In der nächsten Woche beginnen die Umbauarbeiten am ehemaligen Pförtnerhaus der Leipziger Arbeitsanstalt in der Riebeckstraße 63. In den sanierten Räumlichkeiten sollen ein Ausstellungsraum, eine Besprechungsecke, ein Arbeitsplatz sowie Archivierungsmöglichkeiten eingerichtet werden. Ab Herbst 2024 soll eine Ausstellung Einblick in die über 100-jährige Gewaltgeschichte des Ortes geben, kündigt der Verein Riebeckstraße 63 e.V. an.
Am 8. November 1892 eröffnet, war die Leipziger Arbeitsanstalt über politische Systemumbrüche hinweg Inbegriff von repressiver Sozialpolitik, Ausgrenzung und Arbeitszwang. Der Initiativkreis und der Verein Riebeckstraße 63 bemühen sich seit vielen Jahren um eine Aufarbeitung der Geschichte am historischen Ort und die Einrichtung eines aktiven Erinnerungs- und Lernortes.
Die hierfür notwendigen Baumaßnahmen können dank einer Zuwendung des Sächsischen Staatsministerium für Kultur und Tourismus in Höhe von 100.000 Euro aus PMO-Mitteln finanziert werden. Insbesondere dem Engagement der Bündnisgrünen Fraktion im Sächsischen Landtag sei dies zu verdanken, betont der Verein. Unterstützt wird der Verein zudem vom Leipziger Städtischen Eigenbetrieb Behindertenhilfe (SEB), in dessen Trägerschaft sich das Gelände befindet und von der Stadt Leipzig.
Die Leipziger Arbeitsanstalt stand für eine repressive kommunale Fürsorgepolitik, die gesellschaftlichen Phänomenen wie Armut, Arbeitslosigkeit und psychischen Erkrankungen mit Ausgrenzung, Disziplinierung und Arbeitszwang begegnete. In der Weimarer Republik war dort ein Obdachlosenasyl untergebracht. Von 1933 bis 1945 wurde das Gelände in der Riebeckstraße 63 zum Dreh- und Angelpunkt der städtischen NS-Verfolgungspolitik.
Zudem fungierte das Gelände als Zentrales Durchgangslager für NS-Zwangsarbeiter/-innen. Während der DDR befand sich hier eine Außenstelle des Bezirkskrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie Leipzig-Dösen sowie eine geschlossene Venerologische Station, im Volksmund „Tripperburg“ genannt. Die dort verübte sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist als staatliches Unrecht des DDR-Regimes bis heute noch wenig aufgearbeitet.
Der Verlag Hentrich & Hentrich veröffentlichte 2020 ein Buch zur Geschichte der Arbeitsanstalt in der Riebeckstraße 63, in dem Ann Katrin Düben die praktizierte Verwahrung, Ausgrenzung und Verfolgung der dort untergebrachten Menschen dokumentierte.
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