Konzerne haben ein Elefantengedächtnis. Erst recht dann, wenn sie Protest gegen ihre Art des Wirtschaftens kriminalisieren wollen. So wie es der Frachtdienstleister DHL mit jenen jungen Leuten zu machen versucht, die am 9. Juli 2021 vor dem Tor des Flughafens Leipzig /Halle gegen die Klimaschädlichkeit der Frachtfliegerei protestiert haben. CancelLEJ hieß der Protest. Aber DHL will nun mit Zivilklagen den Klimaprotest canceln.

„Der Protest richtete sich gegen die Klimaschäden, Profitstreben und Fluglärm. Der Logistikkonzern DHL agierte dem Protest gegenüber extrem repressiv: Obwohl die Protestaktion als Kundgebung angemeldet war, wurden die 54 Aktivist/-innen mehrere Tage in Gewahrsam genommen“, beschreiben die Betroffenen die nächsten Folgen dieser Aktion, bei der die Polizei völlig überreagierte, nachdem ein DHL-Sprecher behauptet hatte, der Protest habe 1,5 Millionen Euro Schaden verursacht.

Aber so leicht wollen sich die Klimaaktivisten nicht einschüchtern lassen. Denn wie lange können private Unternehmen, die nicht daran denken, ihr klimaschädigendes Geschäft aufzugeben, immer wieder die deutsche Justiz dazu benutzen, den Klimaprotest zu kriminalisieren?

Zivilklage gegen Protestteilnehmer

Die Aktivist/-innen der Kampagne „Repression Nicht Zustellbar“ kündigen jetzt weitere Proteste gegen die juristischen Einschüchterungsversuche von DHL an. Mit den Zivilklagen versucht der Logistik-Konzern aktuell, von den Teilnehmern der angemeldeten Protestkundgebung am Flughafen Leipzig/Halle, die am 9. Juli 2021 gegen den Ausbau stattfand, eine halbe Million Euro Schadensersatz einzuklagen.

Am Donnerstag, 4. Mai, soll es jetzt in Bonn auf der DHL-Aktionärsversammlung Störaktionen geben.

„DHL will überwiegend junge Aktivist/-innen wie mich finanziell ruinieren und demokratischen Protest zum Schweigen bringen. Aber die Klimakrise zeigt ganz deutlich: Protest gegen den Flughafenausbau LEJ war, ist und bleibt notwendig und legitim“, sagt die Sprecherin der Kampagne Luka Scott, die selbst von der Klage betroffen ist.

Am 16. Juni 2023 findet in Halle (Saale) der erste Prozess-Termin statt. Die 54 Klimaaktivist/-innen, die damals an der Kundgebung teilnahmen, wurden anschließend unter widrigsten Bedingungen für mehrere Tage in Polizeigewahrsam gesperrt. Die Proteste gegen den Ausbau fanden in enger Verbundenheit mit den Bürger-Initiativen vor Ort statt: Seit über 17 Jahren kämpfen diese gegen den Fluglärm.

„Ich war als Begleiter bei der Kundgebung vor Ort und habe selbst gesehen: Diese jungen Leute sind keine Verbrecher*innen. Wir kämpfen seit 17 Jahren gegen den Flughafen und sind solidarisch mit den Klimaprotesten“, erklärt Gerd Naether von der Bürgerinitiative gegen die neue Flugroute.

Ein klimaschädlicher Frachtflughafen

Der Flughafen LEJ, der Hauptstandort von DHL, gilt bereits jetzt als der klimaschädlichste Flughafen in Deutschland. Er emittiert jährlich über 6 Millionen Tonnen CO₂ und soll noch ausgebaut werden. Das würde die Menge auf 10 Millionen Tonnen anwachsen lassen. Im Planfeststellungsverfahren, in dem über den Ausbau entschieden wird, ist noch keine Entscheidung gefallen. Der Ausbau würde auch den Fluglärm enorm erhöhen.

Die Kampagne „Repression Nicht Zustellbar“ besteht aus Menschen, die sich solidarisch mit den Angeklagten zeigen.

In einem offiziellen Gegenantrag will die Kampagne beantragen, den Vorstand nicht zu entlasten. Außerdem soll am Donnerstag ab 8 Uhr mit kreativen Aktionen im Versammlungssaal des World Conference Center in Bonn der Ablauf der Aktionärsversammlung gestört werden.

Der Klimaprotest findet am Earth Overshoot Day statt. Dieser markiert den Zeitpunkt, an dem die Ressourcen aufgebraucht sind, welche die Erde in einem Jahr erneuern kann.

Auch sammeln die Aktivist/-innen online Unterschriften von Unterstützer/-innen. Mit ihrer Petition auf openpetiton.de forder die Klimaaktivisten DHL auf, die Klage fallenzulassen: „Wenn wir zulassen, dass Konzerne die Möglichkeit gegen sie zu demonstrieren einschränken, haben wir ein Demokratieproblem. Deswegen geht diese Schadensersatzforderung uns alle an. Gemeinsam fordern wir DHL auf, die Klage zurückzuziehen!“

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Ob die Aktion der Klimaschützer illegal war und zu sanktionieren ist, wird dann das Gericht entscheiden. Danach sind alle schlauer. Dann wissen wir auch ob die Vermutungen und Spekulationen im Artikel der Wahrheit entsprechen. Da sind wir alle drauf gespannt.

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