Am heutigen Dienstag, dem 18. Juli, findet um 9 Uhr vor dem Landgericht Leipzig der zweite Prozesstermin von DHL gegen 54 Klimaaktivist/-innen statt. Zunรคchst versuchte der Logistik-Konzern von sechs Personen eine Summe von bis zu einer halben Million Euro einzuklagen. Hintergrund ist eine Protest-Kundgebung, die am 9. Juli 2021 gegen den klimaschรคdlichen Flughafenausbau Leipzig/Halle stattfand. Die Kampagne โRepression Nicht Zustellbarโ kritisiert das einschรผchternde Vorgehen des Groรkonzerns.
Die Protestierenden wehrten sich gegen die Anzeige durch den klimaschรคdlichen Frachtkonzern, indem sie das massive Greenwashing des Konzerns anprangerten, unter anderem durch Stรถraktionen auf der Hauptversammlung von DHL Anfang des Jahres in Bonn. Auf seiner Privatkundenwebsite versucht DHL mit Kampagnen wie โGogreen plusโ den Kunden zu suggerieren, der Konzern wรผrde klimafreundlich agieren und die Nutzer zum Mitmachen einladen.
Dass aber damit vรถllig ausgeblendet wird, dass der Frachtkonzern seinen klimaschรคdlichen Luftfrachtverkehr immer weiter ausbaut, merken die meisten Menschen nicht. Die Anwohner rund um den von DHL genutzten Billigflughafen Leipzig/Halle aber merken es Nacht fรผr Nacht mit massivem Fluglรคrm. Die รถffentlichen Aktionen haben zumindest geholfen, dass der Konzern nun eingelenkt und einen Vergleichsvorschlag gegenรผber den Betroffenen vorgelegt hat. Der aber ist noch seltsamer als die blanke Forderung nach Geld.
โNun versucht DHL auch noch die eigene Klage zu greenwashen โ nicht mit uns!โ, sagt Luka Scott von der Kampagne โRepression Nicht Zustellbarโ. โNach zwei Jahren andauernden Einschรผchterungsversuchen kommt der Klimakillerkonzern nun mit einem dreisten Vergleichsangebot um die Ecke. Das zeigt deutlich: Unser Protest ist wirksam!โ
Ein Konzern spielt Umweltschutz
Nachdem der milliardenschwere Konzern im Juli 2021 zunรคchst 1,5 Millionen Euro und spรคter eine halbe Million Euro von den Aktivist/-innen verlangte, fordert DHL jetzt das Ableisten von unbezahlten Arbeitsstunden oder Ersatzzahlungen an ein Aufforstungsprojekt. Summiert man die geforderten Stunden auf die 54 Betroffenen, stehen 4.320 unbezahlten Arbeitsstunden, oder stattdessen eine Geldzahlung von ca. 64.000 Euro im Raum.
DHL selbst gibt an, dass die Motivation des Vergleichs โauf der grundsรคtzlichen Verpflichtung, Schaden vom Unternehmen abzuwenden bzw. fรผr einen zukรผnftig reibungslosen Betrieb zu sorgenโ beruht.
Wenn das zutrifft, hรคtte DHL wohl am besten รผberhaupt nicht erst geklagt. Denn somit steht mit der Anklage jetzt einmal auch die klimaschรคdliche Geschรคftspraxis des Konzerns vor Gericht.
Genau das, was die Protestierenden 2021 mit ihrer abendlichen Demonstration vor dem Flughafengelรคnde thematisiert haben. In einer angemeldeten Demonstration im รถffentlichen Straรenraum. Also in Wahrnehmung eines Grundrechtes.
Demonstrationsfreiheit gegen Klimazerstรถrung
โRepression Nicht Zustellbarโ erwartet nun, dass das Landgericht Leipzig eine weitere Einschรคtzung genau dieser Verhรคltnismรครigkeit trifft. In Halle wurde bereits darรผber diskutiert, ob es durch die angemeldete Kundgebung รผberhaupt eine Stรถrung im eingerichteten und ausgeรผbten Gewerbebetrieb gab, oder ob die anliefernden LKWs durch ein zweites Eingangstor das Gelรคnde des Flughafens hรคtten erreichen kรถnnen. Darรผber hinaus stellt sich fรผr die Initiative die Frage, ob der Eingriff gerechtfertigt war. Eine finale Einschรคtzung vonseiten des Gerichts blieb bislang aus.
