Dass Leipzig immer noch eine Stadt ist, die ihre Geschichte und Wichtigkeit in Männerkategorien denkt, haben zuletzt im Stadtrat einige Diskussionen über Straßenbenennungen, Schulbenennungen und Ehrenbürgerwürden deutlich gemacht. Alles Themen, die auf einer männerdominierten Geschichtsschreibung basieren. Wenn Frauen aber nicht mehr Öffentlichkeit bekommen, wird sich an ihrem „Vergessenwerden“ auch nichts ändern. Die AG Frauenprojekte startet deshalb einen Aufruf.
Am 9. Februar hat die AG Frauenprojekte Leipzig eine kleine Aktion gestartet, die gerade wächst und sich über verschiedene Kanäle weiter verteilt. Sie sammelt nämlich Vorschläge für die Benennung Leipziger Straßen nach Frauen. Im Moment kommen täglich in der Frauenkultur und auch parallel im Amt für Statistik in der dortigen AG Straßennamen Vorschläge für Straßennamen von Frauen an.
Vorschläge werden am Frauentag übergeben
Am 8. März um 14 Uhr soll das dann entstandene „Bündel“ an Vorschlägen auf der Treppe vor dem Neuen Rathaus an Ulrich Hörning, Bürgermeister für Allgemeine Verwaltung, und
Laura Herzig, amtierende Sachgebietsleiterin im Amt für Statistik und Wahlen in Vertretung von Dr. Christian Schmitt, Vorsitzender der AG Straßennamen, überreicht werden.
Verbunden mit der klaren Bitte, bei den nächsten Benennungen explizit Frauennamen zu vergeben… z.B. bei neu entstehenden Wohngebieten um den Eutritzscher Freiladebahnhof oder am Bayrischen Bahnhof.
Kritik der AG Frauenprojekte: Männer-Straßennamen in der Überzahl
„Da es in Leipzig weit mehr Männer-Straßennamen gibt, wäre das ein Zeichen dafür, dass Leipziger Straßennamen so Gesellschaft wahrhaftiger abbilden“, formuliert die AG das Anliegen. Neben Vertreterinnen der AG Frauenprojekte werden auch Genka Lapön, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Leipzig, und Beate Ehms, Vorsitzende des Beirats für Gleichstellung der Stadt Leipzig, anwesend sein.
„(Auch) Straßennamen bilden Gesellschaft ab“, formuliert die AG Frauenprojekte Leipzig. „Leipzig ist eine Stadt, in der seit Anbeginn Frauen aktiv tätig waren und immer noch sind; in der Frauen gesellschaftlich vieles (mit) angeschoben haben und ‚am Laufen halten‘ – u.a. nahm 1865 die deutsche Frauenbewegung in Leipzig ihren Anfang; es gab und gibt großartige Künstlerinnen, Forscherinnen, Sportlerinnen, Politikerinnen und viele andere mehr, die Leipzig präg(t)en… und viel zu wenige von ihnen werden öffentlich gewürdigt… zum Beispiel durch einen Straßennamen. Immer wieder werden Namen gesucht für Um-, Neu- oder Teil-Benennungen von Straßen – und jede/-r Bürger/-in, Initiative oder Verein kann dafür Vorschläge unterbreiten. Verschiedene Stadträt/-innen, Einzelpersonen und Initiativen setzen sich seit längerem bereits dafür ein.“
Die Vorschläge umfassen mehrere tausend Namen
Wie man solche Vorschläge für Straßenbenennungen machen kann, erklärt die AG Frauenprojekte auf ihrer Website sehr detailliert. Einige mögliche Kandidatinnen, die man vorschlagen kann, findet man auf der Website der Stadt Leipzig. Aber da sind natürlich auch erst 200 bekannte Frauen aus der Leipziger Geschichte vertreten. Ganz bestimmt gibt es noch viele, die auch dort noch fehlen und die man auch so für eine Straßenbenennung vorschlagen kann.
Der Namensvorschlag wird dann geprüft und kommt in den großen Namenspool der Leipziger Stadtverwaltung.
„Es ist leider nicht bestimmbar, an welchem Ort / Stadtteil sich dann die Straße befindet und es ist auch nicht sicher, ob der Name überhaupt Verwendung findet. Der Namenspool besteht schon längere Zeit… und aus vermutlich mehreren 1.000 Namen“, formuliert die AG Frauenprojekte ein Problem, das nicht kleiner wird. Denn in der Regel werden diese Vorschläge auch nicht wieder gelöscht.
Ziel: Repräsentation von Diversität
Über die Benennung entscheidet dann die AG Straßennamen, eine Gruppe aus Mitgliedern der Stadtverwaltung und Stadträt/-innen jeder Partei. Sie diskutieren über neue Vorschläge und Entwicklungen; auch darüber, wo Wohngebiete mit neuen Straßen entstehen und wonach Namen vergeben werden sollten. Zum Schluss muss der Stadtrat in Mehrheit darüber positiv abstimmen und dann ist die Benennung offiziell.
Die Stadtbezirksbeirätin Sabrina Füldner sagt zu dieser Aktion: „Als großes Ziel wäre es schön und wichtig, wenn die Straßennamen eine möglichst vielfältige und diverse Stadtgesellschaft repräsentieren könnten.“
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