Eigentlich können es alle sehen. Da wurde 2021 eine neue Bundesregierung gewählt, die nach 16 Jahren endlich wieder so etwas wie Klimapolitik im Programm hatte. Und dann erlebt man Monate des Bremsens, der Diskussionen, des Gezerres, weil ein Koalitionspartner seine Rolle augenscheinlich darin versteht, jede wirklich Änderung am fossilen Weiterso zu verhindern. Jetzt bekommt Bundeskanzler Olaf Scholz einen deutlichen Brief von klimaaktiven SPD-Mitgliedern: Schluss mit dem Zögern, Olaf!
Die Klima-Initiativen SPD-Klimaforum und SPD.Klima.Gerecht fordern in einem Offenen Brief mit mehreren klaren Forderungen von ihrer Partei eine konsequente Zeitenwende beim Klimaschutz.
In ihrem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verbinden sie ihre Sorge über die dramatischen Entwicklungen der Klimakrise und des Artensterbens mit drei wesentlichen Forderungen an ihre Partei. Unter anderem fordern die Absenderinnen und Absender die Verankerung parteiinterner Klimastrukturen.
Den Brief übergeben Vertreterinnen und Vertreter beider Initiativen dem Generalsekretär im Laufe des heutigen 5. Novembers im Rahmen des Debattenkonvents der SPD in Berlin-Neukölln.
Drei Kernforderungen beinhaltet das Schreiben der Klima-Bewegten in der SPD:
1. Die SPD muss mit klarer Haltung für die sofortige Umsetzung der bereits beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen eintreten und die sozial-ökologische Transformation viel entschiedener und konsequenter vorantreiben. Die Einhaltung des 1,5-Grad-Limits muss der Maßstab jeglicher politischen Entscheidung sein. Das bedeutet auch, keine neuen fossilen Energien zu erschließen, so auch Gasfelder.
Zur Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen ist eine progressive Vermögenssteuer nötig.
2. Die SPD ist die Partei der sozialen Gerechtigkeit. Das muss auch beim Klimaschutz spürbar sein. Wer aufgrund seines Vermögens mehr zur Klimakrise beiträgt, muss auch mehr Verantwortung bei ihrer Bekämpfung und bei der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen übernehmen.
Dies gilt innerhalb Deutschlands, aber insbesondere auch in Verantwortung gegenüber dem Globalen Süden.
3. Die SPD muss endlich auch strukturell dafür sorgen, dass Klimaschutz innerhalb der Partei auf der Agenda ganz oben steht. Bisher rein ehrenamtliche Strukturen, die unabhängig von der Bundespartei agieren, müssen schnell durch eine eigene Klima-Arbeitsgruppe auf Bundesebene unterstützt werden.
Für 2023 fordern sie außerdem die Ausrichtung eines SPD-Klimakongresses. Das Klimaschutzgesetz und das Klimaschutzsofortprogramm böten außerdem die nötige Handlungsgrundlage, um Deutschland endlich auf Kurs zur Klimaneutralität zu bringen.
Jetzt fehle es nur noch an der Umsetzung in entsprechende Gesetze. Von der SPD – und damit letztlich von Olaf Scholz – verlangen die Autoren des Briefes endlich eine klare Haltung. Sie fordern ein Ende aller klimaschädlichen Subventionen, wie z. B. des Dienstwagenprivilegs. Und sie fordern den Kohleausstieg bis 2030, nicht erst bis 2038, wie es bislang in Kohlekompromiss festgeschrieben wurde.
Denn solange die Bundesregierung keinen klaren Kurs vorgibt, wird – wie aktuell überall zu lesen und zu hören – überall gejammert, gemauert, will so mancher Ministerpräsident gleich wieder zurück zu russischem Gas, während die Energiewende allerorten ausgebremst wird und Bundesgesetze herhalten dafür, dass Windparks und Solarausbau verhindert werden.
Und das gefällt gerade vielen jüngeren SPD-Mitgliedern nicht mehr, die das dumme Gefühl nicht loswerden, dass es beim Klimaschutz doch wieder so weitergeht wie unter vier konservativen Regierungen zuvor: Viel Gerede, viele Versprechungen, aber keine Taten, die wirklich mal die Bremsen lösen und Deutschland dazu bringen, jetzt zu zeigen, ob es wirklich das Zeug hat zu einem klimafreundlichen Hochtechnologieland.
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