Tag und Ort waren perfekt fรผr eine Klimamesse. Bereits gegen 11 Uhr ging es auf die 30 Grad zu und der gepflasterte, schattenfreie Markt in Leipzig heizte sich mรคchtig auf. Ja, es war schon immer mal warm, aber in Verbindung mit der nachfolgenden Nacht, in der das Thermometer meist nicht unter 22 Grad fiel, kann man schon รผber den Klimawandel nachdenken. Bemerkenswert ist, im Zusammenhang mit Hitzeschutz, dass das grรถรte Grรผn auf dem Marktplatz eine Hรผpfburg war.
Da merkten auch die Teilnehmer an den Panels auf der schwarz รผberdachten Bรผhne. Saรen die ersten beim Thema Flughafen noch mit den Kรถpfen im Schatten, behalfen sich einige beim Panel zur Wรคrmewende mit Regenschirmen als Sonnenschutz. Genug der Einleitung.
Bรผrgermeister Rosenthal, Klima und die Stadt Leipzig
Nach der Erรถffnung durch die Organisatoren kam die obligatorische Rede des Leipziger Umweltbรผrgermeisters, Heiko Rosenthal (Linke). Wir fragten ihn im Anschluss.
Herr Rosenthal, die KlimaFAIR ist erรถffnet. Was bedeutet die Leipziger Klimamesse fรผr Sie persรถnlich?
Die KlimaFAIR findet jetzt zum fรผnften Mal statt. 2019 ist der Klimanotstand ausgerufen worden und insofern gibt es seit 2019 auch eine KlimaFAIR.
Es ist die Klimamesse in unserer Stadt, direkt im Herzen der Stadt, auf dem Markt, wo sich die Akteurinnen und Akteure, die vielen Engagierten zum Klimathema prรคsentieren und in den Diskurs treten, vor allen Dingen Politikerinnen und Politiker herausfordern und klar und deutlich die Fragen platzieren und dort auch keine ausschweifenden Antworten erwarten, sondern es auf den Punkt gebracht haben wollen.
Sonst kommt man nรคmlich nicht gut von der Bรผhne runter. Insofern ist die KlimaFAIR auch jedes Jahr fรผr mich eine Bilanz. Bilanz ziehen, wo stehen wir? Und der Diskussion und dieser Bilanzierung stelle ich mich gern, weil wir als Stadt viel machen, weil wir viel auf den Weg gebracht haben. Und insofern hoffe ich da auch, die Akteure immer hinter mir zu haben.
Es gibt ja viele Herausforderungen. Ich nenne nur Hitzeschutz und Starkregenschutz. Wie ist denn Ihre Bilanz?
Zur Hitzethematik haben wir ja schon ein Sofortmaรnahmenprogramm laufen. Der Hitzeaktionsplan wird noch im September dem Stadtrat vorgelegt. Das Sofortmaรnahmenprogramm, welches eine Million Euro wert ist, die wir in diesem Jahr in Maรnahmen zum Hitzeschutz einsetzen und dort Investitionen tรคtigen. Insbesondere was den Sonnenschutz in Kitas und Schulen, aber auch auf Spielplรคtzen betrifft. Ich glaube, es passiert viel.
Am Klimawandel-Anpassungsprogramm wird ebenfalls intensiv gearbeitet. Beim laufenden Umsetzungsprogramm zum Klimaschutzprogramm, mit immerhin 150 Maรnahmen und einem Volumen von knapp 300 Millionen Euro, kรถnnen wir dort viel bewegen. Und wenn man sich mal die gesamte Programmatik und auch die Fรถrderprogramme der Stadt anschaut, weiร man, dass in Leipzig wirklich viel kommunalpolitisch auf den Weg gebracht wurde.
Das Panel Flughafen
Dann, nach musikalischem Einstieg mit der โJunior Big Band der Musikschule Leipzigโ, ging auch schon das Panel zum Flughafen Halle/Leipzig los.
Das Podium war mit Marco Bรถhme (Die Linke), Andreas Geisler (SPD), Daniel Gerber (Grรผne), Andreas Nowak (CDU), Peter Bรผscher (Aktionsbรผndnis gegen Flughafenausbau Leipzig/Halle) und Theodor Schnarr (Letzte Generation) politisch und fachlich breit besetzt. Es ging um den Ausgleich der verschiedenen Interessen, die Lรคrmbelastung und die Klimafolgen, welche durch den Flugverkehr entstehen.
Es entbrannte eine heftige Diskussion um den weiteren Ausbau des Flughafens. Die Anrainer und andere vom Fluglรคrm, besonders durch den Nachtflugverkehr Betroffene haben ihre Prioritรคten. Klimafolgen und Umweltfolgekosten gehen alle an und welche Rolle spielt der Flughafen fรผr die Arbeitsplatzsituation nicht nur in Leipzig?
Am Ende gab es, wie zu erwarten, keinen Konsens, aber eine Erkenntnis: Wir sind alle ein wenig beteiligt, wenn wir erwarten, dass Waren, die wir bei Temu & Co bestellen, schon am Folgetag eintreffen.
Stadtrat Andreas Geisler zum Flughafen
Wir haben Stadtrat Andreas Geisler (SPD), der sich bei dem Thema involviert ist, gefragt.
Herr Geisler, der Flughafen Halle/Leipzig, insbesondere der weitere Ausbau, bewegt die Gemรผter in Leipzig und im Umland. Wie stehen Sie dazu?