Sollte es inzwischen aber โ wie von DHL beabsichtigt โ zu Vergleichsverhandlungen kommen, wird es ausgerechnet zum entscheidenden Punkt, dem Verhรคltnis von Eigentumsschutz und Versammlungsrecht, keine gerichtliche Entscheidung geben. Im Gegenteil: Konzerne, deren klimaschรคdliche Praxis mit Demonstrationen angeprangert wird, haben auf einmal einen Prรคzedenzfall, wie sie die Protestierenden zur Kasse bitten kรถnnen, ohne an ihrer umweltschรคdigenden Praxis das Geringste รคndern zu mรผssen. Das durch das Grundgesetz garantierte Demonstrationsrecht wรผrde vรถllig entkernt werden.
โDer aktuelle Vergleichsvorschlag bestraft diejenigen, die sich besonders stark fรผr mehr Klimagerechtigkeit einsetzenโ, sagt Luka Scott. โDie gepflanzten Bรคume sind Peanuts zu den 10 Millionen Tonnen COโ, die DHL jedes Jahr ausstรถรt. Um wirklich etwas fรผrs Klima zu tun, sollte DHL ihren Fracht-Flughafen zurรผckbauen und die Klage fallen lassen.โ
Und es geht auch um den Flughafen Leipzig/Halle, mit dem die Inhaber (zu 70 Prozent der Freistaat Sachsen) auch ein hรถchst klimaschรคdliches Infrastrukturprojekt subventionieren und auch noch weiter ausbauen wollen.
Der Flughafen LEJ gilt bereits jetzt als der klimaschรคdlichste Flughafen Deutschlands. Er emittiert jรคhrlich รผber 6 Millionen Tonnen COโ. Durch den geplanten Ausbau wรผrde die Menge auf 10 Millionen Tonnen anwachsen. Diverse Proteste gegen die Expansion finden gemeinsam mit den Bรผrgerinitiativen vor Ort statt: Seit รผber 17 Jahren kรคmpfen diese gegen den zunehmenden Nachtfluglรคrm.
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So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 2 Kommentare
Stimmt. Die Wortwahl war falsch. Wir haben es geรคndert.
Geehrter Hr. Julke,
Sie schreiben heute: โHintergrund ist eine ANGEMELDETE Protest-Kundgebung, die am 9. Juli 2021 gegen den klimaschรคdlichen Flughafenausbau Leipzig/Halle stattfand.โ
Im Artikel der LIZ, den Ihr schรคtzenswerter Kollege Hr. Freitag am 13.06.2021 zu selbem Thema verfasste, wird die betreffende Pressemitteilung der Polizei dagegen wie folgt zitiert: โAm spรคten gestrigen Abend versammelten sich circa 50 Personen an einer Zufahrt zum DHL-Hub am Leipziger Flughafen. Die Teilnehmer/-innen dieser UNANGEZEIGTEN Versammlung blockierten eine Straรe, sodass es zum Rรผckstau der zufahrenden Fahrzeuge bis hin zum Schkeuditzer Bahnhof kam. Sie fรผhrten Transparente, Flyer und Plakate mit. Unter den so aufgehaltenen Fahrzeugen waren auch Lkw, die mit Impfstoffen beladen waren und Piloten, die mit Taxis zu ihren Frachtmaschinen wollten.โ
Da die Tatsache, ob der Betreiber der Liegenschafft sich hรคtte auf die Kundgebung angemessen vorbereiten kรถnnen, nicht unerheblich fรผr den Sachverhalt der Klage ist, bitte ich hรถflich um Auskunft:
1.) woher Ihre Information stammt, die Versammlung wรคre angemeldet gewesen, und
2.) ob Sie vieleicht zwischenzeitlich sogar die Gelegenheit hatten die Polizei mit den Widersprรผchen zu deren Stellungnahme zu konfrontiert, und
3.) wie gegebenenfalls deren Rรผckmeldung dazu lautete.
Vielen Dank im Voraus.