Es ist ein fatales Ergebnis, das in einem auรergerichtlichen Vergleich jetzt gegen einen der Klimaaktivisten verhรคngt wurde, die 2021 gegen das klimaschรคdliche Geschรคftsmodell von DHL vor dem Flughafen Leipzig/Halle demonstriert haben. Denn wenn gegen das klimaschรคdigende Verhalten von Konzernen nicht vor ihren Betriebstoren demonstriert werden darf, hebelt dies das Demonstrationsrecht an einer ganz sensiblen Stelle aus.
Im DHL-Verfahren gegen 54 Klimaaktivist/-innen konnte der Logistikkonzern DHL nach zwei Jahren Druck nun das Schlieรen eines auรergerichtlichen Vergleichs erwirken. Zuvor hatte DHL von 54 Aktivist/-innen Geldsummen von bis zu 500.000 Euro gefordert, mit der Begrรผndung, dass es zu Unregelmรครigkeiten im Betriebsablauf gekommen sein soll.
Der Vergleich sieht jetzt vor, dass die 54 Aktivist/-innen entweder 64.000 Euro zahlen mรผssen, oder aufsummiert 4.320 unbezahlte Arbeitsstunden bei der Stiftung โMehr Wald fรผr Sachsenโ ableisten mรผssen.
Vor einigen Monaten hatte DHL dann auf den รถffentlichen Druck durch die Kampagne โRepression nicht zustellbarโ reagiert und einen Vergleichsvorschlag angeboten.
Diesem Vergleich stimmten die Aktivist/-innen im ersten Verfahren gegen eine Einzelperson inzwischen zu. Was dann eben auch Folgen fรผr alle anderen Beteiligten haben wird, befรผrchtet das Bรผndnis. Es sei zu erwarten, dass der Vergleich nun auf die anderen 53 Aktivist/-innen ausgeweitet wird.
Keine faire Einigung
โDieser Vergleich ist keine faire Einigung, sondern eine Niederlage fรผr die Demonstrationsfreiheit. Von Einverstรคndnis kann nicht wirklich die Rede sein. DHL hat den Aktivist/-innen mit der Halbe-Million-Forderung die Pistole auf die Brust gesetzt. Wir kรคmpfen seit รผber zwei Jahren mit der Repression und wollen nicht lรคnger Spielball von DHLs Repressionsapparat sein, sondern unsere Kraft endlich wieder auf den gemeinsamen Kampf gegen die sich zuspitzenden Klimakrise richtenโ, sagt Luka Scott von, โRepression nicht Zustellbarโ.
In den Verhandlungen zeigten sich die Aktivist/-innen bereit, auf DHL zuzugehen und einen gemeinsamen Vergleich zu entwickeln. Der Logistikkonzern war jedoch nicht bereit, von seiner Position abzurรผcken. Auch war die juristische Vertretung von DHL teilweise wochenlang nicht zu erreichen, kritisiert das Bรผndnis, sodass die Aktivist/-innen bis zur letzten Sekunde in Unklarheit waren. Mit dieser Strategie habe DHL extrem kurzfristigen Entscheidungsdruck erzeugt.
โDHL รผberschreitet mit diesem Vergleich massiv seine Kompetenzen und spielt sich als Gesetzeshรผter auf, der Arbeitsstunden verordnen kann. Sie stellen sich als gnรคdig und gesprรคchsbereit dar, zeigen in Gesprรคchen aber nicht die geringste Verhandlungsbereitschaft. Sie wollen mit Baumpflanzprojekten ihr rรผckwรคrtsgewandtes Geschรคftsmodell und nun auch ihre juristischen Einschรผchterungsversuche grรผnwaschen.
โMehr Wald fรผr Sachsenโ ist eine Image-Kampagne fรผr Klimakiller-Konzerne wie DHL, LEAG und MIBRAG. Hoffentlich stehen eines Tages die verantwortlichen Konzerne fรผr ihre Verbrechen an diesem Planeten vor Gerichtโ, meint Luka Scott, die ebenfalls von der Klage betroffen ist.
Die Argumente von DHL wurden nie belegt
Zuvor hatten die Aktivist/-innen mehrere Alternativvorschlรคge zur Einigung unterbreitet. Diese sahen in erster Linie vor, dass beide Seiten an einen gemeinnรผtzigen Verein spenden. Darรผber hinaus sollte DHL mehrere Punkte richtigstellen: Dass die Protest-Versammlung im Juli 2021 in ihren Verlauf angemeldet wurde, sowie dass durch die Aktion 2021 nicht, wie damals behauptet, Impfstoff-Lieferungen behindert wurden und auch keine Schรคden von 1,5 Millionen Euro entstanden waren.
Auรerdem schlugen die Aktivist/-innen zunรคchst vor, dass sich DHL fรผr einen Ausbaustopp einsetzen soll, solange die รผber 6.000 Einwรคnde der Bรผrger-Initiativen gegen Fluglรคrm nicht ausgerรคumt sind โ im Gegenzug hรคtten sich die Aktivist/-innen bereit erklรคrt, zukรผnftig nicht an rechtswidrigen Blockaden von DHL teilzunehmen.
DHL hatte sowohl die ersten, als auch alle spรคteren Angebote, mit denen die Aktivist/-innen weiter auf DHL zugekommen waren, abgelehnt.
Hintergrund ist die Protestaktion vom 9. Juli 2021, die sich gegen den Ausbau des Frachtteils des Flughafens LEJ richtete. Dieser ist der klimaschรคdlichste Flughafen Deutschlands. Seit Jahren kรคmpfen Anwohner/-innen gegen den extremen Nachtfluglรคrm. Die Protestaktion vor dem Flughafen war als Versammlung angemeldet worden vom Politiker Marco Bรถhme (Linke).
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