Nach fünf Tagen und nur einigen wenigen Verhandlungsrunden ist am Freitagnachmittag die Besetzung des Audimax der halleschen Martin-Luther-Universität (MLU) beendet wurden. Das Plenum der Besetzerinnen und Besetzer um die Gruppe „End Fossil – Occupy!“ ratifizierte ein zuvor durch Vertreter mit dem Rektorat ausgehandeltes Positionspapier. In den anschließenden Abendstunden räumten die Studierenden dann selbstständig den Hörsaal.
Man habe sich darauf verständigt, „den Diskurs außerhalb des besetzten Hörsaals fortzuführen und auf Augenhöhe gemeinsam mit allen Mitgliedern der Universität an den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu arbeiten“, heißt es in dem am Nachmittag veröffentlichten Verhandlungspapier.
Zwischen Konsens und Kompromiss: Worauf sich geeinigt wurde
Einige konkrete Ergebnisse: Bei der Notwendigkeit einer vollständigen Klimaneutralität der Universität bis 2030 ist man sich einig, wozu auch der im Rahmen des sachsen-anhaltinischen Hochschulverbundprojektes „KlimaPlanReal“ bereits gegründete Hochschulklimarat, welcher im kommenden Sommersemester seine Arbeit aufnimmt, beitragen soll. Ferner wolle sich die Leitung der MLU dafür einsetzen, vom Land finanzielle Mittel zur Verbesserung der Energieeffizienz sowie zum Ausbau von Lehrangeboten einzufordern.
Eher in Richtung Kompromiss gingen die Beschlüsse zur Forderung der Studierenden, in jedem Studiengang ein verpflichtendes Modul zum Klimawandel, bzw. dessen Folgen, zu etablieren. Diese Forderung wurde zwar nicht erfüllt, jedoch solle ein Katalog zu themenspezifischen Lehrangeboten erstellt werden, wie es ihn bereits für gleichartige Forschungsprojekte gibt. Die Universitätsleitung verpflichtete sich, die Ergebnisse, die regelmäßig evaluiert und „hochschulöffentlich“ berichtet werden sollen, im Sommer zu präsentieren.
In Bezug auf das ursprünglich geforderte Pflichtmodul „mussten wir einsehen, dass das Rektorat die Fakultäten natürlich zu nichts zwingen kann – was ja auch richtig ist“, wie eine Besetzungssprecherin am Abend mitteilte. Positiv wurde aber das Versprechen gewertet, auf die Fakultäten zumindest entsprechend einwirken zu wollen.
Eine weitere Kernforderung der Besetzung, die Überprüfung aktueller Lehrinhalte auf „ihre Kompatibilität mit der Umsetzung von Klimagerechtigkeit“, ist in dieser Form zwar nicht erfüllt worden. Im Verhandlungspapier heißt es jedoch, die „Lehrausrichtung aller Fachbereiche aus Naturwissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Medizin soll im Hinblick auf Nachhaltigkeit und fachspezifisch damit zusammenhängende Themen geschärft werden“.
Ferner sollen klimawandelspezifische Themen „mit Unterstützung der Hochschulleitung und des Nachhaltigkeitsbüros über die Fakultätsräte und im engen Austausch mit Studierenden und Studierendengruppen in die Fakultäten getragen werden“, was die Besetzer als enormen Erfolg werteten. Anstatt verpflichtenden Studiengangsmodulen soll im Bereich der ASQ-Module (Allgemeine Schlüsselqualifikationen) ein Kompetenzbereich „Nachhaltigkeit und Globale Klimagereichtigkeit“ eingerichtet werden; hier will das Rektorat die Verpflichtung zur Belegung eines Moduls aus dem neu geschaffenen Bereich prüfen.
Man zeigte sich in der am Abend verschickten Pressemitteilung seitens der Aktivisten sehr zufrieden: „Mit der Besetzung haben wir wichtige Zugeständnisse erwirkt. Diese waren bitter nötig. Die Wahl der Aktionsform war dafür essentiell“, sagte hierzu eine Besetzerin. „Obwohl nicht alle Forderungen erfüllt werden konnten, sind wir relativ zufrieden. Bei den verpflichtenden Modulen hätte die Universität konkreter werden können.“
Ungebetener Besuch: AfD wird blockiert
Während die am Montagabend gestartete Besetzung bis zum Freitag ohne nennenswerte Zwischenfälle ablief, bekam sie am Freitagmittag, wo eigentlich über das Verhandlungsergebnis abgestimmt werden sollte, ungebetenen Besuch. Eine Gruppe von Politikern der AfD wollte nach Angaben der Besetzer unangekündigt in den Saal kommen. Laut dem Bündnis „Halle gegen Rechts“ handelte es sich um den Umkreis des in rechtsradikalen Kreisen eng vernetzten Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider.
Die AfDler wurden von den Studierenden erfolgreich am Betreten des Hörsaals gehindert. Man habe mit der Partei schon allein deswegen keine Diskussionsgrundlage, weil diese wesentliche wissenschaftliche Fakten zum Klimawandel leugne, gaben Sprecher der Besetzung am Abend zu Protokoll. Tillschneider – vor seinem Mandat wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Bayreuth – spricht in einer Pressemitteilung vom Dienstag von „CO₂-Ideologie“ und „Klimafanatismus“.
Ein ruhiger Ausgang
Bis in die Abendstunden waren die Studierenden mit letzten Aufräumarbeiten beschäftigt. Die Universitätsleitung verkündete kurz vor acht Uhr, dass die Besetzer den Saal verlassen hätten und dieser damit ab kommendem Montag wieder für die Lehre zur Verfügung stünde.
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