kulissen auf dem sächsischen und dem Leipziger Arbeitsmarkt passiert. Es geht um die Erwerbstätigenzahlen von 2010. Um 0,6 Prozent stieg die Zahl der Erwerbstätigen in Sachsen im Jahr 2010 gegenüber dem Krisenjahr 2009. Der Anstieg der Erwerbstätigenzahl erreichte jedoch nur sieben Kreisfreie Städte bzw. Landkreise, stellt das Statistische Landesamt fest.

Was eher nichts mit der Wirtschaftsentwicklung in Sachsen zu tun hat. Die Verteilung der Unternehmen im Land hat sich seit den Krisenjahren 2008/ 2009 nicht wirklich verändert. Aber ein anderer Prozess ist seitdem immer stärker spürbar. Von der positiven Entwicklung profitierten hauptsächlich die Kreisfreien Städte, die ein Wachstum um 1,1 Prozent verzeichneten und allein schon über 8 000 Erwerbstätige mehr als 2009 auswiesen, stellt das Landesamt für Statistik fest. Bei den zehn Landkreisen dagegen stieg die Zahl der Erwerbstätigen nur um 0,2 Prozent bzw. knapp 3.000 Personen.

Den größten Zuwachs verzeichnete die Stadt Leipzig mit 1,7 Prozent gefolgt vom Landkreis Zwickau mit 1,4 Prozent. Die höchsten Verluste mussten dagegen die Landkreise Leipzig und Nordsachsen mit jeweils 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Da sieht so aus, als wären die Unternehmen aus den beiden Leipziger Landkreisen nach Leipzig abgewandert. Sind sie aber nicht. Denn ein Blick auf die Branchen zeigt: Tatsächlich haben alle Branchen Personal abgebaut. Auch in Leipzig.

Nur zwei hatten tatsächlich Zuwachs. Das eine ist der öffentliche Dienst, insbesondere der Bereich Erziehung und Gesundheit, wo nach Jahren der Sparmeisterei der gestiegene Bedarf Neueinstellungen geradezu erzwingt.

Und das andere klingt zwar auch erst einmal nach Dienstleistung – aber in der völlig unüberschaubaren Rubrik “Grundstücks- und Wohnungswesen, Finanz- und Unternehmensdienstleister” stecken auch die Zeitarbeitsunternehmen. Und die haben gleich nach Abflauen der 2009-er Absatzkrise ihren Personalstamm kräftig ausgebaut. Und da bei allen anderen Branchen – auch und gerade im produzierenden Gewerbe – ein dickes Minus in der Personalentwicklung steht, heißt das im Klartext auch: Etliche Unternehmen haben auch die anziehende Konjunktur genutzt, um weitere feste Arbeitsplätze mit Leiharbeitern zu besetzen.In der Formulierung des Statistisches Landesamtes klingt das geradezu positiv: “Nach Branchen zeigte sich aktuell, dass insbesondere der Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen, Finanz- und Unternehmensdienstleister im Jahr 2010 eine wichtige Rolle spielte. In den drei Kreisfreien Städten, im Erzgebirgskreis sowie im Landkreis Zwickau wurde der Zuwachs an Erwerbstätigen maßgeblich von diesem Bereich bestimmt. Im Gegensatz dazu waren die Verluste der Kreise Leipzig und Nordsachsen ebenfalls von diesem Bereich geprägt.”

Womit das Landesamt für Statistik auch auf die ganz besondere Entwicklung in Dresden und Leipzig hinweist – andere sächsische Regionen haben 2010 sehr wohl einen Arbeitsplatzzuwachs im verarbeitenden Gewerbe erlebt. Dazu gehören neben Chemnitz auch Bautzen und das Erzgebirge. Doch sowohl in Dresden als auch in Leipzig gab es einen 2,5-prozentigen Arbeitsplatzabbau im Verarbeitenden Gewerbe, dem in Dresden ein Zuwachs bei den “Unternehmensdienstleistungen” von 5 Prozent und in Leipzig von 6,4 Prozent gegenüber stehen.

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Und während das Baugewerbe der Stadt Dresden und des Landkreises Görlitz Arbeitsplatzgewinne verzeichnete, hatte Leipzig – trotz Konjunkturpaket II – in dieser Sparte ebenfalls einen Arbeitsplatzabbau von 1,2 Prozent.

Und noch etwas dürfte zu denken geben: Außer im Landkreis Bautzen gab es auch im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation in ganz Sachsen starke Verluste an Arbeitsplätzen. Auch in Leipzig, das hier ein Minus von 1,2 Prozent verzeichnete – und auch das trotz neuer Rekordzahlen beim Frachtumsatz in der Logistik und bei Gästezahlen im Tourismus.

Was eigentlich nur zwei Möglichkeiten als Interpretation eröffnet: Entweder leisten immer weniger Beschäftigte immer mehr. Oder auch in diese Wirtschaftszweige sickert immer stärker die Leiharbeit als Kostenminimierungsmodell ein.

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