Im November 2019 war der erste Teil der von Kunsthistorikerin Nathalia Laue initiierten künstlerischen Plakatkampagne in der Leipziger Innenstadt zu sehen. Großformatige City-Light-Plakate mit Portraits von Leipziger Bürgerinnen und Bürgern durften damals das Stadtbild in Leipzig mitbestimmen. Unter dem Titel ’89. Freiheit zur Veränderung. Menschen in Leipzig wird ab dem 18. Januar 2022 das im Jahr 2019 erfolgreich begonnene Fotografie-Projekt an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum in Leipzig weitergeführt.
Dort wo für gewöhnlich Werbeplakate großer Marken zu sehen sind, werden in den kommenden Wochen Portraits von Leipziger Bürgerinnen und Bürgern präsentiert, die im Herbst 1989 mit ihrem mutigen Handeln die Friedliche Revolution angestoßen haben oder deren Leben in der Folge stark von diesen Ereignissen geprägt wurde.
Gestartet wurde diese ungewöhnliche Plakat-Kampagne im November 2019 mit Portraits von zwei Leipziger Bürgerrechtlern und einer Bürgerrechtlerin. Es wurde gezeigt, wie diese Menschen 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution aussehen, was sie heute denken, wo sie stehen.
Weiter geht es seit Dienstag, 18. Januar, mit zwei Fotos von Menschen, die das Jahr 1989 in Leipzig als junge Erwachsene erlebt haben.
So begegnet man an Straßenbahn- und Bushaltestellen in den kommenden Wochen beispielsweise dem Portrait der 1968 geborenen Theologin und Pfarrerin Christiane Thiel. 2007 hat sie für ihren Roman „Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war“ den Peter-Härtling-Preis erhalten. Was ihr aktuell am Herzen liegt, verkünden nun die Plakate mit ihrem Portrait: „Keinen Millimeter nach rechts“.
Wer diese Kampagne bereits 2019 mitverfolgte, wird in den kommenden Wochen in Leipzig auch auf „alte Bekannte“ treffen, wie den Leipziger Bürgerrechtler Uwe Schwabe, den Fotografen Uwe Frauendorf und die Ärztin und Politikerin Cornelia Matzke.
Alle Portraits stammen von der Leipziger Fotografin Karin Wieckhorst (*1942), die selbst in den 1980er Jahren in Leipzig aktiv für die Freiheit eingetreten ist, sowohl als Demonstrantin als auch als Fotografin.
Karin Wieckhorst hat sich Zeit ihres Lebens in der DDR mit dem Thema Freiheit befasst und sich mit den Mitteln der Fotografie stets dafür ausgesprochen. Als Chronistin begleitete sie beispielsweise den 1. und einzigen Leipziger Herbstsalon im Jahr 1984 sowie zahlreiche Montagsdemonstrationen im Herbst 1989. Dabei entstanden zahlreiche Fotos, die heute ein wertvolles Dokument darstellen.
In den Portraits von Karin Wieckhorst geht es immer um Lebensgeschichten. So auch in diesem Fotoprojekt. Ins Leben gerufen hat es die Kunsthistorikerin Nathalia Laue. Unterstützt wird es von RBL Media, dem jungen Out of Home-Unternehmen, das im Sommer 2019 die Verantwortung für die Stadtmöblierung und Außenwerbung in Leipzig übernommen hat. RBL ermöglicht den kostenfreien Aushang der insgesamt über 100 Plakate.
Was aber erwartet die Stadt Leipzig nun mit der Weiterführung des Projektes ’89. Freiheit zur Veränderung. Menschen in Leipzig?
Die großformatigen fotografischen Bildnisse zeigen Menschen, die entweder aktiv und mutig im Herbst 1989 an den Montagsdemonstrationen teilgenommen haben und damit den Fall der Mauer ermöglichten, ebenso wie Menschen, deren Lebenswege auf programmatische Weise von den Ereignissen ´89 und den darauffolgenden gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt wurden – deren Leben ohne eine „Wende“ nicht das wäre, was es heute ist.
Mit welchem Gedanken blicken diese Menschen sowohl zurück ins Jahr 1989, als auch in die Zukunft? So zeigen die Plakate nicht nur die sehr persönlichen und eindrücklichen Portraits, sondern es werden den Dargestellten auch ihre eigenen Gedanken zur Seite gestellt. Auf den Plakaten zu lesen sind prägnante Zitate wie „Freiheit heißt Verantwortung“ (Martin Lippert) oder „Keinen Millimeter nach rechts“ (Christiane Thiel) oder die uns aus 2019 vertrauten Worte: „Veränderung ist möglich“ (Cornelia Matzke) oder „Aus Angst wurde Freiheit“ (Uwe Frauendorf) und „Freiheit beginnt im Kopf“ (Uwe Schwabe).
„Die Fotografien und Zitate werden die Menschen in Leipzig in den kommenden Wochen begleiten“, sagt Nathalia Laue. „Wir hoffen, dass sie nicht nur zum Nachdenken über den unschätzbaren Wert der Freiheit anregen, sondern uns auch mit einem positiven und dankbaren Gefühl die Stadt erleben lassen.“
Gezeigt werden die Plakate bis März 2022 im Stadtgebiet Leipzig.
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