Am Sonntag, dem 11. Februar, gedenken tausende Radfahrende des in der vergangenen Woche bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Radaktivisten Natenom und fordern sichere Verkehrsinfrastruktur ein. Die Initiative Verkehrswende Leipzig ruft gemeinsam mit zahlreichen Organisationen und Initiativen zu einer bundesweiten Schweigeminute und einer Gedenkfahrt in Leipzig und anderen Städten auf.
Radfahrende in ganz Deutschland sind über Natenoms Tod entsetzt. Denn der 43-Jährige hat mit viel Einsatz für gute, sichere Radwege und gegen rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gekämpft. Natenom engagierte sich beim lokalen ADFC in Pforzheim, beteiligte sich an Critical Masses oder organisierte Kinderfahrraddemos mit.
Auf seinen Social-Media-Kanälen und in seinem Blog natenom.de dokumentierte er regelmäßig die Missstände auf seinen Wegen. Ausgerechnet er wurde auf seiner täglichen Pendelstrecke in der Nähe von Pforzheim von einem 77-jährigen Autofahrer überfahren. Natenom starb noch am Unfallort. Gegen den Autofahrer hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen.
Auch Leipzig hat einen riesigen Nachholbedarf
Seit Jahrzehnten engagieren sich zahlreiche Menschen auch in Leipzig für die Verkehrswende. ADFC-Mitglieder mussten sich das Recht, auf dem Ring Rad zu fahren, erst gerichtlich erkämpfen. Tausende Leipziger/-innen unterstützten bisher Petitionen und Appelle des Ökolöwen für eine umweltfreundliche und sichere Mobilität in der Stadt. Verkehrswende Leipzig machte mit einer Gehzeugparade in der Innenstadt auf den enormen Flächenverbrauch des Kfz-Verkehrs aufmerksam.
Trotzdem stellen alle fest: Auf der Straße kommt so gut wie nichts voran. Das „Auto im Kopf“ verhindert in Bund, Ländern und Kommunen, dass Radfahrer/-innen und Fußgänger/-innen als gleichwertige Verkehrsteilnehmende wahrgenommen werden. Die Gesetze, allen voran das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die dazugehörige Straßenverkehrsordnung (StVO), unterbinden jeden noch so zaghaften Versuch, die Hierarchie mit König Auto an der Spitze aufzubrechen.
„Wir brauchen eine Mobilität, die sich statt nach den Bedürfnissen von Autos nach den Bedürfnissen von Menschen richtet. Dagegen sterben täglich Fußgänger/-innen und Radfahrer/-innen auf deutschen Straßen. Jeden einzelnen Tag werden acht Menschen nie wieder nach Hause kommen“, stellt die Initiative Verkehrswende Leipzig fest.
„Kinder und ältere Menschen sind die häufigsten Opfer unter den ungeschützten Verkehrsteilnehmer/-innen – diese profitieren am meisten von einer menschenfreundlichen Mobilität. Aber auch Autofahrende, die auf ein Kfz angewiesen sind, kommen schneller und sicherer voran, wenn viele auf andere Verkehrsmitteln umsteigen. Statt Stau und Parkplatznot können sich Städte und Gemeinden durch Grünflächen und Lebensqualität auszeichnen.“
Und deshalb fordert die Initiative Verkehrswende Leipzig:
◾ Besserer Schutz von Fußgänger/-innen und Radfahrer/-innen: Ziel muss die sogenannte Vision Zero sein, d.h. Unfalltote im Straßenverkehr zu verhindern.
◾ Verkehrsminister Wissing (FDP) muss schleunigst einen Vermittlungsausschuss anrufen, um die vom Bundesrat blockierte Reform von StVG und StVO zu beenden.
◾ Die Bundesregierung muss flächendeckende Tempolimits auf Autobahnen, die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen einführen und die Forderungen der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ umsetzen.
◾ Der Bund und der Freistaat Sachsen müssen mehr und stetige Fördermittel für den Umweltverbund (Fuß-, Rad-, Bus- und Bahnverkehr) bereitstellen.
◾ Polizei und Ordnungsamt müssen konsequent Verkehrsverstöße ahnden. Der Gesetzgeber muss die Höhe von Bußen und Strafen an die Schwere der Regelverletzungen nach oben anpassen.
◾ Die Stadt Leipzig muss in die Personaloffensive gehen, um die zahlreichen vakanten Stellen im Ordnungsamt und im Verkehrs- und Tiefbauamt endlich zu besetzen.
◾ Die Stadt Leipzig muss den jetzt schon bestehenden Handlungsspielraum bei der Verkehrsüberwachung und der Verkehrsplanung ausschöpfen und ihr Personal entsprechend weiterbilden.
Ablauf und Route der Versammlung
Um 12.30 Uhr ist am Sonntag Beginn der Versammlung auf dem Augustusplatz vor dem Gewandhaus
Es ist eine kleine Gedenkstelle eingerichtet, wo Teilnehmende temporär während der Auftaktkundgebung Schilder, Plakate, Blumen, Kerzen, o.ä. niederlegen können.
Um 13 Uhr gibt es eine bundesweite Schweigeminute, danach kurze Redebeiträge
Menschen, die ihre Anteilnahme zeigen möchten, sind dazu aufgerufen, die Critical Maps App einzuschalten, sodass hunderte oder gar tausende Fahrradsymbole auf der Karte in ganz Deutschland erscheinen. Interessierte können sich auch beteiligen, ohne direkt vor Ort zu sein. Sie sollen ihre Eindrücke während oder nach den Gedenkaktionen auf den Social-Media-Kanälen ihrer Wahl einstellen und die Hashtags #Natenom #VisionZero oder #StopKillingCyclists nutzen.
Spätestens 13:30 Uhr gibt es dann Gedenkfahrt zu den Ghostbikes am Kleinmesse-Gelände
Route: Roßplatz – Wilhelm-Leuschner-Platz – Martin-Luther-Ring – Goerdelerring – Ranstädter Steinweg – Jahnallee (ca. 5 km/30 min Fahrzeit)
Gegen 14 Uhr Versammlung auf der Freifläche vor dem Eingang des Kleinmesse-Geländes, wo es gegebenenfalls noch kurze Redebeiträge gibt.
Organisiert von der Initiative Verkehrswende Leipzig mit Unterstützung des ADFC Leipzig e.V., autofrei leben e.V. Ortsgruppe Leipzig, BUND Landesverbandes Sachsen e.V. Regionalgruppe Leipzig, Changing Cities e.V., Critical Mass Leipzig, FUSS e.V. Ortsgruppe Leipzig, Kidical Mass Leipzig, Ökolöwe – Umweltverbund Leipzig e.V., VCD Landesverband Elbe-Saale e.V. Ortsgruppe Leipzig.
Keine Kommentare bisher
> “statt nach den Bedürfnissen von Autos nach den Bedürfnissen von Menschen”
Solange die Autos noch nicht von der KI beseelt sind, ist dieser Gegensatz ein konstruierter Unsinn. Es geht beim Straßenbau ganz konkret um Bedürfnisse von Menschen.
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Es ist traurig zu lesen, was Herrn Mandalka passiert ist. Interessant, dass er offenbar auch der Meinung Vieler ist, die lieber nicht mit auf der Straße fahren wollen, sondern separat auf Hochbord oder ähnlich.
Zitat Spiegel: “Er forderte eine sichere Infrastruktur, geschützte Radwege, die von der Straße abgetrennt sind.”