Wie sehen sozial gerechte und klimaschützende Politik auf Kommunal-, Landes- und EU-Eben aus? Diesen Fragen widmete sich eine Podiumsdiskussion der Sächsischen Linken am 18. März auf dem Lindenauer Markt. Carola Rackete, die als Spitzenkandidatin für die Europawahl ins Rennen zieht, MdL Marco Böhme, der es auch in diesem Jahr wieder in den Landtag schaffen will und Daniel Kießler, Straßenbahnfahrer bei der LVB und aktiv bei der Gewerkschaft ver.di und der Kampagne #WirFahrenZusammen, stellten sich den Fragen von rund breit gefächerten 150 Zuschauer*innen.
Momentan sieht es nicht so aus, als ob die Linke es in Sachsen zur Landtagswahl im September über die 5-Prozent-Hürde schaffen wird. „Die Landtagswahl ist eine sehr wichtige Wahl. Wir haben die Gefahr einer ‚rechten Übernahme‘“, so Marco Böhme gegenüber LZ Television. „Da müssen wir als Linke natürlich dagegenstehen. Deshalb setze ich alles daran, dass genug Leute wählen gehen.“
Für Böhme ist Umverteilung das A und O in Sachen Klimaschutz. Die Privatvermögen der Reichen sollen für die Kosten einer anstehenden Klimatransformation genutzt werden, dabei müsse auch das Thema Steuerflucht deutlich mehr in den Fokus rücken. Es müsse Schluss sein mit Investitionen in Aufrüstung, schließlich brauche man das Geld dringend für Schulen oder Krankenhäuser.
Klimaschutz kommt nicht an der Geldfrage vorbei
Böhme will außerdem „Beteiligung und Solidarität“ der Bürger*innen am Klimaschutz. „Wir haben Gesetze vorgeschlagen, dass die Bürger*innen beim Bau von Windanlagen beteiligt werden. Und zwar nicht nur daran, wo die Windräder hingebaut werden, sondern auch finanziell“, so Böhme. Bereits 2017 hatte die Linke dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt, der nach dem Vorbild Mecklenburg-Vorpommerns die Beteiligung an Windenergieanlagen regeln soll.
Da die sächsische Landesregierung zwar seit langem einen eigenen Entwurf vorlegen wollte, dies jedoch nicht tat, hatte die Linke Anfang dieses Jahres erneut einen Entwurf für ein „Erneuerbare-Energien-Beteiligungsgesetz“ im Landtag eingebracht.
„Bezahlbare Energie gibt es bald nur noch aus erneuerbaren Quellen. Umso wichtiger ist es, die Wind- und Solarenergie wesentlich stärker zu nutzen“, stellte Böhme damals fest.
Lokale und gerechte Lösungen für Klima und Menschen will auch Daniel Kießler von #WirFahrenZusammen. Die bundesweite Kampagne von ver.di und Fridays for Future fordert im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen, die in Sachsen noch nicht abgeschlossen sind, bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und 16 Milliarden Euro mehr an Investitionen, um eine Verdoppelung des ÖPNV bis 2030 zu gewährleisten.
Für Kießler ist klar: Mit rechten und konservativen Parteien wird es keine Verbesserungen geben, weder im ÖPNV noch für die aktuell protestierenden Landwirt*innen.
Rackete: Über Brüssels Entscheidungen aufklären
Für die EU-Wahl im Juni tritt die Ökologin und Seenotrettungskapitänin Carola Rackete an. Der aktuelle Rechtsruck macht in ihren Augen eine gemeinsame Linke absolut notwendig „Die größte soziale Krise ist die Klimakrise. Es wird mega viel Klima-, Umwelt- und Agrarpolitik auf EU-Ebene entschieden. Ich finde es sehr wichtig, dass wir darüber aufklären, weil an vielen Leuten komplett vorbeigeht, was in Brüssel verhandelt wird“, so Rackete gegenüber LZ Television.
Viele marktbasierte Lösungen, die jedoch aktuell im Vordergrund stünden, wie das Climate Offsetting, also die Klimakompensation, bei der Unternehmen oder Staaten mithilfe von Investitionen in Klimaschutzprojekte schädliche Emissionen ausgleichen können, um sich danach als „klimaneutral“ zu bezeichnen, schadeten mehr, als dass sie Menschen, Klima und Umwelt nützten.
Ähnliches gelte für Nutrient Trading als Handel mit Gutschriften für Nährstoffreduzierung in Bächen und Flüssen, um lokale und regionale Wasserqualitätsziele vermeintlich zu erreichen. Rackete kritisierte auch die aktuelle Verteilung für Agrarsubventionen der EU, die maßgeblich über die Fläche eines Landwirtschaftsbetriebs funktioniert. Man müsse Subventionen stattdessen an soziale und ökologische Kriterien binden.
Dabei macht Rackete klar, dass der Weg ins Parlament für sie nicht das Ende der Fahnenstange ist: Informationen über die Beschlüsse in Brüssel seien notwendig, damit sich schlussendlich die Zivilgesellschaft dagegen organisieren könne.
Auch deshalb will Rackete, sollte sie ins EU-Parlament gewählt werden, eine starke Rückkopplung in Zivilgesellschaft, Klimabewegung und Betroffene von der Klimakrise im Globalen Süden halten, wie sie bereits im Wahlkampf bestehe. Außerdem fordert Rackete eine Begrenzung der Mandatszeit für Abgeordnete und mehr Arbeiter*innen und weniger Akademiker*innen auf den Wahllisten.
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Es gibt 3 Kommentare
Die “Braunmalerei” von einem gewissen “Gerd”, sie hört einfach nicht auf. Faktenleugnerei und kampfrhetorische Lügen helfen auch hier nicht weiter. Er sollte einfach fernbleiben, sonst sehe ich mich gezwungen, seine rechtsextremen Auswürfe immer wieder beim Namen zu nennen.
Sebastian Thurm
Hoffnung es gibt! Ausschau halten Du musst.
https://taz.de/Omas-gegen-rechts/!5997656/
Na ich hoffe ja nur, dass Marco Böhme einen gefragten Beruf erlernt hat, mit dem er dann ab Herbst die bezahlbare Energie aus erneuerbaren Quellen bezahlen kann, wenn die Rakete am Boden geblieben ist.