Beim Thema Flughafenausbau in Leipzig, da schlagen drei Herzen in meiner Brust. Als Anlieger sehe ich es kritisch. Die Belastungen fรผr die Gesundheit und der Lรคrm sind extrem schwierig. Als Wirtschaftspolitiker hat es uns jahrelang geholfen, bei der Beschรคftigung und beim Aufschwung, wirkt aber jetzt aus der Zeit gefallen, weil Logistik viel Flรคche und viele Arbeitskrรคfte fรผr wenig Wertschรถpfung verbraucht.
Und klimapolitisch ist der Flughafen eigentlich ein Wahnsinn. Er verbraucht Flรคchen, erhitzt die Umwelt, hat kaum Biodiversitรคt, keinen Plan fรผr Wasser und keinen Plan fรผr Nachhaltigkeit. So gesehen schlagen drei Herzen. Aber im Moment wรผrde ich den Flughafen in dem Ausbaustadium, wie er jetzt sein soll, vรถllig ablehnen.
Wenn wir in Leipzig vom Flughafen reden, meinen wir ja einmal den Passagierflughafen und einmal natรผrlich DHL.
Der Passagierflughafen ist unterbelichtet, wir haben viel Urlaubsfliegerei, wenig Verbindungen. Wir brรคuchten als Wirtschaftsregion dringend Verbindung zu den Drehkreuzen von Europa. Die Direktverbindung werden wir kaum kriegen. Frachtflug wirkt aus der Zeit gefallen. Ist es fรผr die deutsche Wirtschaft noch hilfreich, alles billig zu importieren, alles aus China zu holen? Stichwort Temu.
Oder produzieren wir viele Dinge wieder selber? Und vor allem, warum muss alles zeitkritisch in der Nacht geflogen werden? Der Flughafen an sich ist ja kein Problem, aber zeitkritischer Nachtflug wirkt aus der Zeit gefallen.
Das Wasserkonzept ist ein groรes Thema. Das betrifft ja den gesamten Leipziger Norden, den Flughafen, BMW, Porsche und andere. Was sind die Probleme beim Wasserkonzept?
Das Problem ist, dass wir jahrzehntelang Bebauungsplรคne in ihren Grenzen gedacht haben, aber Gewรคsser รผberschreiten die Grenzen. Wir haben sehr viele Gewรคsser trockengelegt, verlegt, verrohrt und der ganze Nordwesten trocknet im Zweifel aus.
Weil wir die Gewรคsser nicht mehr bespielen, weil der Regen auf Beton fรคllt und nicht mehr versickert, verdunstet, abkรผhlt. Und das in der Frischluftschneise der Stadt. Das muss dringend besser werden und wir mรผssen die Gewรคsser wieder mit Leben und mit Wasser fรผllen.
Vielen Dank, Herr Geisler.
Das Panel Energie und Wรคrmewende
Bei der KlimaFAIR sind selbstverstรคndlich die teilnehmenden Vereine, Verbรคnde und Akteure wichtig, diese waren zahlreich vertreten. Ob nun die Parents, Healths, Scientists oder Omas for Future, Vier Pfoten, ADFC, Letzte Generation, Die Grรผnen, Linken und SPD โ die Aufzรคhlung ist unvollstรคndig. Allerdings fehlten auch einige, wie Verkehrswende LE. Ein bunter Strauร an Stรคnden und viele interessierte Menschen, trotz der zunehmenden Hitze.
Es folgte das Panel zum Thema โWie weit ist die Transformation der Leipziger Energie- und Wรคrmeversorgung?โ
Hochkarรคtig besetzt mit Wolfram Gรผnther, Sรคchsischer Staatsminister fรผr Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, Kerstin Kranich, Energieexpertin vom BCC-Energie, Dr. Harry Lehmann, Energie-/Ressourcenexperte, Leiter des PtX Lab Lausitz, Dr. Christoph Gerhards, Energie-Wissenschaftler fรผr Scientists for Future, und Harald Vauck, Vorstandsmitglied Gemeinwohlรถkonomie Mitteldeutschland e.V., ging es auch gleich zur Sache.
Nach einer Einordnung der finanzpolitischen Situation durch Minister Gรผnther drehte sich die Diskussion hauptsรคchlich um die Wรคrmewende. Womit wollen wir kรผnftig heizen, welche Rohstoffe stehen zur Verfรผgung, welche Bedeutung haben Wasserstoff und nachwachsende Rohstoffe und was ist รผberhaupt ein kommunaler Wรคrmeplan?
Auch die Themen Energiegenossenschaften, Bรผrgerenergie und fast die ganze Vielfalt der anstehenden Aufgaben, Herausforderungen und verschiedene Lรถsungsansรคtze wurden angesprochen. Etwas รผber eine Stunde war nicht genug Zeit fรผr alles, aber es war ein guter รberblick, Minister Gรผnther musste auch Kritik einstecken. Aber er hat wohl recht, wenn er bemerkt: Die Wรคrmewende ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf.
Verschwitzt verlieรen die Podiumsteilnehmer die Bรผhne, die wohl etwa auf 50 Grad aufgeheizt war. Trotzdem gab uns Minister Gรผnther noch ein kurzes Interview. Zu diesem Zeitpunkt musste ich die KlimaFAIR leider verlassen, die Gesundheit spielte bei der Hitze einfach nicht mehr mit.
Fazit: Es war wieder eine gute, informative und bunte KlimaFAIR. Bis zum nรคchsten Jahr!
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Da hat die KlimaFAIR gleich am richtigen Platz angefangen. Der Markplatz hat nun gar keine Beschattung. Da am Rand des Platzes ein paar Bรคume zu pflanzen wรคre ja nicht so schwer gewesen.